Hiob 20 + 21 (18. – 20. Juni)

Zophar geht auf die Sache mit dem Erlöser erst gar nicht ein, auch er ist auf Bildads Rache-Trip. In seiner feurigen Rede wirft er Hiob vor, zu verleugnen, was doch alle wüssten: Das Glück der Gottlosen ist vergänglich – Gott kassiert sie alle ein, verwirft deren Leben und das derer Nachkommen.

Wir erleben hier, wie die Welt auf die Verkündigung der Erlösung reagieren wird. Anstatt zu fragen „Rettet dieser Erlöser auch mich?“ (und von höchster Stelle die Antwort zu bekommen: „Ja, natürlich!“) hält man am bereits Bekannten fest und greift die an, die Erlösung predigen. Jesus, der Erlöser selbst!, wurde dafür von seinen eigenen Leuten ans Kreuz geschlagen, seine Apostel ebenfalls verfolgt und oft getötet. Selbst heute fällt es vielen schwer, das Geschenk der Erlösung einfach mit der gebotenen Dankbarkeit und Liebe gegenüber dem Erlöser anzunehmen. Sie setzen auf eine selbst erarbeitete, verdiente Erlösung. Man erkennt diese Menschen meist daran, dass sie das Bekenntnis, dass die Erlösung nur von Gott kommt immer mit einem „Aber“ fortsetzen: „Ja, Jesus ist für unsere Sünden gestorben und hat uns durch seinen Tod am Kreuz erlöst, aber…“

Kein „Aber“, sondern ein Ausrufezeichen!

Wir haben keine Kontrolle über unsere Rettung und wir können nichts (mehr) dafür tun. Es ist bereits vollbracht! Wir sind die Kinder, die Erben. Es ist klar, dass diese Erkenntnis nur schwer mit dem Bild eines aufgeklärten, selbstbestimmten Menschen in Einklang zu bringen ist – zumindest bei der heute üblichen Vorstellung von „selbstbestimmt“.

Wir können uns daher keine Selbstgerechtigkeit erarbeiten und weil wir das nicht können, lässt Gott die Sonne über allen Menschen scheinen und das Glück im Leben scheint ein Zufallsprodukt oder Ergebnis einer entsprechend begünstigenden Herkunft zu sein.

Dies erwidert Hiob denn auch auf Zophars Rede. Wer genau hinsieht, der erkenne, dass der Lehrsatz: „Gott bestraft seine Feinde“ zumindest hier auf der Erde nicht stimmt. Die größten Schurken leben in Saus und Braus und werden mit höchsten Ehren bestattet, nachdem sie ihren ergaunerten Wohlstand – über viele Tricks natürlich völlig steuerfrei – an ihre Brut weitergegeben haben. Auf diesem Planeten ist die Gerechtigkeit Gottes nicht erkennbar oder sie entspricht zumindest nicht unseren Vorstellungen.

Die Reden Zophars und Bildads sind also scheinbar wirklich Trug, genau, wie Hiob am Ende von Kapitel 21 ausruft. Doch auch Hiob täuscht sich und nachdem sich der Erlöser bereits in seinem Unterbewusstsein hörbar gemeldet hat, könnte er es eigentlich auch besser wissen. Wir müssen also annehmen, dass einfach sein körperlicher Zustand ihn von dieser Erkenntnis abhält.

Das noch zu offenbarende Wort Gottes muss also auch deutlich machen, dass die Gerechtigkeit Gottes existiert und wirkt, auch wenn sie in dieser Welt oftmals bis zur Unkenntlichkeit verstümmelt ankommt. Die Ankündigung eines göttlichen Gerichts, das diese göttliche Gerechtigkeit am Ende der Zeit für alle sichtbar wiederherstellen wird, muss Bestandteil einer Offenbarung sein. Dass von dieser Ankündigung heute vor allem die Bilder der Strafe und Rache gegen die (Welt der) Gottlosen im Bewusstsein der Gläubigen verfangen haben und einige christliche Gemeinschaften sogar ihre ganze Verkündigung auf die Erwartung dieses Strafgerichts aufbauen, sollte uns allerdings zu denken geben. Unsere Wünsche und Erwartungen in dieser Hinsicht zeigen uns, dass wir in unserer Erkenntnis nicht viel weiter als die drei Freunde Hiobs gekommen sind und unser Weg trotz der zwischenzeitigen Offenbarung des Wortes und unserer Erlösung offensichtlich noch sehr weit ist.

Warum sind wir aber nach all der Zeit nicht weitergekommen?

Auch das sehen wir an Hiob. Wir kämpfen genau wie Hiob mal erfolgreich mal verzweifelt um unsere bloße Existenz. Ob unser Leben hier auf diesem Planeten nun real oder nur durch diffuse Ängste bedroht wird, macht dabei keinen Unterschied. Der Sämann sät und bald überwuchern die Dornen des Lebens die Pracht. Wir brauchen daher einen Gott, der uns diese innere Stimme, seinen Geist, immer wieder hören lässt und immer wieder spüren lässt, dass wir nicht alleine gehen. Die Welt braucht also einen aufdringlichen Gott, der seinen Kindern nachgeht; wir brauchen aber auch etwas in dieser Welt, das uns regelmäßig wieder wegzerrt vom lauten Getöse derselben, damit wir die sanfte Stimme des Vaters wieder wahrnehmen können. Zusätzlich zu einem offenbarten Wort wird also auch eine Gemeinde notwendig sein, die die erforderlichen Freiräume organisiert und den Laden zusammen hält, eine Gemeinde die sicht-, hör- und vor allem spürbare Orientierung bietet in einer orientierungslosen Welt (der tätige Glaube, von dem Jakobus spricht) und eine Gemeinde, die sich vertrauensvoll an ihrem Gott festhält um nicht immer wieder zurückzufallen auf das eigene, auf diese Welt begrenzte, in dieser Welt angekettete Ich.

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