Psalm 78 (6. – 10. Dezember)

„Höre, mein Volk, meine Lehre; neigt eure Ohren zu den Reden meines Mundes!“ (Ps 78,1)

Der Psalmist ruft das Volk zur Aufmerksamkeit, zur Aufmerksamkeit für seine Rede aber eigentlich zur Aufmerksamkeit für Gott. Das Motto dieser Seite lautet „Seid still und erkennt, dass ich Gott bin!“ (Ps 46,11) – genau so ist auch dieser Ruf von Asaph zu verstehen.

Still werden, still werden für Gott. Still werden für sein Wort, still werden für seinen Frieden.

Diese Stille ist uns nicht in die Wiege gelegt! Menschenkinder kämpfen von Klein auf ums Überleben. Dies ist in unseren Breiten mit all dem Überfluss sicherlich nicht auf den ersten Blick sichtbar, aber wenn ein Säugling schreit, schreit er immer um seine Existenz: Hunger, Schmerz, ja heute wissen wir selbst vorenthaltene oder entzogene Aufmerksamkeit bedroht die Existenz des Kindes, sie wird von diesem nicht nur bedrohlich empfunden.

Und auch wir Gotteskinder brauchen diese Aufmerksamkeit von unserem himmlischen Vater. Und wir erhalten sie auch. Allerdings ist uns scheinbar die Welt in jedem Augenblick näher; darum ist es notwendig, dass die Alten den Jungen von dieser Aufmerksamkeit Gottes für seine Kinder (im alten Israel: für sein Volk) immer wieder erzählen.

Asaph berichtet dem Volk im Psalm von dieser Aufmerksamkeit Gottes seit Anbeginn der Zeit. Er setzt dabei Schwerpunkte auf die Befreiung aus der Sklaverei in Ägypten und die Führung ins gelobte Land, das Gott selbst für sein Volk bereitet hat, indem er die dort lebenden Heiden vertrieb. Auf dem Weg durch die Wüste war Gott für sein Volk nicht nur Anführer und Beschützer, er war auch Brot, Fleisch und Heilung von Schmerz – die ganze Zeit über und das, obwohl sich dieses Volk ständig als undankbar, halsstarrig und untreu erwies.

Das ist der Mensch, das sind wir – es hat sich nichts geändert!

Bei einem Streifzug durch die Geschichte seit Moses erkennen wir: Die Geschichte Israels ist die Geschichte der Menschheit. Wir marschieren sehenden Auges in Katastrophen, die wir selbst auslösen, weil wir seine Gebote missachten, die sich modern grob in „Glaube deinem Gott und hab Respekt und Achtung vor der Schöpfung und deinem Nächsten“ zusammenfassen lassen. Und wenn wir dann stürzen, sind die Kirchen plötzlich voll und wir beten voll Inbrunst: „Herr, rette uns!“ Und wenn er es dann getan hat? Asaph wirft dem Volk Heuchelei vor, er könnte es direkt in unsere Zeit hineinrufen!

Welch eine Ironie ist es, dass unser letzter Sturz, ausgelöst durch unsere hemmungslos befreite Vergnügungssucht, die Schließung der Kirchen und Gottesdienste notwendig machte. Ja, Gott versteht es mit dem Zaunpfahl zu winken! Wenn wir nicht bereit sind im Herzen umzukehren, dann will er auch unsere Heuchelei nicht hören. Doch haben wir sein Winken wirklich wahrgenommen? Laut einer aktuellen Umfrage wollen sich viele an diesem Weihnachten nicht einschränken, nachdem die Regierung die Beschränkungen über die Feiertage soweit gelockert hat, dass sie für eine Woche fast nicht mehr wahrnehmbar sein werden.

Der nächste Sturz ist absehbar und der nächste Abgrund wird tiefer sein als der letzte.

Asaph beschreibt im Psalm auch, wie Gott mit Menschen umgeht, die ihn nicht kennen und ihn und die Seinen verhöhnen – das ist glücklicherweise der Alte Bund. In diesem Bund schickte Gott seinem Volk in dem Hirten David einen neuen König, der das Volk wieder auf den Pfad Gottes zurück führte.

In Jesus hat Gott uns den König geschickt, der sich für uns zum Hirten erniedrigt, um uns zum Vater zu bringen. Er kommt, um zu bleiben und uns, die Herde Gottes, zu weiden. Er wurde wie ein Mensch geboren, um einer von uns zu sein. Er starb und ist auferstanden, um zu beweisen, dass uns selbst der Tod nicht mehr von ihm trennen kann.

„Seid still und erkennt, dass ich Gott bin!“ – Still werden, das ist der eigentliche Sinn von Advent. Still werden, um von dem größten Liebesbeweis unseres Gottes zu hören und (den Jungen) davon zu erzählen:

„So [sehr] hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn gab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht verlorengeht, sondern ewiges Leben hat.“ (Joh 3,16)

Mit Weihnachten beginnt es. Macht euch bereit!

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