Daniel 4 (15. - 17. November)

Und wieder träumt der König. Eigentlich beginnt dieses Kapitel bereits bei Kapitel 3, Vers 31 – aber da musst du die Bibelredaktion fragen, warum sie den Friedensgruß des Königs ans Ende von Kapitel 3 gestellt haben. Dass das aber alles zusammengehört, erkennt man daran, dass Dan 3,31 – Dan 4,34 ein Monolog des Königs Nebukadnezar ist.

In diesem Traum sieht der König einen riesigen Baum in der Mitte der Erde, der bis in den Himmel reicht – also vermutlich in der Mitte seines Reiches. Der wunderschöne Baum bietet Nahrung und Schatten für alle Tiere, die unter seiner Krone oder auf dieser leben. Nun erhält er vom Himmel den Befehl, den Baum umzuhauen, die Tiere zu vertreiben und alles vom Baum zu vernichten, außer dem Wurzelstock, den soll er in Ketten legen. Während sieben Zeiten soll er gemeinsam mit den Tieren über die Erde und das Tau ernährt werden, so dass sich sein menschliches Herz in das eines Tieres verwandelt. Dies sei, damit alle Lebenden erkennen, dass allein Gott über die Menschen herrscht.

Daniel erklärt ihm, dass dieser herrliche und die ganze Welt überstrahlende Baum, er König Nebukadnezar sei. Dass aber der Himmel den Befehl gab ihn umzuhauen, damit sich sein Herz während sieben Zeiten in das eines Tieres verwandle, dies bedeutet, dass der Himmel ihm seine Macht und Herrlichkeit für sieben Zeiten nehmen werde, bis er die alleinige Macht Gottes über die Welt anerkenne. In diesen Zeiten werde er wie ein Tier leben. Danach werde er aber seine Macht und Herrlichkeit zurückerhalten. Um dieses Schicksal abzuwenden, müsse der König seiner Sünden (siehe Standbild, das angebetet werden soll – dies zeigt die innere Haltung des Königs) abschwören. Nur Gerechtigkeit und Wohlergehen des Volkes dürfe von nun an sein Ansinnen sein.

Doch wieder schlägt das extrem kurze Gedächtnis Nebukadnezars zu. Ein Jahr später singt der König den höchsten Lobpreis über seine eigene Macht und Herrlichkeit, als ihm eine Stimme vom Himmel verkündet, dass ihm seine Macht genommen werde und er – ausgestoßen von den Menschen – wie ein Tier leben solle, bis er seinen Frevel erkenne.

Und so geschieht es. Nebukadnezar verliert den Verstand und lebt fortan wie ein Tier bis sich die von Gott bestimmte Zeit erfüllt hat. Dann, so plötzlich wie dieser Fluch über ihn kam, erkennt er die Macht Gottes an und lobpreist dessen Herrlichkeit. Gleich darauf erhält er sein Königtum zurück.

Hatten wir es in Kapitel 3 von den Wundern Gottes, die nur von seinen Kindern erkannt werden können, so handelt Kapitel 4 von der erwähnten Selberüberschätzung und Arroganz des Menschen und deren Folgen. Was hier mit dem König passiert, symbolisiert, was der Mensch ohne Gott ist: ein hochentwickeltes Tier.

Ohne Gott im Herzen ist alles Wirken des Menschen nur fressen und saufen. Jegliche technische Weiterentwicklung, jeder – von Gott ermöglichte – Fortschritt wird durch den Menschen verdorben, denn es geht ihm weiterhin nur um seine irdische Existenz, er wird immer weitere Ressourcen der Erde erschließen, er wird alles verbrauchen, was er der Erde – oder vielleicht in einigen Jahren auch dem Weltall – entreißen kann. Dabei zerstört er sehenden Auges seine Lebensgrundlage, sägt also sprichwörtlich an dem Ast, auf dem er sitzt – genaugenommen hackt er den ganzen Baum um. Erst wenn der Mensch die Macht seines Gottes erkennt, kann er aus diesem Teufelskreis des Todes ausbrechen und zur ihm ursprünglich von Gott zugedachten Macht und Herrlichkeit durchdringen. Und etwas weiteres wird aus diesem Traum erkennbar: Auch dieses Erkennen ist von Gott geben. Nebukadnezar schaut eines Tages zum Himmel und erkennt. Erkenntnis kommt vom Himmel, nicht von der Welt.

Sieben Zeiten? Es ist nicht überliefert, wie lange diese Zeitspanne tatsächlich war. Die Zahl sieben ist aber immer ein Zeichen für einen von Gott festgelegten Rahmen von Zeit oder Anzahl: Sieben Tage dauerte nach dem Buch Genesis die Schöpfung, sieben Tage dauerte es bis ein unrein gewordener Mensch wieder rein werden konnte, sieben fette und sieben magere Jahre verhieß Joseph dem Pharao, sieben mal siebenmal (also „unbegrenzt“) soll ein Mensch seinem Bruder nach der Anweisung Jesu verzeihen, wenn dieser bereut, an die sieben Gemeinden gehen die Botschaften des Herrn in der Offenbarung des Johannes. Sieben Zeiten bedeutet also vermutlich einfach: Gott legt souverän den Beginn und das Ende fest, an dem König Nebukadnezar von der menschlichen Zivilisation ausgeschlossen sein wird.

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