Hesekiel 12 – 14 (17. – 20. Juni)

„Du Mensch, du lebst mitten unter einem widerspenstigen Volk. Diese Leute haben Augen, sehen aber nicht, sie haben Ohren, hören aber nicht, denn sie sind ein Volk voller Sturheit.“ (Hes 12, 2)

Wieder gibt Gott Hesekiel den Auftrag, den Menschen durch ein sichtbares Zeichen deutlich zu machen in welcher Situation sie sich befinden: Er soll Marschgepäck richten, wie es das Volk tat, als sie in die Verbannung geführt wurden. Er soll abends ein Loch in die Wand seines Hauses brechen und durch dieses Loch in die Dunkelheit ziehen. Er soll dabei sein Gesicht verhüllen, denn er soll als Zeichen in die Dunkelheit ziehen. Den Menschen soll er verkünden, dass Jerusalem dem Untergang geweiht ist.

Dann lässt er Hesekiel aufzählen, womit er, Gott, nun im Einzelnen Schluss machen wird:

Das Ende der (falschen) Gefälligkeitsprophetien sei nun da, die schreckliche, beharrlich verleugnete Wahrheit werde nun offenbar.

Falsche Propheten und Prophetinnen werden nun entlarvt. Mit falschen Leeren haben sie die Mauer des Glaubens geschwächt. Diese falsche Mauer wird einstürzen. Für ihre Lehren, mit denen sie die Gläubigen in die Irre führten, wird Gott selbst sie zur Rechenschaft ziehen. Diese Schwäche in der Mauer des Glaubens demonstriert Hesekiel ja auch, indem er beim Zeichen nicht durch die Tür, sondern durch ein Loch in der Mauer in die Finsternis zieht. Diese Mauer, die vielleicht von vielen als Gefängnis empfunden wurde, war in Wirklichkeit ein Schutz. Durch den Aufbruch bei Dunkelheit zieht Hesekiel vom Licht (der Wohnung) in die Finsterniss und Ungewissheit (der Nacht).

Den Kirchenführern wirft Gott vor, Götzen gedient zu haben. Er wird nun ihre Vorsprachen bei Propheten (ihre Gebete) persönlich in einer Art beantworten, dass das Volk erkennt, dass ihre Führer Götzen anbeten. Gleichzeitig soll Hesekiel das Volk zur Umkehr rufen. Gott untersagt den Propheten ausdrücklich Menschen zu lehren, die nicht bereit sind, sich von ihren Götzen abzuwenden. Denn diese seien direkt von ihm, von Gott verworfen worden. Dieses Verbot ist nützlich und folgerichtig, denn Menschen, die nicht von Herzen zu Gott umkehren, werden die Weisungen der Propheten nach ihren Wünschen und Vorstellungen umdeuten und als Ausreden benutzen.

Gott kündigt die Zeit der Entscheidung an. Kein Prophet, kein Gerechter wird durch das was er sagt oder tut, Menschen, die nicht zu Gott umkehren retten können. Lediglich einige wenige werden der Zerstörung entkommen und zu den in Babylon lebenden Israeliten gebracht werden. Im Gericht Gottes gibt es kein neutrales Niemandsland; du stehst entweder auf der Seite Gottes oder eben nicht. Auch die von dir gewählte Seite wird dann ohne Wenn und Aber offenbar.

Wir haben es ja schon in der zeitlichen Einordnung des Buches Hesekiel erkannt: Weder das Nordreich (Israel) noch das Südreich (Juda) sind noch selbstständig. Der von Babel eingesetzte Vasallenkönig hat lediglich die Aufgabe, das Land klein zu halten; es ist nichts erlaubt, was den Besatzern gefährlich werden könnte. Im Grunde gibt es kein Königreich Israel mehr, auch wenn es dem Namen nach noch existiert. In letzter Konsequenz heißt das, die Juden, die noch in der Heimat leben, sind ohnehin schon der Willkür ihrer Nachbarn ausgesetzt. Dass Gott hier also ankündigt, dass auch noch die Überreste der ehemaligen Königreiche durch Kriege, Hunger und andere Katastrophen nach und nach ausgelöscht werden, überrascht nicht wirklich. Auch nicht, dass Flüchtlinge aus den Regionen letzten Endes im Zentrum des chaldäischen Reichs, in Babylon, landen werden.

Hier wird also nur offen ausgesprochen, was die alten Führer Israels nicht wahrhaben wollten: Der Untergang des Königreichs Israel ist nur Symptom des Bundesbruches, in den die Israeliten teils unaufmerksam hineinstolperten, den sie aber auch teilweise ganz bewusst begangen hatten. Der Untergang ist unabwendbar und endgültig.

Einhergehend damit werden die Irrlehrer mit ihren Lehren entlarvt. Dass die Mauern von Jerusalem fallen, offenbart, dass die Mauern des Glaubens schon lange nicht mehr tragfähig waren. Darum können in dieser Situation auch Propheten nicht mehr helfen. Gott zieht sie zurück, weil deren Ratschläge dem Volk nun nichts mehr nützen würden. Es geht nicht mehr um punktuelle Korrekturen, es geht um eine radikale Umkehr. Daher gibt es für sie nur noch den einen Rat: „Kehrt um!“

Gott kündigt hier auch gleich an, dass das irdische Königreich Israel erledigt ist, denn seine Wut richtet sich gegen die ehemaligen Führer. Keine Führung - kein Staat! Er wird die derzeit in alle Welt zerstreuten Treuen seines Volkes zwar wieder zusammenführen und retten – er hat sein Volk also nicht verstoßen – von einem Wiedererstehen eines Königreiches Israels ist hier aber nicht (mehr) die Rede. Gerade Kapitel 14 macht auch deutlich, statt Mittler (Propheten und Priester) wird Gott zukünftig auf eine direktere Verbindung zu den Menschen setzen. Das heißt: Auch die alte Hierarchie, in denen Gott einzelne Menschen beruft und über das Volk setzt, um es zu führen, wird enden.

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