Wenn Gott mit dir aus dem Nähkästchen plaudert…

Manchmal macht Gott einem Menschen ein besonderes Geschenk. Plötzlich heben sich die Nebel der Vergangenheit und man hat einen glasklaren Blick auf seinen bisherigen Lebensweg.

Mir wurde neulich dieses Geschenk zuteil und ich blickte auf ein wirres Netz an Wegen, Irrwegen und Verirrungen, ein scheinbar planloses Gestolper durch mein Leben. Doch nach einigem Betrachten konnte ich ein System erkennen.

Irgendwie führen alle Wege zu dem Punkt an dem ich mich jetzt befinde (und den ich, nur so am Rande erwähnt, zu den besseren Punkten in meinem Leben zähle). Und was ganz besonders erschütternd ist: Richtungsweisend waren im Allgemeinen die kleinen und großen Katastrophen.

Beispiel: Vor etwa 10 Jahren zerbrach mein Leben in tausend Scherben, da war aus meiner Sicht nichts mehr zu retten. Engere Freunde wissen sehr genau worüber ich grade rede und könnten bestätigen: ich war vollkommen fertig mit der Welt und mit meinem Leben. Damit hier keine Missverständnisse aufkommen, an der Situation selbst kann ich bis heute nichts Gutes finden, nichts, was es wert gewesen wäre, das zu erleben. Und doch gab es eine wesentliche Änderung – ich sprach plötzlich mit Gott, wie man mit einer Person aus Fleisch und Blut redet. Klar ist, diese Gespräche hatten nichts aber auch überhaupt nichts mit den romantischen Vorstellungen einer lebendigen Gottesbeziehung aus Danksagung und Lobpreis zu tun – es waren mehr die Vorwürfe eines wütenden Kindes an seinen herrschsüchtigen Vater. Aber es waren die ersten persönlichen Gespräche! Etwas später zeigte er mir dann genau einen Ausweg und dieser Weg führte mich, natürlich wieder nicht direkt, an den heutigen Punkt. Zwischenstation war, vor etwa drei Jahren, das Ende der bisherigen Behandlung meiner Skoliose. Die Medikamente wirkten nicht mehr, einmal pro Monat lag ich ein, zwei Wochen mit höllischen Muskelschmerzen flach. In dieser Zeit eingeschränkter Mobilität entdeckte ich dann diverse Fernsehprediger, über diese wuchs das Interesse an der Bibel und der Wunsch wieder in einer christlichen Gemeinde vor Ort zu sein. Und da bin ich nun.

In den letzten paar Wochen sind in diesem Gespinst aus Wegen nun einige weitere neue hinzugekommen, die aber wieder aus der aktuellen Situation heraus entstanden sind. Prognosen sind ja bekanntermaßen schwierig, besonders wenn sie die Zukunft betreffen, aber irgendwas sagt mir, dass sie wiederum alle hin zu einem wichtigen Punkt in der Zukunft konvergieren.

Die oben genannten großen und kleinen Katastrophen, die weiter zurück liegen, haben allesamt Richtungsänderungen bewirkt, welche letzten Endes auch direkt oder indirekt zum heutigen Punkt führen. Soweit ich das überblicke, führen die richtungsweisenden Eckpunkte sogar bis weit in die Kindheit meiner Eltern zurück, wahrscheinlich sogar noch weiter, doch davon habe ich dann keine Kenntnis mehr. Wäre es anders gelaufen und hätte ich mich danach in einer anderen Situation wiedergefunden, ich wäre heute eine andere Person und es ist sehr fraglich, ob diese an diesen Punkt gekommen wäre.

In diesen Zusammenhang passt die Aussage eines der genannten Fernsehpredigers, der letzte Woche meinte, man solle dieses Postulat Martin Luthers von der „Freiheit eines Christenmenschen“ nicht so hoch hängen. Im Himmel seien natürlich nur die Freiwilligen, aber hier unten würde Gott seinen Plan den er für einen Menschen hat durchsetzen. Diesen Eindruck habe ich zurückblickend auch – offensichtlich bin ich also damit nicht allein. Es scheint mir wirklich im Rückblick fast so, als hätte Gott in jedem der genannten katastrophalen Wendepunkte zu mir gesagt: „Schau mal, da ist der Weg, den ich für dich geplant habe. Du kannst natürlich jeden anderen Weg wählen, ich habe dir eine unendliche Zahl an Wänden aufgestellt, gegen die du laufen darfst, wenn du das möchtest und solange du es möchtest. Die liegen alle auf den breiten Wegen. Oder du wählst eben den schmalen auf dem ich alles für dich vorbereitet habe und der dich zu mir führt. Du hast die freie Wahl!“