Galater 2, 11-21 (18. August)

„Warum toben die Heiden und ersinnen die Völker Nichtiges? (…) Du bist mein Sohn, heute habe ich dich gezeugt. Erbitte von mir, so will ich dir die Heidenvölker zum Erbe geben und die Enden der Erde zu deinem Eigentum.“  (Psalm 2, 1.7+8)

„Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und das Wort war Gott. Er war in der Welt, und die Welt ist durch ihn geworden, doch die Welt erkannte ihn nicht. Er kam in sein Eigentum. Das Wort wurde Fleisch und wohnte unter uns.“ (Joh 1, 1.10+11.14)

„Rede zu den Kindern Israels und sprich: Wer seinem Gott flucht, der soll seine Sünde tragen; und wer den Namen des HERRN lästert, der soll unbedingt getötet werden!“ (3 Mos 24, 15+16)

Viele Bibelzitate zu Beginn, doch sie spielen heute alle eine Rolle.

Im zweiten Abschnitt von Galater 2 erzählt Paulus von einem heftigen Disput zwischen ihm und Petrus in Antiochia. Wir erinnern uns: Gott war Petrus in einer Vision erschienen, in der allerlei Tiere – nach den jüdischen Speisegesetzen reine und unreine (also insgesamt unrein, denn wenn etwas Reines von etwas Unreinem berührt wurde, wurde es selbst unrein) – in einem Tuch herabgelassen wurden und ihn eine Stimme aufforderte: „Schlachte und iss!“. Als Petrus dies mit dem Hinweis auf die jüdischen Speisegesetze ablehnte, meinte die Stimme „Was Gott rein gemacht hat, das mache du nicht unrein“ (Apg 10,15) – Die Speiseregeln sind für Christen also außer Kraft - genau genommen alle Gesetze, die im Alten Bund die Beziehung zwischen Gott und seinem Volk in rein äußerlichen Verhaltensregeln definierten.

Dass es bei seiner Nachfolge nicht mehr auf die äußere Einhaltung der Gesetze, insbesondere der Speiseregeln ankam, hatte schon viel früher Jesus selbst erklärt als er beispielsweise sagte: „Hört und versteht! Nicht das, was zum Mund hineinkommt, verunreinigt den Menschen, sondern was aus dem Mund herauskommt, das verunreinigt den Menschen“ (Mt 15,11). Wie weitreichend und folgenschwer diese Aussage war, konnten den Jüngern zu diesem Zeitpunkt aber noch nicht klar gewesen sein; sie haben wohl kaum verstanden, auch wenn sie hörten.

Eines Tages saßen also Petrus, Paulus und Barnabas in Antiochia mit Heiden zusammen beim Essen als Anhänger des Apostels Jakobus dazu kamen.  Jakobus war ein Verfechter der Auffassung, dass die Gesetze des Alten Bundes auch weiterhin strikt eingehalten werden müssten. Als diese den Raum betraten, stand Petrus sofort auf und gesellte sich zu den „Beschnittenen“ – und alle anderen außer Paulus folgten ihm. Ihnen war die Meinung, die andere über sie haben könnten wichtiger als das Wort Gottes.

Man kann wohl mit Fug und Recht sagen, dass Paulus recht stinkig wurde, als er das beobachtete und ohne zu zögern legte er sich mit Petrus – der Fels auf dem Jesus seine Kirche baut! – an, was durch den Ausspruch „Ich widerstand ihm ins Ansgesicht“ (Gal 2, 11) sehr deutlich zum Ausdruck kommt. Ich kann mir bildlich vorstellen, wie sich Paulus in voller Körperlänge vor Petrus aufbaut, sich seine Miene verfinstert und er ihm etwas in der Art „Kephas, du Heuchler! Weißt du, was du hier grade tust?“ ins Gesicht schleudert.

Nun könnte man sich auf die Position stellen: ‚Ok, zeugt von einer gewissen Charakterschwäche, die eben gefundene Formel Gnade aus Glaube, nicht aus Gesetz bei der ersten Gelegenheit zu torpedieren, aber so eine große Geschichte ist das nun auch wieder nicht. „Doch!“, sagt Paulus und erklärt warum.

„Wenn du, der du ein Jude bist, heidnisch lebst und nicht jüdisch, was zwingst du die Heiden, jüdisch zu leben?“ (Gal 2, 14). Petrus lebte auf seiner Missionsreise mit Heiden zusammen, teilte mit ihnen sprichwörtlich Tisch und Bett. Das war von Gott ausdrücklich so gewünscht und ließ sich auch gar nicht anders organisieren, wenn man die Heiden wirklich für die Sache Gottes gewinnen wollte. Indem er sich nun von ihnen abwandte, zeigte er diesen Heiden aber: Das Gesetz ist letzten Endes doch wichtiger als der Glaube.

In äußerst scharfen Worten greift Paulus diese Haltung an und widerlegt sie: „Nun bin ich aber durch das Gesetz dem Gesetz gestorben, um für Gott zu leben. Ich verwerfe die Gnade Gottes nicht; denn wenn durch das Gesetz Gerechtigkeit [kommt], so ist Christus vergeblich gestorben.“ (Gal 2, 19+21)

Warum „durch das Gesetz dem Gesetz gestorben“? Paulus verwendet hier Gesetz im Sinne von „Gesetz des Alten Bundes“ und hier kommen eben die Verse 15 und 16 aus dem dritten Buch Mose Kapitel 24 zum Tragen. Die Juden, die Jesus anklagten und den Römern auslieferten, glaubten nicht, dass Jesus der ihnen prophezeite Messias war. Wenn Jesus aber nicht der Messias ist, so waren seine Aussagen bezüglich seiner Stellung vor Gott als Gotteslästerung zu interpretieren auf welche die Todesstrafe stand. Nach dieser Interpretation ist Jesus gemäß dem Gesetz – durch das Gesetz dem Gesetz – gestorben. Etwas spitzfindig darf man dann auch sagen: Wenn er (dem Gesetz) gestorben ist, dann gilt das Gesetz für ihn auch nicht mehr. Da Jesus aber der alttestementlich angekündigte Messias ist, den die Gläubigen aufgrund von Psalm 2 und einigen anderen Stellen des Alten Testaments „Sohn Gottes“ nennen (und einen anderen Messias als diesen seit Abraham versprochenen gibt es nicht), hatte der Tod keine Macht über ihn; am dritten Tag lebt er wieder und fährt in den Himmel auf. Jesus lebt; er lebt bei Gott, ist wieder vereint mit ihm, dem Gesetz aber ist er gestorben.

Und genau das geschieht auch mit jedem Menschen durch sein/ihr Bekenntnis zu Jesus. Jesus erklärt das in dem Ausspruch an Nikodemus: „Wahrlich, wahrlich, ich sage dir: Wenn jemand nicht von Neuem geboren wird, so kann er das Reich Gottes nicht sehen! Was aus dem Fleisch geboren ist, das ist Fleisch; was aber aus dem Geist geboren ist, das ist Geist. “ (Joh 3,3+6) und wenn er sagt: „Wer in mir bleibt und ich in ihm, der bringt viel Frucht“ (Joh 15,5). Hierauf nimmt Paulus Bezug mit „Ich bin mit Christus gekreuzigt; und nun lebe ich, aber nicht mehr ich [selbst], sondern Christus lebt in mir.“ (Gal 2, 20)

Durch das Bekenntnis zu Christus, im Glauben an den Auferstandenen, gibt der Gläubige sein altes – aus Fleisch geborenes – Leben in die Hand Gottes. Dieser nimmt es und gibt ihm ein neues aus Geist geborenes. Der neue Mensch ist dann Teil des lebendigen Christus, er lebt in Christus und Christus lebt in ihm. In Jesus stirbt die alte Schöpfung, die unter dem Gesetz stand und eine neue beginnt, welche allein unter der Gnade Gottes steht. Nicht von ungefähr wird Jesus auch als der zweite, der letzte Adam bezeichnet.

Alle, die weiterhin auf die Gerechtigkeit durch Werke, das Gesetz, bauen verwerfen das Geschenk Gottes, der Gnade durch Jesus, dem Wort Gottes. Für den gläubigen Christen ist dies Gotteslästerung, die unverzeihliche Sünde gegen den Geist.

"So steht auch geschrieben: Der erste Mensch, Adam, »wurde zu einer lebendigen Seele«; der letzte Adam zu einem lebendigmachenden Geist. Aber nicht das Geistliche ist das Erste, sondern das Natürliche, danach [kommt] das Geistliche. Der erste Mensch ist von der Erde, irdisch; der zweite Mensch ist der Herr aus dem Himmel." (1 Kor 15,45-47)

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