Bilder der Anbetung – 2. Mose 32,1 – 33,11 (28. Februar – 3. März)

Gott hat Zeit – wesentlich mehr Zeit, als der Mensch Geduld hat.

Als Mose lange nicht vom Berg zurück kommt, fordern die Hebräer von Aaron, ihrem Hohepriester, ihnen einen Gott zu machen, den sie anbeten können. Und Aaron gehorcht. Er sammelt Gold aus dem Volk und formt daraus ein goldenes Kalb, das er auf einen Altar stellt. So entsteht der erste Gottesdienst zu Ehren eines Götzen vor dem ersten Gottesdienst zu Ehren Gottes und der erste Bundesbruch durch das Volk ehe ihnen die Bundestafeln mit dem Vertrag ausgehändigt wurden.

Gott schickt seinen Knecht zurück, damit dieser dort aufräumt. Dabei macht er deutlich, dass er nun eigentlich das ganze Volk auslöschen müsste, denn nur das wäre wirklich gerecht. Als Mose das Unheil sieht, zerbricht er die Bundestafeln, zerstört das Götzenbild und hält – durch die Hand des Stammes der Leviten, dem er uns Aaron angehören – Gericht über das Volk.

Die anschließende Bitte Mose, Gott möge gnädig gegen das Volk sein, ist nur teilweise erfolgreich. Gott möchte nicht mehr in der Mitte dieses Volkes weilen, er wird einen himmlischen Diener schicken, der dies übernimmt. Nur mit Mose selbst wird er Kontakt halten. Dies hat für Mose zur Folge, dass er sein Zelt nun außerhalb des Lagers aufschlagen muss.

 

Es ist niederschmetternd!

Nicht, dass das Volk Gottes gleich beim ersten Schritt im neuen Bund mit dem schlimmstmöglichen Vertrauensbruch versagt – obwohl das schon schlimm genug ist. Niederschmetternd ist, dass hier nicht die größte Schwäche dieses Volkes offensichtlich wird, es ist die größte Schwäche aller Menschen, die glauben, mit Gott zu gehen.

Wir sind gar nicht in der Lage, aus eigener Kraft mit Gott zu gehen! Gott ist uns ein Rätsel, umgeben von einem Mysterium; damit kommen wir nicht klar. Also machen wir uns Bilder um uns diesen Gott irgendwie begreiflich zu machen. Und weil die von Menschen gemachten Bilder greifbar sind, beten wir diese dann an. Hier in dieser Geschichte geschieht die Anbetung durch einen unheimlichen – unheiligen – „Gottesdienst”. Der heutige, moderne Mensch tanzt freilich nicht mehr ums goldene Kalb, zumindest nicht so offensichtlich. In unserem „Glaubensbekenntnis” sind erfolgreiche, gesunde, schöne Menschen von Gott Geliebte, Vorbilder, denen man nachstreben sollte. Die Menschen am Rand sind in unseren Augen „die von Gott Vergessenen”, das macht es viel einfacher, als zuzugeben, dass wir sie vergessen haben. Es gibt sogar christliche Glaubensgemeinschaften, in denen dies über viele Generationen hinweg offiziell als Credo galt, im Unterbewusstsein der gesamten Christenheit ist diese Einstellung auch heute noch sicher überkonfessionell verbreitet. Auch wir vergegenwärtigen uns unseren Gott tagtäglich an greifbaren, begreifbaren Dingen und nur in den uns liebens- und erstrebenswert erscheinenden sehen wir Gott, nur diese (Dinge) beten wir an. Von den vielen kleinen Götzen, von denen wir uns ganz freiwillig abhängig machen, ist hier ausnahmsweise gar nicht die Rede!

Werfen wir noch einen Blick auf Aaron, der hier keinen guten Job macht. Offensichtlich ist sein Wunsch angesehen, in seinem Priesteramt vom Volk anerkannt zu sein stärker als sein Glaube. Einsicht, dass er sich verirrt hat, als er von Mose beim Vertrauensbruch erwischt wird? Fehlanzeige! Das Volk hat ihn dazu genötigt, das Kalb ist – nach seiner Beschreibung – offenbar ganz von selbst aus dem Feuer gestiegen.

Doch auch hier kann es nicht darum gehen, einen Stab über (den schwachen) Aaron zu brechen. Wir sehen an Aaron deutlich: Nicht das Amt macht den Priester, sondern Gott! Dies sei allen Priestern, Bischöfen und Kardinälen, die ihren Dienst über das Amt definieren ins Stammbuch und ins Merkheft geschrieben. Nur einer ist qua Amt Priester, das ist Christus!

Aber auch für uns normales Volk ist in Aarons Missgeschick eine Erkenntnis mitgegeben: Die Personen, die aufgrund ihrer Dienerschaft eine Führungsrolle in der Gemeinde (sei es am Ort, in der Region oder in der Welt) innehaben sind nur Menschen. Es bringt nichts (und oft ist es auch nicht richtig), von ihnen ständig die Verwirklichung unserer Vorstellung von Religiosität zu fordern. Dazu sind sie nicht mehr und nicht weniger in der Lage, als jeder einzelne von uns selbst. Du hast von deinem Gott einen Weg gewiesen bekommen? Dann geh ihn! Mitmenschen versperren dir den Weg? Gott zeigt dir einen anderen.

Natürlich ist die Erkenntnis, dass unsere Priester – egal auf welcher Ebene der Hierarchie – nur Menschen sind auch immer wieder Anreiz, ihre Überzeugungen und Entscheidungen zu hinterfragen. Im selben Maße müssen wir aber auch bereit sein, unsere Überzeugungen und Entscheidungen hinterfragen zu lassen, ja, immer wieder selbst zu hinterfragen.

Christentum ist Priestertum für alle Gläubigen. Aber nicht das Amt macht den Priester!

Gott hat aus diesem andauernden Versagen bereits mit Grundlegung der Schöpfung die Lösung geliefert: Sie heißt Christus. Hier, am Berg Sinai schafft Gott eine Trennung zwischen sich und dem Volk und sendet einen Engel in ihre Mitte. Dieser Engel ist das Bild für Christus. Die Trennung an dieser Stelle der Entwicklung zeigt aber auch: Dieser Bund mit Mose ist noch nicht der endgültige, der ewige Bund. Es ist aber der bedeutendste Bund, denn ohne ihn gäbe es auch keinen ewigen danach.

2. Mose 32,1 – 33,11 >>