Karfreitag – Über die Liebe Gottes

„Es ist besser, dass ein Mensch für das Volk stirbt, als dass das ganze Volk zugrunde geht.“ (Joh 11, 50)

Kajaphas‘ Argument ist absolut logisch – für einen Menschen. Es ist gut für die Menschen, dass Gott kein Mensch von Menschen ist.

Als Gott den Menschen schuf, nach seinem Bilde, d.h. ewig und mit einem freien Geist – allerdings in einem zerbrechlichen und nur zu endlichen Körper, da war ihm klar was passieren würde. Der Mensch würde sich von ihm abwenden, der Mensch würde sich der Welt und der Zeit unterwerfen, in der er lebt. Der Mensch würde auf die Macht verzichten, die ihm durch seinen Schöpfer an die Hand gegeben wurde, weil diese ihn auch auf ewig an den Schöpfer binden würde. Der Mensch würde alles selber machen wollen; nach dem Bilde Gottes mit einem freien Geist geschaffen, würde er wie Gott sein wollen. Von Gott und seiner Kraft getrennt, würde er aber sterben. Und Gott sagte das seinen Kindern.

Eltern wissen das: Du kannst es dem Kind hundertmal sagen, wenn es sich etwas in den Kopf gesetzt hat, wird es dieses Ziel verfolgen bis es damit auf die Nase fällt. So, genau so, hat der Mensch auch reagiert, denn in letzter Konsequenz, mit Blick auf die Ewigkeit, ist er das auch – ein Kind, ein Windhauch der Ewigkeit.

Und Eltern wissen auch, sie werden dem Kind dann vielleicht sagen „Selber schuld! Ich hab’s dir gesagt.“, aber innerlich wird ihr Herz bluten. So erging es auch Gott. Das Band war zerrissen und er musste zusehen, wie seine Kinder – einst geschaffen für die Ewigkeit – eins ums andere starben. Gott wusste, dass das passieren würde und er hatte einen Plan.

Dem Wesen der Menschen entsprechend, wirkte er jetzt im Hintergrund, ließ die Menschen im Glauben, sie würden über sich bestimmen, doch er führte sie über Generationen, offenbarte sich bald dem einen, bald dem anderen, schob die Entwicklung in bestimmte Richtungen, wohl wissend, dass der mit jedem neuen Pakt jeweils mitgelieferte Rat oder Gesetz vom freien Geist des Menschen bald wieder verworfen würde.

Dann war es soweit. Ein letzter großer Akt war nötig um die Auserwählten wieder an sich zu binden und dieses Mal auf ewig. Um ganz dem Wesen der Menschen zu entsprechen war klar, ein unschuldiger Mensch muss sterben, am besten einer, der das Band mit seinem Schöpfer nicht zerrissen hatte – darunter würde die Bande nicht zuhören.

Doch wen nehmen? Klar, da gab es immer mal wieder den einen oder anderen Propheten oder König aus dem Haus Davids oder einem anderen Stamm der Juden, der diese Bedingungen vielleicht knapp erfüllt hätte. Elia ist nicht gestorben, er wurde entrückt – um ein Beispiel zu nennen. Aber kann ein Vater, dessen Herz nur Liebe kennt, das? Kann er eines seiner Kinder auswählen zu sterben, damit die anderen leben?

Wir wissen, nein, er kann es nicht. Er entschied: „Wenn jemand sterben muss, damit meine Kinder leben, dann werde ich das tun.“ Gott wurde selbst Kind, legte sich scheinbar mit seinem Volk an, indem er das Gesetz so lebte, wie es ursprünglich gedacht war und nicht wie es von den Juden interpretiert wurde, zog sich damit ganz bewusst den Zorn seiner Leute zu – den Rest kennen wir.

„Größere Liebe hat niemand als die, dass einer sein Leben lässt für seine Freunde.“ (Joh 15, 13)

Wenn man das Wort Freunde durch Kinder ersetzt, werden wiederum Eltern bestätigen, dass der Satz zutrifft.