Markus 13 (19. – 21. Februar)

Auf dem Rückweg vom Tempel gerät ein Jünger beim Blick zurück auf das Gebäude ins Schwärmen ob seiner Pracht und Größe. Jesus erklärt lapidar, dass dieser Tempel dem Erdboden gleich gemacht werden wird. Das wollen Petrus, Andreas, Jakobus und natürlich Johannes genauer wissen, insbesondere, wann dies geschehen wird und woran man erkennen wird, dass es geschieht.

Nun hebt Jesus zu seiner Endzeitrede an. Er warnt vor den großen Verführungen der Endzeit, einer Zeit, in der Menschen auftreten werden, die sich selbst als der wiedergeborene Messias bezeichnen. Diesen wird es gelingen, selbst Gläubige zu überzeugen. Es wird außerdem Kriege überall auf der Welt geben, Naturkatastrophen, Hungersnöte, Pandemien. Dies alles seien die Zeichen, dass es angefangen hat. Ebenso wird man Schuldige suchen und die Jünger Christi für das über die Erde ziehende Unheil verantwortlich machen. Sie sollten sich dann nicht mehr auf sich selbst verlassen, sondern darauf vertrauen, dass der Heilige Geist sie führt. Familien werden an diesen Herausforderungen zerbrechen.

Dann wird – für eine kurze Zeit – der Antichrist Macht über die Erde erlangen. Die Jünger Jesu können nichts gegen diese Entwicklung tun. Sie sollen dann fliehen bzw. sich verbergen bis er zurück kommt und sie sollen Gott darum bitten, dass ihre Flucht nicht durch äußere Umstände erschwert oder vereitelt wird. Und sie sollen auch nicht auf Menschen hören, die behaupten, sie hätten den Messias an einem bestimmten Ort gesehen und dort würden Wunder geschehen. Die Zeichen und Wunder dieser schrecklichen Tage werden vom Antichristen ausgehen.

Im Höhepunkt dieser Katastrophen, die Menschen werden das Gefühl haben, die materielle Welt löst sich auf, wird er selbst kommen, um die dann noch Lebenden unter seinen Jüngern zu sich zu holen. Kein Mitglied der Kirche Christi wird das danach über die Welt kommende Gericht erleben müssen.

An diesem Punkt macht Jesus den Jüngern Christi, die in diesen Tagen noch leben werden Mut: Sie werden die Situation und sein Erscheinen sicher erkennen.

Ein Datum oder wenigstens eine ungefähre Zeitspanne kann Jesus seinen Jüngern nicht nennen – denn nur Gott selbst kenne den Tag. Darum sollten sie stets wachsam sein.

Das ist verwirrend! Zum einen gab es natürlich zu allen Zeiten Kriege, Naturkatastrophen und Pandemien haben in den letzten zweitausend Jahren immer wieder die Menschheit dezimiert. Neu ist in diesen Tagen dazu gekommen, dass sichtbar ganze Gesellschaften bis hinein in die familiäre Ebene auseinanderbrechen, und zwar in der Interpretation der derzeitigen politischen, sozialen, ökologischen und auch epidemiologischen Herausforderungen. In der Tat scheinen die Menschen derzeit die Fähigkeit zur Diskussion, d.h., zum Austausch von Argumenten zu verlieren. Zu beinahe jedem Thema geht ein Riss quer durch die Gesellschaften bis hinein in die Familien und die Differenzen scheinen unüberbrückbar. Wir haben zu jedem Themenfeld zwei Lager, die die Situation gegensätzlich bewerten und die andere Seite als blöd bezeichnen. Und es scheint auch kein rationales Mittel gegen dieses Auseinanderdriften zu geben, die Kommunikation zwischen den Lagern beschränkt sich längst auf den Versuch von Belehrungen und Bekehrungen, der „Point of no return“ scheint überschritten.

Wir werden sehr genau beobachten müssen, was das nächste neue Element in dieser Entwicklung sein wird. Jesus kündigt an, dass der Antichrist Macht über die Welt erlangen wird: Wir beobachten seit Dekaden den Niedergang der christlichen Kirchenorganisationen. Da Menschen aber nach wie vor spirituell sind – die Suche nach Gott ist ja jedem einzelnen ins Herz gelegt – sind sie anfällig für neue Lehrer und neue Lehren. Die Amtskirchen haben das Wort zweitausend Jahre lang zum Erhalt der eigenen Macht missbraucht und es damit einem Angreifer von außen leicht gemacht. Er müsste den angestrebten Machtmissbrauch nur etwas besser verkaufen als das Fußvolk Christi und hätte mindestens einen Fuß in der Tür. Ein gutes Marketingkonzept genügt, denn die Amtskirchen haben keins, zumindest keines, das im 21. Jahrhundert noch funktioniert.

„Aber in jenen Tagen, nach jener Drangsal, wird die Sonne verfinstert werden, und der Mond wird seinen Schein nicht geben, und die Sterne des Himmels werden herabfallen und die Kräfte im Himmel erschüttert werden.“ (Mk 13, 24+25)

Naturwissenschaftlich könnte man hier das Erlöschen unserer Sonne, das Ende unserer Galaxie oder gar das Ende des Universums vermuten. Das Evangelium ist aber kein naturwissenschaftliches Lehrwerk. Jesus beschreibt einen Zeitpunkt, an dem alles bisher als unveränderlich und ewig Erscheinende unvermittelt aufhört. Sonne, Mond, Sterne, die Kräfte des Himmels sind die Dinge an denen und mit denen wir uns orientieren. Jesus spricht von dem Zeitpunkt, wenn Menschen nichts mehr in der Welt haben, an dem sie sich orientieren könnten. Alles worauf sie ihr Leben bisher aufgebaut haben – Gesellschafts-, politische und Wirtschaftssysteme, Infrastruktur, Gesetze und andere Ordnungen, Verlässlichkeit der Tagesabläufe, Vertrauen auf ein morgen – alles wird in der Phase der Katastrophen und sonstigen Auflösungserscheinungen verschwunden sein. Albert Schweitzer sagte einmal: „Ich weiß nicht mit welchen Waffen der Dritte Weltkrieg geführt werden wird, beim Vierten werden es aber Steine und Äxte sein.“ Dies, der totale Zerfall der Zivilisation, werden die äußeren Zeichen sein, die diese letzte Phase markieren, globale Hoffnungslosigkeit das innere Zeichen.

„Wahrlich, ich sage euch: Dieses Geschlecht wird nicht vergehen, bis dies alles geschehen ist.“ (Mk 13, 30)

Dies wird oft so interpretiert – und die Jünger jener Zeit haben es wohl auch so verstanden – dass dies alles binnen einer Generation passieren würde. Ganz offensichtlich sind wir noch da. Die Zerstörung des Tempels in Jerusalem und mit ihm das zum Tempel gehörende Priestersystem  im Jahr 70 n. Chr. ist historisch belegt, ebenso eine große Verfolgung der Christen durch die Römer nach dem Brand der Stadt einige Jahre davor. Aber das passt irgendwie nicht zur Prophezeiung.

Alles hängt daran, worauf man das Wort „Geschlecht“ bezieht. Der Duden bezieht das Wort nicht nur auf das Geschlecht im Sinne der Fortpflanzung oder einer Generation, sondern auch auf eine Familie/Sippe oder eine Gattung/Art. Da Jesus kein Biologe war, aber oft vom Vater im Himmel und den Kindern Gottes geredet hat, ist es wahrscheinlich, dass hier mit Geschlecht eben die Familie gemeint ist, nämlich die Familie Gottes, also alle Nachfolger Christi. Jesus sagt seinen Jüngern, dass das Geschlecht Gottes nicht vergehen wird, d.h., egal wie schlimm es um die Welt oder die Kirche rein äußerlich stehen wird, es wird bis zum letzten Moment vor dem Gericht Jünger Christi auf diesem Planeten geben und es werden genug sein, um Gemeinschaften zu bilden. Diese Aussage ist also nicht als zeitliche Prognose, sondern als Trost zu verstehen. Der nachfolgende Satz ist eine Schlussfolgerung aus diesem Trost.

„Himmel und Erde werden vergehen, aber meine Worte werden nicht vergehen.“ (Mk 13, 31)

Auch hier, an diesem trostlosen Endpunkt, lässt uns Jesus nicht ohne Hilfestellung zurück. Gerade, wenn sich um uns herum alles aufzulösen erscheint, wenn nichts mehr auf dieser Welt verlässlich ist, gerade dann können und sollen wir uns auf sein Wort verlassen. Ein Ratschlag, der ganz offensichtlich auch auf jede andere trostlose Phase (die vielen „kleinen Gerichte“) in unserem Leben passt.

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