Falsches Rollenverständnis – Matthäus 21, 12 – 17 (8. März)

„Es steht geschrieben: »Mein Haus soll ein Bethaus genannt werden!« Ihr aber habt eine Räuberhöhle daraus gemacht!“ (Mt 21, 13)

Jesus treibt die Geldwechsler und Händler unter lautstarker Zurechtweisung aus dem Tempel hinaus. Ich bin sicher, die Angesprochenen waren verwundert über die Reaktion „des Propheten“, sie waren überzeugt, alles richtig gemacht zu haben.

Die Menschen kamen zum Tempel, um Gott anzubeten und zu opfern. Sowohl die Art der Anbetung als auch wie und was geopfert werden durfte waren aber streng geregelt. Mit ihren Angeboten halfen sie doch den Gläubigen, einen gottgefälligen Gottesdienst zu verrichten. Und dass man für den Dienst im Tempel von der Gemeinde auch versorgt werden solle, das stand auch im Gesetz. Dass sie also in den Tagen des Passah-Festes das Geschäft ihres Lebens machten, war ganz offensichtlich der Wille Gottes.

Was will dieser Jesus also?

Hier sind wir wieder einmal beim Rollenverständnis. Die Händler und Geldwechsler füllen eine Rolle in ihrem Glaubensleben und dem Glaubensleben der übrigen Juden aus. In seinem verzweifelten Ruf

„Denn an Liebe habe ich Gefallen, nicht an Schlachtopfern, / an Gotteserkenntnis mehr als an Brandopfern.“ (Hos 6, 6)

macht Gott doch schon deutlich, dass er kein Interesse am Ausfüllen von Rollen (der Bußfertige, der Untertan, …) hat, sondern allein an der Entwicklung der Menschen. Gotteserkenntnis, das Kennenlernen Gottes und seines Wesens, ist ständige Entwicklung, ebenso die Liebe zu diesem Gott und die sich daraus ergebende Liebe zu den Mitmenschen, die ja auf demselben Weg unterwegs sind. Beide, Liebe und Gotteserkenntnis, führen zu einer innigeren Beziehung zu diesem Gott. In einem Leben, das uns von Gott gegeben wurde und mit ihm verbindet, führt Gotteserkenntnis letzten Endes zur Selbsterkenntnis. In Gott sollen wir uns selbst erkennen, unser wahres Ich.

Opferkult, so er wie hier als gut durchorganisiertes Ritual durchgeführt wird, bleibt an der Oberfläche. Es entsteht keine echte Beziehung zu Gott, es entwickelt sich keine Selbsterkenntnis. Alles was ein solcher Opferkult organisiert sind Geschäfts- und Einkommensmöglichkeiten für Menschen, die die Rolle Händler des Tempels einnehmen und durch ihren „Dienst“ andere in Rollen zwängen: Der Gläubige wird zum Kunden Gottes … und zum Kunden der Dienstanbieter.

Ein so verstandener Opferkult ist eine Sackgasse und gehört auf dem Müllplatz der Götzenreligionen entsorgt. Und genau das tut Jesus hier.

Dass Kinder ihn nun sogar noch als „Sohn Davids“, also den Messias, anrufen bringt für die obersten Priester und Schriftgelehrten das Fass zum Überlaufen. Sie verlangen, dass Jesus das sofort richtigstellt. Doch Jesus bestätigt den Ruf der Kinder mit einem weiteren Prophetenwort:

„Aus dem Mund der Unmündigen und Säuglinge hast du ein Lob bereitet.“ (Mt 21, 16)

Genau steht in Psalm 8 Vers 3 sogar:

„Aus dem Mund von Kindern und Säuglingen hast du ein Lob bereitet um deiner Bedränger willen, um den Feind und den Rachgierigen zum Schweigen zu bringen.“ (Ps 8, 3)

Auf den zweiten Teil des Satzes sollen die aktuellen „Bedränger“ wohl selbst kommen. Wieder einmal demonstriert ihnen Jesus, wie wenig sie das Wort verstanden haben, das sie seit Generationen verkünden.

Matthäus 21, 12 – 17 >>

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