„Wer im Schutz des Höchsten wohnt, der ruht im Schatten des Allmächtigen.“ (Ps 91,1)
Psalm 91, insbesondere Vers 1, ist vermutlich einer der bekanntesten und der aufbauendsten für jeden Gläubigen. Und doch steckt in Vers 2 die Kernaussage:
„Ich sage zum HERRN: Du meine Zuflucht und meine Burg, mein Gott, auf den ich vertraue.“ (Ps 91,2)
Hier kommt die Haltung des Psalmisten gegenüber seinem Gott zum Ausdruck. Gott ist Zuflucht und Burg, d.h., Gott ist der Ort der Sicherheit, mehr noch, der Geborgenheit.
Im Folgenden zählt er dann verschiedene Kräfte der Welt auf, die einen Menschen bedrohen, ja töten können und lobt Gott, dass er ihn vor allen diesen Dingen rettet.
„Denn er wird seinen Engeln deinetwegen Befehl geben, dass sie dich behüten auf allen deinen Wegen. Auf den Händen werden sie dich tragen, damit du deinen Fuß nicht an einen Stein stößt.“ (Ps 91, 11-12)
Das klingt wie ein umfassender Schutz. Als Kind Gottes muss ich mir also überhaupt keine Gedanken mehr machen? Es gibt Irrlehrer, die dies tatsächlich so auslegen. Und wenn dann doch was passiert, dann war einfach dein Glaube nicht stark genug, dann hast du Gott nicht genug vertraut und dich doch wieder auf deine eigene Kraft oder die Kraft der Welt (die böse ist) verlassen.
Schon Jesus hat dem Teufel, der die beiden Verse zitierte, um ihn zu versuchen, erwidert: „Du sollst Gott nicht versuchen!“, d.h., Gott schützt dich, aber er entscheidet, wie er das tut. Die Zusage Gottes, immer an deiner Seite zu sein, ist keine Aufforderung zum Leichtsinn. Vergiss nie, dass dein Leben hier auf Erden eine Pilgerschaft ist, ein Lehrpfad. Du sollst hier beides lernen: Vertrauen auf Gott, deinen himmlischen Vater und die Eigenverantwortung eines Erben.
Das Einzige, worauf wir uns als Kinder Gottes daher verlassen können, ist Gott selbst. Er wird in der Stunde der Bewährung an unserer Seite sein und – so wie dann gelernt haben, ihm zu vertrauen – unsere Hände und (wo nötig) unsere Zunge zu führen. Und wenn es trotzdem schief geht, ist der Lehrpfad halt beendet. Dann gilt sein Versprechen, dass er uns zu sich holt. Denn auch das dürfen wir nicht vergessen: Seine eigentliche Zusage gilt für das nächste Leben. Das heißt nicht, dass er uns nicht auch gerne alles, was wir in diesem Leben brauchen, zur Verfügung stellt, aber – und das ist diesen Irrlehrern entweder nicht bewusst oder sie verschweigen es – Gott allein weiß, was wir wirklich brauchen und das ist oft nicht das, was wir uns wünschen. Und wenn wir leichtsinnig werden, dann brauchen wir die (oft schmerzhafte, je nach Größe des Leichtsinns auch folgerichtig lebensgefährliche) Zurechtweisung am dringendsten!
Und was ist mit den Menschen, die unverschuldet in Not und (lebensgefährliche) Bedrängnis geraten? Das ist das vermutlich schwierigste Kapitel im Leben mit Gott: Das Leben jedes Menschen dient gleichzeitig zur Lehre aller anderen. Unser Versagen als Erben wird sichtbar in Not, Krankheit und (scheinbar vorzeitigem) Tod der anderen. Wir, die wir in dieser Zeit, in dieser in unserer Wahrnehmung einzigen Lebensspanne gefangen sind, können in diesen Vorgängen nur eine Ungerechtigkeit erkennen und egal, wie wir es uns zurechtlegen, egal, wie sehr wir an das Leben danach glauben, es wird in unseren Augen immer ungerecht bleiben. Das Einzige, was wir daraus ziehen können ist Erkenntnis, indem wir uns fragen: Wie konnte es dazu kommen? Wo waren falsche Entscheidungen? Warum haben wir sie zugelassen? Was müssen/können wir tun, um sie zu ändern? Und wenn wir es im Moment nicht ändern können (z.B. bei einer Naturgewalt oder bei einem Fehler, der sich durch Beibehaltung und ständige Wiederholung über viele Generationen hinweg potenziert hat): Was können wir tun, um die Not zu lindern? Aus diesen Fragen können wir die nötigen Lehren ziehen. Und wie du sicher festgestellt hast, die Frage „Wer ist schuld?“ ist keine Frage, aus der man etwas lernen kann.
Oft werden wir feststellen, dass die Wurzel des Übels darin liegt, dass wir uns alle zu sehr ans Weltliche klammern und zu wenig an Gott (Ps 91, 14-15).
„Trachtet vielmehr zuerst nach dem Reich Gottes und nach seiner Gerechtigkeit, so wird euch dies alles hinzugefügt werden!“ (Mt 6,33)
Diese Aufforderung Jesu erklärt den ganzen Psalm 91, denn das Reich Gottes ist die Zusage, und wir werden von Gott in dieser Welt alles erhalten (auch allen Schutz) was wir brauchen, um dorthin zu gelangen. Darum können wir uns in seinen Händen geborgen und sicher fühlen.