Vorwort: Warum Bibelstudium?

"Neigt eure Ohren und kommt her zu mir; hört, so wird eure Seele leben! Sucht den HERRN, solange er zu finden ist; ruft ihn an, während er nahe ist!" (Jes 55,3+6)

Ich bin ganz einfach überzeugt, Gott will gefunden werden! Du kannst blind durchs Leben laufen, irgendwann stolperst du über Gott. Er zupft dich am Ärmel, flüstert dir ins Ohr, legt sich dir schließlich in den Weg, bis du fast körperlich über ihn fällst. Gott macht das mit jedem Menschen so, nicht alle besitzen allerdings den Mut, Gott in solchen Situationen zu erkennen. Mut? Ja, Mut. Der Intellekt zwingt einen ja auch geradezu für einschneidende Ereignisse nach natürlichen Erklärungen zu suchen, die es meistens auch gibt. Besitze ich dann als moderner, aufgeklärter Mensch den Mut diese „vernünftige“ (von der Vernunft anerkannte) Erklärung nur als Teil der Wahrheit zu sehen? Besitze ich den Mut, mir selbst einzugestehen und vor anderen die Narrheit meines kindlichen Gemütes zuzugeben: Ich glaube, hier hat sich mir Gott in den Weg gestellt, weil er mir etwas sagen wollte.

In welchem Jahr leben wir denn? Einer, der so tickt, muss doch blöd sein, völlig durchgeknallt!

Ich bin froh und dankbar, dass Gott mir den Mut zu dieser Narretei geschenkt hat. Wenn du dann nämlich einen Moment innehältst und dich bei dem Gedanken erwischst „Gott, bist du das?“ fängt er an mit dir zu reden. Und wenn er dich ganz arg lieb hat (und das hat er!), schenkt er dir auch noch die Geduld ihm zuzuhören und wenn du närrisch genug bist, dann machst du dieses Geschenk auf.

Wie hört sich das an, wenn Gott spricht?

Bei mir redet Gott bisher mit Emotionen und mit Bildern (die entweder wieder Emotionen auslösen oder mir – wie im Nähkästchen-Posting geschildert – einen neuen Blick auf Bekanntes freigegeben. Soweit ich von anderen Gläubigen höre, ist das ein sehr verbreitetes Vorgehen von Gott (wenn auch bei weitem nicht das einzige). Anders ausgedrückt: Gott handelt pragmatisch; er benutzt das Material, das er beim einzelnen vorfindet.

Ich kann hier nur Beispiele aus meiner eigenen Erfahrung wiedergeben:

Ich bitte Gott in einem Gebet an Pfingsten, mich die Gegenwart seines Geistes spüren zu lassen und werde im nächsten Moment von so einem überwältigenden Gefühl von Liebe erfasst, dass ich vor Rührung jämmerlich heulen muss. Und Gott gibt mir einen Bonus: In den nächsten Tagen, Wochen, Monaten wiederholt sich dieser Vorgang spontan, unvermittelt, zunächst sogar überraschend, da völlig unerwartet immer und immer wieder. Für mich war einmal schon toll und es hat mein Leben von einem Moment auf den anderen auf den Kopf gestellt; aber dass er einfach in dieser Form präsent bleibt, das hätte ich nicht einmal zu bitten gewagt - heute weiß ich natürlich, dass da ein Plan dahinter steckte. Gott spricht, er lässt mich seine Liebe spüren, verwandelt damit meine Offenheit in Liebe.

Anderes Beispiel: Scheinbar ohne eigenen Antrieb denke ich plötzlich über meine familiäre Herkunft (also „stammbaum-mäßig“) und mein bisheriges Leben nach. Okay zugegeben, wenn Gott mit dir spricht könnte das eventuell Antrieb genug sein. Vor meinem geistigen Auge tauchen Bilder von einzelnen Stationen meines Lebens, ja sogar den Leben meiner Vorfahren (soweit ich deren Geschichte halbwegs überblicken kann) auf und fügen sich zu einem Gesamtbild zusammen, die fast zwangsläufig dahin führen, dass ich mich in diesem Moment mit Gott unterhalte. Gott spricht, er zeigt mir meinen Stammbaum und meine Geschichte aus seinem Blickwinkel. Bisher überflüssige kleine und große Katastrophen und andere zufällige Nichtigkeiten stehen plötzlich in einem Kontext, ergeben einen Sinn.

Letztes Beispiel: Ich liege ziemlich lustlos auf meiner Gymnastikmatte und mache mein tägliches Programm (Skoliose!). Plötzlich läuft ein Film vor meinem inneren Auge ab: Jesus stirbt am Kreuz und ich stehe darunter und kann den vollen Umfang dieses Geschehnisses erkennen. Mein Gott hängt da, ich habe ihn quasi ans Kreuz geschlagen, denn er hängt für mich da. Er stirbt für meine Treulosigkeit. Er nimmt den ganzen Horror und den Tod auf sich damit ich lebe, damit ich Teil an ihm haben kann. Wenn ich nicht schon auf der Matte liegen würde, würde ich jetzt unter den Tränen zusammenbrechen. Und während ich heule – dieses Mal sind es Tränen der Scham und der Reue – spüre ich den Trost, die Liebe, die uneingeschränkte Zuneigung, die Gott mich seit meinem Pfingst-Gebet immer und immer wieder spüren lässt (und es ist nicht mehr ganz klar, welchen Grund meine Tränen jetzt haben). Gott redet, er lenkt meinen Blick auf Jesus, der im Zentrum meines Glaubens steht. Er bestätigt mir, dass Jesus wirklich ins Zentrum gehört … und ganz nebenbei hat er mir in einem Crashkurs ein gerüttelt Maß Demut beigebracht.

Allerletztes Beispiel: Die eben beschriebene Kreuzigungsszene mit den dazugehörenden verheerenden Emotionen wiederholen sich in den folgenden Wochen noch genau zwei weitere Male.  Gott redet. Drei – die Zahl Gottes: Vater, Sohn, Heiliger Geist. Seine Ansprachen werden zunehmend „theologischer“. Die beschränkten Erfahrungen meines Lebens und meine bis jetzt wirklich armselig entwickelte Glaubenspraxis könnten vielleicht demnächst keine brauchbaren Bilder mehr liefern, beschleicht mich ein Gefühl und inzwischen hänge ich sehr an unseren „Gesprächen“. Mein Gefühl oder spricht schon wieder Gott?

Egal, es bleibt der Wunsch, ein gemeinsames Vokabular aufzubauen, einen Wortschatz aus Geschichten und Bildern in denen Gott mit mir über seine Geschichte und seinen Plan reden kann. Ich will alles haben, das Gott mir geben möchte!

Und da sind wir am Punkt: Die Bibel enthält jede Menge Geschichte, Geschichten, Bilder, Gebete und Gesänge, entstanden aus vermutlich ganz ähnlichen „Gesprächen“, die Gott mit Menschen lange vor meiner Zeit geführt hat. Auch die Propheten waren zunächst nur Menschen. Der einzige Unterschied zu den Normalos war, dass sie ab einem gewissen Punkt ihres Lebens anfingen, närrisch zu werden und Gott zuzuhören und dann hat er angefangen zu reden. So ist Gott.

An diesem Punkt fällt mir auf: Jedes Mal wenn ich denke, jetzt ist die Liste der erwähnenswerten Beispiele zu Ende taucht ein weiterer Punkt auf. Gott redet in diesem Moment!

Er redet auch mit dir und wenn du den Mut hast ihm zuzuhören, hat er dir viel Interessantes zu erzählen.

Ich höre ihm jetzt zu und die Bibel soll mir dabei helfen, dass der Gesprächsfaden nicht abreißt, wenn möglich sogar intensiver und komplexer wird. Und wie ist das mit dir?

Siehe hierzu auch: „Gott und ich – die Geschichte einer Beziehung“ und „Wenn Gott mit dir aus dem Nähkästchen plaudert