Klagelieder 3, 25-51 (11. August)

Oha, das meiste gestern Gesagte passt auch auf den heutigen Tag.

Jeremia stellt klar, dass Gott dieses Leid – wie jedes Leid – nicht zulässt, weil es ihm Vergnügen bereitete. Er ist seinem ganzen Wesen nach gütig, der Mensch muss diese Güte allerdings auch annehmen, was Gehorsam voraussetzt. Allerdings lässt er Leid zu, wenn es letzten Endes dem Seelenheil des Betroffenen dient. Wie sagt einige hundert Jahre später doch Gottes Sohn? „Wenn dir aber dein rechtes Auge ein Anstoß [zur Sünde] wird, so reiß es aus und wirf es von dir! Denn es ist besser für dich, dass eines deiner Glieder verlorengeht, als dass dein ganzer Leib in die Hölle geworfen wird. Und wenn deine rechte Hand für dich ein Anstoß [zur Sünde] wird, so haue sie ab und wirf sie von dir! Denn es ist besser für dich, dass eines deiner Glieder verlorengeht, als dass dein ganzer Leib in die Hölle geworfen wird.“  (Mt 5, 29+30)

Aber da sterben doch auch Kinder, ja sogar Säuglinge – kann das gerecht sein?

Es ist manchmal wirklich schwer, Gott zu verstehen. An diesem Punkt hilft vermutlich wirklich nur der Glaube oder wie Paulus es ausdrückt: „ja, wahrlich, ich achte alles für Schaden gegenüber der alles übertreffenden Erkenntnis Christi Jesu, meines Herrn, um dessentwillen ich alles eingebüßt habe; und ich achte es für Dreck, damit ich Christus gewinne“ (Phil 3,8) und „Ich vergesse, was dahinten ist, und strecke mich aus nach dem, was vor mir liegt“ (Phil 3, 13)

Das irdische Leben ist für den Gläubigen nur eine Durchgangsstation, nichts woran es lohnt sich zu hängen. Die Seele strebt immer zu Jesus. Das ist für die Hinterbliebenen im Moment des Verlustes und der Trauer sicher kein Trost, denn Trauer braucht ihre (eigene) Zeit und hat daher ein Recht auf eigenen Raum.

In größerem Rahmen betrachtet: Das Volk Gottes war von Gott abgefallen, es war daher in Gänze verflucht und dem Tod übergeben. Mit dieser sehr schmerzhaften Zäsur konnte die Umkehr beginnen, konnten die Überlebenden sich wieder ihrem Gott zuwenden, der damit erst Gelegenheit bekam, sein geliebtes Volk zu retten. Ich muss an dieser Stelle einfach glauben, dass Gott die Seelen der ermordeten oder von Krankheit und Hunger hingerafften Unschuldigen zu sich nahm und sie weder verloren gingen, noch – in der Gegenwart seiner Herrlichkeit – diese Welt vermisst haben.

Und um dieses große Ziel willen, dem ewigen Leben in der Gegenwart Gottes, sagt auch Jeremia, ist es wert, geduldig zu ertragen, was Gott einem auferlegt. Auch die größte Bitternis – in der Bibel Wermut genannt, eine Pflanze mit üblem Geruch und sehr bitterem Geschmack – wird abgelöst werden von Gottes überströmender Gnade.

„Denn der Herr wird nicht auf ewig verstoßen; sondern wenn er betrübt hat, so erbarmt er sich auch nach der Fülle seiner Gnade“ (Klgl 3, 31+32)

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