Glaubenskrise - 1. Könige 19 (7. + 8. September)

„Und Ahab erzählte der Isebel alles, was Elia getan hatte, und wie er alle [450] Propheten mit dem Schwert umgebracht hatte.” (1Kön 19,1)

Es ist wohl kaum vorstellbar, dass Elia – letzten Endes nur ein sterblicher Mensch, Prophet vor dem Herrn hin oder her – 450 Mann höchstselbst (und das hieße dann völlig ohne Gegenwehr derselben) einfach so abgeschlachtet hat. Doch unabhängig, wie viel Gewalt hier im Spiel war: Ganz unzweifelhaft hatte der Baal-Kult nach dieser Aktion keine Propheten/Priester mehr. Die von Isebel im Nordreich gegründete institutionelle Kirche hatte mit einem Schlag aufgehört zu existieren.

Isebel schäumt vor Wut und verurteilt Elia postwendend zum Tod. Sie lässt ihm ausrichten, dieses Urteil binnen Tagesfrist an ihm zu vollstrecken. Völlig verängstigt flieht der Prophet ins Südreich Juda und legt sich dort in der Wüste enttäuscht unter einen Ginsterstrauch um zu sterben. Zwei gewaltige, unmissverständliche Zeichen Gottes (die Massenhinrichtungen nicht mitgerechnet) hatte er geliefert und der Lohn dafür war nicht etwa die Bekehrung der Ungläubigen mit ihm im Zentrum einer erneuerten Kirche des wahren Gottes, nein, der Lohn war ein Todesurteil. Das kann Gott doch nicht ernst meinen! So kann Elia nicht arbeiten!!!

Doch Gott meint es nicht nur ernst, er ist auch noch nicht fertig mit Elia. Immer wieder wird er in den nächsten beiden Tagen von einer Stimme geweckt, die im sagt: „Steh auf und iss!” und findet dann Brot und Wasser an seinem Schlafplatz. Am zweiten Tag erhält er zusätzlich noch den Anweisung, dass er sich auf den Weg machen solle.

Und noch immer kann Elia nicht anders als gehorchen. Er geht 40 Tage durch die Wüste bis zum Berg Horeb; dort sucht er Schutz in einer Höhle.

Jetzt meldet sich eine Stimme, in der der Prophet Gott zu erkennen glaubt und er klagt dieser Stimme sein Leid, seine Treue und sein Gehorsam gegenüber Gott und die darauf folgende bittere Enttäuschung.

Und Gott sendet ihm drei Zeichen: Ein Sturm, ein Erdbeben und eine Feuerwalze ziehen an ihm vorüber. Gewaltige Zeichen, doch nur äußere. Sie berühren die Sinne des Propheten, aber nicht sein Herz.

Erst die Stille danach, ein ganz leises Säuseln ergreift sein Herz. Er verhüllt sein Gesicht, geht vor die Höhle und vermutlich in die Knie und klagt sein Leid noch einmal. Und erst jetzt erhält er von Gott einen neuen Auftrag.

Er soll Hasael und Jehu zu Königen salben – diese werden wahre Schlächter in den Ländern Aram und Israel werden. Doch siebentausend Menschen werden übrig bleiben; diese hielten ihm, dem Gott Abrahams die ganze Zeit die Treue.

Die Bibel berichtet an dieser Stelle aber nur davon, dass Elia seinen Nachfolger Elisa bei der Feldarbeit antrifft und ihn direkt beruft. Jehu und Hasael greifen erst im zweiten Buch der Könige in die Geschichte ein und kommen erst nach der Entrückung Elias an die Macht.

Viele Geschichten werden in Kapitel 19 erzählt, aber was ist die Aussage?

Elia bezeichnet sich selbst als "Mann der vor Gott steht" und wird auch in der Erzählung selbst so beschrieben. Das deutet auf einen Menschen hin, der ein enges, vertrautes Verhältnis zu seinem Gott hat. Gott ist für ihn kein mächtiges, fernes Wesen sondern ein unmittelbarer Begleiter in seinem Leben. Entsprechend überzeugend ist natürlich auch sein Auftreten; um für andere überzeugend zu sein, musst du selbst überzeugt sein.

Mit seinem Auftreten fegt er die Götzenkirche Israels im Handstreich vom Platz und hat sichtlich Spaß bei der Sache. Was er dabei übersieht ist, dass auch Götzengläubige einen – vielleicht sogar starken – Glauben haben können, natürlich aber an andere Götter, die für sie aber genauso wahrhaftig sind, wie JHWE für ihn. Dass seine „Reformation” daher eine Gegenreformation (hier: ein Todesurteil gegen ihn) auslösen würde, war bei nüchterner Betrachtung absehbar. Gott zeigt uns unseren Irrtum (Sünde) und den richtigen Weg, er zwingt uns aber nicht zur Umkehr.

Isebel verteidigte nur ihren Gott an den sie glaubte, sie war nicht in der Lage die Macht eines Gottes zu erkennen, an den sie nicht glaubte. Sie hätte es selbst dann nicht geglaubt, wenn sie es mit eigenen Augen gesehen hätte! Für sie war Elia ein Ketzer.

Dessen müssen wir uns bewusst sein, wenn wir zu anderen, insbesondere Andersgläubigen, von unserem Gott sprechen! In deren Augen sind wir Ketzer und wir dürfen die typischen Reaktionen erwarten.

Dies gilt im Übrigen auch für die Diskussionen und Reformbestrebungen innerhalb unserer Kirche!

Als er erkennt, dass er scheinbar nur einen Pyrrhussieg errungen hat aber damit offensichtlich gleichzeitig in eine Sackgasse geraten ist, schmeißt er hin. Auch in diesem Punkt werden sich manche heute Aktive wiedererkennen. Deine Argumente sind brillant, die Massen jubeln dir zu (zumindest ein Teil davon) aber genau da, wo es drauf ankäme, rührt sich nichts, im Gegenteil. Wer gerät da nicht irgendwann an den Punkt an dem er sagt: „Dann will ich mit dem Ganzen überhaupt nichts mehr zu tun haben, basta!”

Und was sagt Gott?

Er sagt: „Achte nicht auf das Große, das die Welt Bewegende, achte nicht auf die Dinge, auf die alle wie gebannt starren! Die gibt es freilich auch; wo gehobelt wird, da fallen dann und wann auch mal Späne. Doch das sind nur Momente; sie sind da, damit die Blinden auch mal sehen und die Tauben auch mal hören. Ich bin in der Stille. Beuge daher deine Knie nicht vor der Show.”

Gott bewegt uns. Gott verändert uns. Dies geschieht in der Stille und ohne großes Getöse inmitten einer lärmenden Welt. Selbst die am Ende von Kapitel 19 angekündigten Kriege werden Elia nicht mehr betreffen. Doch auf seinem Weg trifft der Prophet auf seinen Nachfolger. Was Gott in Elia begonnen hat, setzt er in Elisa fort.

Und was in Jesus begonnen hat …

Und so ist die überraschende Botschaft dieses Kapitels: Gott sorgt dafür, dass es immer weitergeht. Keiner, der eine Strecke allein geht, ist wirklich allein. Selbst wenn uns der Weg, auf dem wir gehen unbekannt ist, wir gehen immer auf jemanden zu. Es geht nur darum, weiterzugehen.

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