Richter 12 (2. Mai)

Kapitel 12 erscheint zunächst verwirrend. Der Stamm Ephraims beschwert sich bitterlich bei Jephtah, bei der Prügelei mit den Ammonitern wird nicht dabei gewesen zu sein. Wir haben in Kapitel 11 nichts von einer solchen Bitte gelesen! Nein, Jephtah ist entweder sehr nachtragend oder einfach nie um eine Ausrede verlegen. Er bezieht sich auf eine frühere Bitte Gideons (Kapitel 8). Hier hatten sich die Ephraimiter vornehm mit der Hilfe für die erschöpfte Armee Gideons zurück gehalten und sich erst anschließend beschwert, bei der entscheidenden Schlacht nicht dabei gewesen zu sein. Jephtah bezieht sich auf diesen Vorfall und begründet damit, sie auch dieses Mal nicht gefragt zu haben. Mehr noch! Er führt nun beleidigt und hinterhältig einen Bruderkrieg gegen die Ephraimiter und tötet 42000 „Feinde“. Schade, Jephtah hat die Chance, die Gott ihm mit dem Auftrag gab, nicht im Sinne des Herrn genutzt. Eine weitere wird Gott ihm nicht geben. Jephtah stirbt nach nur 6 Jahren Amtszeit.

Auf Jephtah folgen Ibzan aus Bethlehem, Elon, der Sebuloniter und Adon ein Piratoniter. Diese richten sieben, zehn und acht Jahre. Auch über sie weiß die Bibel nur wenig zu berichten. Die Zeit ihrer Regentschaft lässt aber auf wenig Geschick in der Ausübung ihres Amtes oder auf ein hohes Alter bei Amtseinführung schließen.

Welche Lehre können wir aus Kapitel 12 ziehen?

Jephtah hat zwar den Auftrag Gottes treu ausgeführt in seiner persönlichen Entwicklung als Reaktion auf diesen Auftrag aber immer wieder kläglich versagt. Bei Lichte betrachtet blieb er der Wegelagerer, der er, nachdem er von seiner Familie verstoßen war, wurde. Er nutzte Gelegenheiten, die sich ihm boten, um Macht auszuüben und den – sicherlich berechtigten – Groll über die in seiner Jugend erfahrenen Ablehnung seiner Person und Herkunft an anderen auszulassen.

Jephtah ließ nicht zu, dass der Geist Gottes ihn veränderte, als dieser in ihm war. Gott blieb ein Fremdkörper in seinem Leben und so blieb Jephtah letzten Endes ein schwacher Richter über Israel.

Die wesentlichen Komponenten in einer lebendigen Beziehung zu Gott fehlten Jephtah: Liebe, Gnade (obwohl er beides von Gott erfahren hatte) und Demut. Der Versuch im letzten Kapitel, mit Gott einen persönlichen Deal auszuhandeln, lässt zudem auf einen schwachen Glauben schließen.

Es sind die Komponenten, die uns im Alltag oft auch abhanden kommen, das hat sich in den letzten 5000 Jahren nicht geändert. Es wird hier deutlich, wie notwendig wir den durch Christus gespendeten stärkeren Bund benötigen. Nur in einem Bund, in dem Gott uns mit aller Kraft an sich zieht und festhält, haben wir eine Chance zu bestehen. Sobald wir das im Herzen begreifen, kommt die Demut von allein. Demut und Liebe sind die Farben des Bandes, das uns an den Herrn bindet.

Und wir sehen auch, dass diese Schwäche nach Jephtahs Tod nachwirkte. Auch die drei auf ihn folgenden Richter verschwanden wieder relativ schnell von der Bühne und es gibt nichts über ihre Amtsführung zu berichten. Wir erkennen darin auch, dass das Volk wieder die Orientierung verloren hat und vor dem nächsten größeren Umbruch steht.

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