Das Evangelium nach Johannes - Vorbemerkungen

Die vier Evangelien sind an unterschiedliche Gruppen gerichtet. Das Matthäus-Evangelium ist das älteste und richtet sich vor allem an die Judenchristen, mit umfassenden Kenntnissen der Tora. Daher stellt er den Stammbaum Jesu, beginnend bei Abraham dar. Jesus stammt aus der Blutlinie Davids, aus welcher der Messias angekündigt war. Markus richtet sein Evangelium an Heidenchristen im vorderen Orient.

Lukas, der dritte Evangelist, war Arzt, also Wissenschaftler. Die Sprache eines Wissenschaftlers dürfte eher eine gebildete, gehobene Gesellschaftsschicht angesprochen haben. Ihm geht es um eine systematische Darstellung der gesamten Ereignisse. Man geht heute davon aus, dass er seine Version des Evangeliums schrieb, damit die Christen in Rom mit Apostelgeschichte und Evangelium Paulus verteidigen konnten, der zur Zeit der Entstehung – die Zeit der Christenverfolgung zu Beginn des letzten Drittels des ersten Jahrhunderts – in Rom eingesperrt und später hingerichtet wurde.  Daher fängt er mit Johannes dem Täufer an, dem ersten Zeugen der Erscheinung des Herrn und selbst bereits in den alten Prophezeiungen als Wegbereiter des Herrn angekündigt. Neulingen im christlichen Glauben sei daher an dieser Stelle das Lukas-Evangelium als Einstiegslektüre empfohlen.

Das Johannes-Evangelium ist das jüngste; es wurde gegen Ende des ersten Jahrhunderts geschrieben. Johannes fand folgende Situation vor: Die ersten drei Evangelien und damit die historischen Erzählungen über Jesus waren bereits bekannt. Allerdings führte die zu diesem Zeitpunkt noch vielerorts mündliche Überlieferung bereits zur Entstehung von Irrlehren über den christlichen Glauben. Junge christliche Gemeinden mischten das reine Wort der Verkündigung mit Aussagen und Personen ihres alten Götzen-Glaubens. Johannes will daher mit seinem Evangelium die reine Lehre von Jesus Christus, seinem Wort und Werk, abgrenzen von den sich ausbreitenden pseudo-christlichen Sekten. Um das Johannes-Evangelium zu verstehen ist es daher nützlich, wenn man schon eines der ersten drei Evangelien kennt. Anfänger werden sich mit diesem Evangelium schwertun, sofern sie nicht als Mystiker geboren wurden. Fangen wir an:

Johannes 1, 1-18 >>