2. Korinther 10 + 11 (25. – 29. September)

Es war bereits im letzten Brief angeklungen und auch vorangegangene Äußerungen in diesem Brief zeigen, dass das Problem immer noch vorhanden ist: In der Gemeinde gibt es einen Führungsstreit. Offensichtlich gibt es in Korinth Personen, die sich – mit Hinweis auf eigene Leistungen – als Hirten aufspielen und den „fernen Paulus“ aus dem Spiel zu reden versuchen. In den Kapiteln 10 und 11 geht Paulus nun explizit auf dieses Problem ein. Dabei vergleicht er in Kapitel 11 beispielhaft sein Wirken mit dem der falschen Apostel, um den Unterschied deutlich zu machen.

Paulus stellt hier unmissverständlich richtig: Er ist von Gott zum Apostel berufen und zu ihnen als Missionar geschickt worden. Für sie heißt das: Er hat die göttliche Vollmacht und er führt die Gemeinde. Seine Aufgabe ist es, alle in der Gemeinde im Glauben zu stärken, so dass der Glaube von diesem Punkt aus weiter in die Welt vordringen kann. Wenn er nach Korinth zurückkomme, werde er dies auch diesen selbsternannten Hirten sehr deutlich mit der ihm verliehenen Vollmacht klarmachen. Er werde auch nicht davor zurückschrecken, sich Mitläufer entsprechend zur Brust zu nehmen, wenn das dann noch nötig sein würde. Natürlich hofft er darauf und betet darüber, dass die Korinther selbst zur Einsicht kämen.

„Wer nicht gegen uns ist, der ist für uns“ (Mt 10, 42)

Warum hängt hier Paulus also den Chef raus? Sollte er sich nicht eher darüber freuen, dass die Gemeinde beginnt auf eigenen Füßen zu stehen? Hier ist jetzt eben das Problem, dass wir die genaue Situation vor Ort nicht kennen. Wir wissen nicht was diese „Anführer“ im Einzelnen predigen und lehren. Wenn Paulus sich über diese aber so aufregt, heißt das auf jeden Fall, dass diese nicht das Evangelium zum Ruhm des Herrn predigen. Ihnen muss es um Selbstdarstellung gegangen sein; aus den Äußerungen des Paulus kann man entnehmen, dass sie sich mit fremden Federn schmückten. Wahrscheinlich stellten sie die Entwicklung also so dar, dass im Grunde sie die Gemeinde gegründet hätten. Vielleicht hatten sie Geld gegeben oder Gebäude für Versammlungen zur Verfügung gestellt, mit ihren Mitteln das materielle Wachstum der Gemeinde gefördert und leiteten nun daraus gewisse persönliche Ansprüche ab. Vermutlich hielten sie ihre Zuwendungen für wichtiger als das Evangelium selbst und meinten nun Einfluss auf die geltenden Regeln und weitere Entwicklung nehmen zu können. Hinweise darauf, dass Paulus mit dieser Entwicklung nicht einverstanden sei, verwarfen sie mit dem Hinweis: „Der ist doch nie da und was hat er schon für euch getan, außer zu reden? Ich dagegen, habe euch viel Gutes getan.“

Es ist diese Art der „Selbstempfehlung“ gegen die Paulus hier vorgeht. Der Job der Hirten, der von Gott eingesetzten Führer, ist die Verkündigung des Evangeliums. Ganz eindeutig und unmissverständlich hat Paulus diesen Auftrag erhalten. Ihm ist Christus erschienen und hat ihn gelehrt, das ihm zu diesem Zeitpunkt bereits bekannte Wort Gottes im Hinblick auf das in Christus offenbar gewordene Evangelium in den Prophezeiungen und den Geschichten des Alten Bundes zu erkennen. Er verkündet was er weiß, was ihm offenbart wurde, welche Erkenntnis ihm geschenkt wurde. Er empfiehlt sich nicht selbst, er empfiehlt Gott und darin erkennt man den von Gott persönlich empfohlenen Apostel. Der Apostel demütigt sich selbst unter den Willen Gottes, denn er weiß, dass alles, was er bewirkt ihm von Gott gegeben wurde zu bewirken.

Selbst ernannte Führer, stellen ihr Wirken in den Vordergrund und leiten daraus ihre Rechtfertigung vor der Gemeinde und vor Gott ab. Selbst ernannte Führer stellen die von ihnen gemachten Regeln über das Wort und die Macht Gottes, sie lehren, dass ihre Regeln und das Wort Gottes ein und dasselbe seien, d.h., dass das Wort Gottes nur so verstanden werden darf, dass es zu ihren Regeln passt.

Dass ein solches Verständnis von Dienerschaft auf Dauer in die Irre führt und die Herde Gottes letzten Endes nicht sammelt, sondern zerstreut, erleben wir heute. Paulus warnte die Korinther schon vor 2000 Jahren vor genau dieser Entwicklung.

„Der Größte unter euch soll euer Diener sein.“ (Mt 23,11)

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