1. Samuel 7 (12. August)

„Wenn ihr von ganzem Herzen zu dem HERRN zurückkehren wollt, dann tut die fremden Götter und Astarten aus eurer Mitte und richtet euer Herz zu dem HERRN und dient ihm allein“ (1 Sam 7, 3)

Die Bewohner von Kirjat-Jearim zeigen Verantwortung, so gefällt es Gott! Sie schicken Menschen, die die Bundeslade abholen und ins Haus von Abinadab bringen.

Es wird bis heute viel gerätselt, ob es sich hier um Leviten handelte, denn eigentlich waren ja nur die berechtigt, die Bundeslade zu berühren oder gar zu transportieren. Dass es so war, ist allerdings unwahrscheinlich, denn Gott hatte ja sieben Monate zuvor den Vertrag mit den Leviten mit lautem Knall für alle Zeit gekündigt.

Andererseits hatte inzwischen ja auch Samuel als Prophet quasi durch die Hintertür den Job Elis kommissarisch übertragen bekommen, auch wenn es in den letzten Monaten mangels Bundeslade nicht viel zum Hüten gab. Gott hatte also das bis dahin geltende Kirchenrecht ohnehin schon per Reform der aktuellen Situation angepasst, die Frage des Amtspriestertums und des Tempeldienstes war daher im Moment offen. Auch wenn es nicht erwähnt wird, erscheint es mir daher wahrscheinlich, dass hier ein anderes Verfahren zu Zuge kam, das zur Zeit des Alten Bundes gebräuchlich war, wenn man die Meinung Gottes erfahren wollte: das Los. Nehmen wir also an, dass Gott durch Losentscheid die Bürger von Kirjat-Jearim zum Transport der Bundeslade berechtigte und ebenso Abinadab zur Aufbewahrung derselben.

Dann geschieht 20 Jahre lang nichts mehr.

Aus der weiteren Beschreibung kann man sogar schließen, dass sich das Volk ganz von ihrem Gott abgewandt und den Götzen der Region zugewandt hatte, denn nach dieser Zeit entdecken die Juden plötzlich die Liebe zu ihrem guten alten Gott wieder und fragen Samuel, wie man mit dem wieder ins Geschäft kommen könne.

Die Antwort ist eindeutig: Vernichtet die Götzen, die ihr anbetet. Wenn ihr zu Gott umkehren wollt, dann ganz und endgültig.

Die Israeliten gehorchen und schaffen alle Götzenbilder weg. Am Tag, da es zum Eid bei Mizpa kommen soll, sehen die Philister eine Chance, ihrem feindlichen Nachbarn mal wieder eine mitzugeben und blasen zum Angriff. Doch Gott erhört das Flehen seines Propheten Samuel und steht seinem Volk bei, das die Angreifer vernichtend schlägt. Sogar bisher besetzte Gebiete können zurückerobert werden.

Man fragt sich, warum Gott, der ja sicher wusste, dass die Umkehr zu ihm wieder nur verhältnismäßig kurze Zeit anhalten werde und der das einige hundert Jahre später von Jeremia beklagte Ende des Volkes Israel schon kannte, sich überhaupt darauf einließ. Man kann dies mit der Liebe Gottes zu seinem Volk begründen, von der viele Psalmen und Propheten künden. Von unserem Blickwinkel aus sieht man aber auch, dass dieser Alte Bund ja nur ein Provisorium war, der den ewigen Bund mit den Völkern Abrahams vorbereiten sollte. Israel, sein Zustand und seine Entwicklung sind Bilder für die Seelenzustände jedes einzelnen von uns, vergrößert auf ein ganzes Volk, damit wir sehen und erkennen können. Israel (ursprünglich ja auch nur eine Person) ist auf einem Weg, der über viele Hindernisse, Irrungen und Wirrungen zum Tempel nach Jerusalem (zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht existent) führt. Wir befinden uns jeder einzelne innerhalb der Gruppe, des Körpers Christi, auf dem selben Weg, wir sind auf dem Weg zum Tempel in Jerusalem, auch wenn unser Zielort das himmlische Jerusalem und der Tempel wir selbst an diesem Ort sind – wir befinden uns also bei unserem Weg mit Gott quasi auf dem Weg zu uns selbst, zu unserem wahren Ich. Aus dem Blickwinkel des ewigen, des zeitlosen Bundes mit Gott wird deutlich, dass hier – im alten Israel – neben dem Alten Bund mit dem ganzen Volk Israel natürlich im Verborgenen auch schon der Neue Bund mit jedem einzelnen am Wirken ist. Wenn sich Gott daher auf diese Dinge einlässt, obwohl das Volk als Ganzes verloren ist, so weil er tatsächlich die Menschen liebt und jeden einzelnen rettet, den er durch sein Entgegenkommen an sich ziehen kann.  

Die Umkehr der Israeliten nach dem Ruf Gottes durch Samuel zeigt uns, also der christlichen Gemeinschaft Kirche, aber auch jedem einzelnen in seinen weltlichen Gemeinschaften, wie Umkehr zu Gott auszusehen hat, damit sie wirkt: Mache dich der weltlichen Götzen bewusst, an die du dich bewusst und unbewusst gekettet hast und befreie dich von ihnen. Dann darfst du darauf vertrauen, dass Gott bei dir sein und deinen weiteren Weg segnen wird.    

Die äußerst erfolgreiche Vermittlung zwischen Volk und Gott sichert Samuel seinen Posten als Richter auf Lebenszeit.

Richter? Hatte Samuel nicht eine abgeschlossene Ausbildung zum Priester vorzuweisen? Der Verlauf dieses Kapitels macht aber deutlich, dass Israel in dieser Phase keinen Bedarf an einem Hohepriester hatte. Erst war die Bundeslade gestohlen und dann hatte sich das Volk zwanzig Jahre lang anderen Göttern zugewandt. Dagegen kommt es unabhängig vom Glauben der Menschen immer wieder zu Streitereien und die bedürfen eines Richters. Da Samuel durch seine Prophezeiungen in der Vergangenheit als offensichtlich weiser Mann bekannt geworden war, dürfte ihm die Rolle des Richters gewissermaßen zugefallen sein – er genoss größtes Vertrauen beim Volk. Als das Volk sich dann nach zwanzig Jahren doch wieder zur Umkehr zu Gott entschied, war die Rolle Samuels als Richter einfach präsenter als die des Priesters.

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