Zeitenwende – 1. Könige 1+2 (28. – 31. Juli)

Das Buch der Könige beginnt mit dem nahenden Tod König Davids. Wo gestorben wird, sind Erbschaftsstreitereien an der Tagesordnung. Daher werfen wir zunächst einen Blick auf die potentiellen Erben und finden im Buch der Chroniken:

„Das waren die Söhne Davids, die ihm in Hebron geboren wurden: Sein Erstgeborener war Amnon von Ahinoam aus Jesreel, der zweite Daniel von Abigajil aus Karmel, der dritte Abschalom, der Sohn der Maacha, der Tochter des Königs Talmai von Geschur, der vierte Adonija, der Sohn der Haggit, der fünfte Schefatja von Abital, der sechste Jitream von seiner Frau Egla. Sechs wurden ihm in Hebron geboren. Er regierte dort sieben Jahre und sechs Monate. Dreiunddreißig Jahre regierte er in Jerusalem.
Und diese wurden ihm in Jerusalem geboren: Schima, Schobab, Natan, Salomo - diese vier waren Söhne der Batseba, der Tochter Ammiëls -, ferner Jibhar, Elischua, Elifelet, Nogah, Nefeg, Jafia, Elischama, Eljada und Elifelet, insgesamt neun. Das ist die Gesamtheit der Söhne Davids, ohne die Söhne der Nebenfrauen. Ihre Schwester war Tamar.”
(1Chr 3, 1–9)

 

König David ist alt und hat sich aus der Öffentlichkeit zurückgezogen. Körperlich geht es ihm schlecht.

Sein Hofstaat möchte ihm das Leben so angenehm wie möglich machen und gibt ihm die schöne Abischag als seine private Altenpflegerin zur Seite.

In dieser Zeit packt Adonija, Sohn von Davids und Haggit der Ehrgeiz. Er will König werden und sammelt sich fünfzig Unterstützer aus dem Kreis der Vertrauten seines Vaters, darunter Joab, der Heerführer Davids, der bereits den älteren Bruder Abschalom getötet hatte und den Priester Abjatar. Er organisiert sich selbst eine Krönungszeremonie und lädt dazu alle Brüder und alle wichtigen Leute aus Juda ein, ebenso fast den gesamten Hofstaat Davids, außer natürlich jene, von denen er wusste, dass sie seinen Plan vereitelt hätten, darunter auch den Propheten und engen Berater Davids, Natan.

Dieser erfährt natürlich trotzdem davon und unterrichtet gemeinsam mit Batseba David vom Putschversuch des Strebers.

Daraufhin ruft David seine treuen zusammen, lässt – entsprechend seines Versprechens und der Vorhersage Gottes – Salomo zum König salben und in einem feierlichen Zug durch die Stadt Jerusalem inthronisieren. Schließlich erreicht die frohe Botschaft auch den Möchtegern-König Adonja. Der Coup ist misslungen und die Putschisten fliehen.

Der neue König lässt aber zunächst Gnade walten und verordnet seinem Bruder nur Hausarrest.

Als erste offizielle Amtshandlung nach dem Tod des Vaters verurteilt er dessen ehemaligen Feinde zum Tod. Durch die Säuberung des Landes von den mutmaßlichen Feinden zeigt er dem Volk, dass er ein starker König ist.

Adonija, gerade noch gegen den Schwur Ruhe zu geben begnadigt, gibt aber noch nicht auf. Durch einen üblen Plan, in den er ohne deren Wissen auch noch Batseba einspannt, versucht er durch Heirat mit Abischag, doch noch Zugang zum Königspalast zu bekommen, denn es ist anzunehmen, dass die Altenpflegerin Davids nach ihren treuen Diensten ein Wohn- und Bleiberecht im Palast erhalten hatte. Jetzt hat Salomo genug! Er lässt sowohl Adonija und mit etwas zeitlicher Verzögerung auch dessen engste Verbündete, Joab und Schimi hinrichten. Den Priester Abjatar setzt er ab und verbannt in auf dessen Gut in Anatot.

 

Die Zeichen einer „Zeitenwende”, jenem seit 2022 so oft genannten und auch strapazierten Wort. In einer Zeitenwende lösen sich die alte Strukturen und deren Ordnung auf und – auf dem Weg zu einer Neuem – entstehen Unruhen, denn die Natur menschlicher Gemeinschaften verträgt kein Vakuum. Es beginnt Gerangel um Macht und Einfluss, auch Kraftmeierei gehört zu diesem Spiel. Schon dem alters- und gesundheitsbedingten Untergang der David'schen Ordnung in Israel bringt sich der Ehrgeizigste unter den potentiellen Nachfolgern in Stellung. David lebt aber glücklicherweise noch und sorgt für eine geordnete Übergabe an den von ihm gewählten Nachfolger Salomo. Doch im nächsten Schritt räumt Salomo im seinem Land auf. Nach und nach werden alle Widersacher Davids, die damit auch Feinde des von ihm gewählten Nachfolgers würden, hingerichtet und dem Volk damit verdeutlicht: Die neue Ordnung ist bereits da und sie funktioniert.  Was wäre passiert, wenn die alten Strukturen einfach so erodiert wären ohne einen kraftvollen und energischen Wechsel an der Spitze? Israel erlebte das bei den Königen, die auf Salomo folgten. Nach und nach ging das Reich unter.

Und das ist auch das Risiko, das moderne Staaten, Regierungssysteme und zwischenstaatliche Bündnisse erleben: Macht, Einfluss und Staats- oder Bündnistreue schwinden. Menschen gewöhnen sich an das Erreichte und kümmern sich nicht mehr darum. Persönliche Verpflichtung und Verantwortungsübernahme für das große Ganze wird als lästig empfunden und immer nachdrücklicher abgelehnt. Strukturen zerbrechen, Ordnungen lösen sich auf, Egoisten und Fanatiker füllen das entstehende Vakuum. Geschwächte Regierungen versuchen mit unbequemen Maßnahmen die alten Strukturen zu erhalten, aber das Volk ist längst weitergezogen. Der Mensch ist aus sich heraus nicht aufmerksam für Dinge, die ihn nicht unmittelbar betreffen.

Und genau das ist der Grund, warum wir ohne Gott verloren sind!

Menschen, die mit Gott gehen, werden von ihm auf diese Gemeinschaft eingeschworen. Gott baut – nur für die Augen der Gläubigen sichtbar – in all dem Getümmel um uns herum eine Kirche aus für die Gemeinschaft aufmerksamen Menschen. Das ist die Lebensschule, in die er uns auf dieser Welt schickt. Wir werden ausgebildet, zu sehen, was er sieht.

„Gott sah alles an, was er gemacht hatte: Und siehe, es war sehr gut.” (1Mo 1,31)

Natürlich sieht Gott auch das Getümmel und das Elend, das auf dieser Welt – größtenteils von uns selbst durch unsere Ignoranz und unseren Egoismus ausgelöst – herrscht. Aber er kann eben weiter sehen. Er sieht, wie die Sache endet, wenn sie fertig ist. Er sieht, weil er das Ganze sieht, dass sich die Sache lohnt. Er weiß, am Ende vieler Zeitenwenden wird eine Endzeit stehen und die Struktur und Ordnung, auf die all dies zustrebt, ist perfekt. Unser Handeln ist dagegen auf den Moment und auf die persönlichen Bedürfnisse einer relativ kleinen Gruppe ausgerichtet und kann deshalb von seiner Natur her nicht nachhaltig sein. Sein Handeln war vom ersten Moment an nachhaltig, denn sein Plan realisiert sich vor seinen Augen und den Augen der Gläubigen.

Wie revolutionär würde sich unser Handeln ändern, wenn wir ihm auch bereits in dieser Welt und in diesem Leben folgten und uns seine Sicht auf die Dinge angewöhnten? Wie das geht, das hat Jesus uns vorgemacht. Nachhaltiges Handeln erfordert keine übermenschlichen Kräfte. Nichts von dem, was wir heute wissen müssen, ist noch vor uns verborgen.

Wichtig: Es ist hier nicht von einem Kirchenstaat die Rede! Diese Form von Struktur und Ordnung ist bereits im alten Israel gescheitert.

„Das Reich Gottes kommt nicht mit äußerlichen Gebärden. . . sehet, das Reich Gottes ist inwendig in euch.” (Lk 17, 21 – Lutherübersetzung).

Die erhaltende Struktur kann nicht durch Gesetze aufgezwungen werden; es ist ein Lern- und Wachstumsprozess. Bürger zu sein ist sowohl in dieser als auch in der nächsten Welt eine persönliche Haltung zu den Dingen; dazu gehört auch die Fähigkeit über den eigenen momentanen Horizont hinausblicken zu können. Im Moment zerfällt die Welt in zwei Lager: Die eine Gruppe kann aufgrund ihrer persönlichen Situation nicht über diesen Rand blicken und die andere Gruppe weigert sich. Dazwischen ein kleines Grüppchen, das Situation und Möglichkeiten erkannt hat und zum Aufbruch aufruft und das von der einen Gruppe gefürchtet und der anderen verteufelt wird. Das betrifft gleichermaßen die Nationen wie auch die Kirchenorganisationen. Und so steht still, was wir bereits hier und jetzt bewegen könnten.

Über die gegenwärtige Realität hinaus muss aber jedem Gläubigen klar sein: Diese Welt, die Bibel nennt es umfassender „Weltzeit”, endet, sie ist bereits angezählt. Wir werden uns vermutlich irgendwie aus den gegenwärtigen und auch aus vielen zukünftigen Krisen wurschteln, aber am Ende wird sich die gesamte Struktur, die uns seit Beginn der Zeit erhalten hat, auflösen und es wird ein Gerangel um die verbliebenen Trümmer losbrechen. Die Gläubigen werden bis dahin aber gelernt haben, auf den bereits jetzt ernannten König und dessen Friedensordnung zu sehen und sich daher nicht zu fürchten.

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