Markus 6, 14 – 29 (22. + 23. Januar)

Hier scheint mir die Geschichten ein bisschen durcheinander geraten zu sein.

König Herodes wird aufmerksam auf diesen neuen Prediger, der offensichtlich auch zu mächtigen Wundern fähig ist. Aber er fragt sich, ob es sich bei Jesus um den auferstandenen Johannes den Täufer handelt (Mk 6,14) ehe er diesen köpfen lässt (Mk 6, 28). Das Markusevangelium wurde vermutlich etwa 40 Jahre nach Kreuzigung und Auferstehung Jesu, also in der Nachschau geschrieben. Durch diesen Fehler im Ablauf wird nur deutlich, dass es sich hier um eine Verkündigung, einen Glaubenstext handelt, nicht um eine Chronik.

Trotzdem erfahren wir hier etwas über diesen König Herodes, den Sohn von Herodes dem Großen, der zur Zeit der Geburt Jesu regierte. Offensichtlich war Herodes neugierig und ließ herumfragen, was die Leute von Jesus hielten und da waren durchaus einige der Meinung, dass hier Gott die Finger im Spiel haben müsste. Wenn sie sogar damit rechneten, dass es sich um Inkarnationen längst verstorbener oder gar entrückter Propheten (Elia war mitten auf dem Feld im Beisein seines Schülers in den Himmel emporgehoben worden) handelten, so hatten diese wohl auch den Verdacht, dass das Gericht Gottes näherkommen würde, denn das Auftauchen alter Propheten wurde für diese Phase erwartet.

Da Teil dieses Glaubens aber auch war, dass am Ende des Gerichts durch Gott das alte Israel wiederhergestellt würde, dürfte diese Annahme einem Günstling Roms, also König Herodes, sicher einiges Unbehagen verursacht haben.

Trotzdem hielt er Johannes den Täufer im Kerker fest, vermutlich wusste er aber nicht so recht, was er mit ihm tun sollte. Natürlich konnte er den Kerl, der in aller Öffentlichkeit verkündete, dass der König in Sünde lebte, nicht frei rumlaufen lassen. Das wusste zwar eh jeder, aber den öffentlichen Vorwurf zuzulassen, wäre ihm sicher von den Römern als Zeichen der Schwäche ausgelegt worden. Andererseits würde sich die Hinrichtung eines Vorboten des göttlichen Gerichts (offensichtlich waren ja Jesus und Johannes irgendwie im selben Team), bei eben jener Veranstaltung überhaupt nicht gut in seiner Strafakte machen. So behielt er ihn im Kerker, hörte ihm aber auch gerne zu, wenn dieser nicht grade von der sündhaften Ehe von Herodes und Herodia sprach. EInfach mal nach beiden Seiten offenhalten ...

Es zeigt sich hier aber, dass sich der Aufenthalt im Niemandsland der Sünde früher oder später rächt, d.h., Gott führt dich an den Punkt, wo du dich entscheiden musst. Hier geschieht das bei einer feuchtfröhlichen Geburtstagsparty in der ihm seine Stieftochter, die dem leicht angesäuselten König durch eine grandiose Erotikshow die letzten im Alkoholdunst verbliebenen Sinne raubt, ein Versprechen abluchst, in dessen Folge er Johannes den Täufer köpfen lassen muss um vor den Gästen nicht blöd dazustehen.

Dadurch stirbt Johannes vor Jesus und wird zum letzten und größten Propheten des Alten Bundes. Das war vermutlich nicht der Plan des Königs, aber der Plan Gottes.

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