Markus 9, 1 – 13 (2. Februar)

„Und er sprach zu ihnen: Wahrlich, ich sage euch: Es sind einige unter denen, die hier stehen, die den Tod nicht schmecken werden, bis sie das Reich Gottes in Kraft haben kommen sehen!“ (Mk 9,1)

Dieser Satz wird von Kritikern oft herangezogen, um das Wort Gottes als frommes Märchen zu entlarven. Sie verstehen den Satz so, dass Jesus hier ankündigte, dass das Jüngste Gericht und damit das Reich Gottes binnen kürzester Zeit, also innerhalb der nächsten 30 bis 50 Jahre anbrechen werde. Da dies nicht geschah, sei doch die Bibel und die Sache mit dem Messias gründlich widerlegt. Die Aussage Jesu genau so zu verstehen liegt natürlich nahe und sicherlich haben auch viele der Apostel selbst den Satz so interpretiert. Dennoch ist es zu kurz gesprungen, denn selbst Moses, König David und viele der nach David lebenden Propheten sahen zu ihren Lebzeiten das Reich Gottes in Kraft kommen, ebenso Paulus, Stephanus, die Apostel und viele der Jünger Christi in der Zeit ab Pfingsten. Es ist nämlich der Moment, wenn sich Gott dir offenbart, wenn du seine Gegenwart in deinem Leben ganz bewusst und kraftvoll wahrnimmst. Du spürst dann die Kraft Gottes, die in dich strömt und von einem Moment auf den anderen umwandelt. Danach bist du ein neuer Mensch und kannst mit dieser Erfahrung nicht mehr zurück in dein altes Leben. Vor diesem Zeitpunkt lebtest du ganz in dieser Welt, danach wohnst du hier nur noch.

„Als er aber von den Pharisäern gefragt wurde, wann das Reich Gottes komme, antwortete er ihnen und sprach: Das Reich Gottes kommt nicht so, dass man es beobachten könnte. Man wird nicht sagen: Siehe hier!, oder: Siehe dort! Denn siehe, das Reich Gottes ist mitten unter euch.“ (Lk 17, 20+21)

Ich bin absolut sicher, dass sich unter den Besuchern dieser Seite Menschen befinden, die das Reich Gottes in ihrem Leben bereits erfahren haben, den anderen wünsche ich die Bereitschaft dazu.

Dieser erste Vers führt zugleich in die nachfolgende Erzählung ein. Jesus führt Petrus, Jakobus und Johannes auf einen Berg und dort erleben sie seine Verklärung, das heißt, sie sehen die Herrlichkeit die durch das menschliche Äußere von Jesu verdeckt ist. Sie sehen dort ebenso Moses und Elia, die sie ja eigentlich tot glaubten. Während sie erstarrt staunen spricht eine Stimme vom Himmel zu ihnen:

„Dies ist mein geliebter Sohn; auf ihn sollt ihr hören!“ (Mk 9,7)

Die drei haben nicht weniger erlebt, als den Anbruch des Reiches Gottes in ihrem Leben. Das Evangelium des Johannes und seine Briefe lassen erahnen, dass der junge Mann über die Jahre wirklich begriffen hat, was er an diesem Tag gesehen und erlebt hatte.

Als die vier wieder vom Berg herabsteigen, gebietet Jesus seinen Begleitern über das eben Erlebte im Moment noch zu schweigen. Offensichtlich war es dafür gedacht, dass sie spätere Ereignisse besser in ihrer vollen Tragweite begreifen können, es war nicht Teil des aktuellen Lehrgangs dieser Predigerrundreise durch Israel.

Wir befinden uns aber 2000 Jahre nach diesen Geschehnissen, uns ist bereits das ganze Evangelium verkündet, daher können wir dieses Bild noch etwas näher betrachten.

Neben Jesus stehen Moses und Elia, das schließt verschiedene Dinge ein und andere aus. Es schließt ein, dass es ein Leben nach dem (irdischen) Tod gibt, denn ganz offensichtlich leben Moses und Elia, sonst könnten sie sich nicht mit Jesus unterhalten. Dieses Leben bricht auch ganz offensichtlich nicht erst in einer fernen Zukunft an, einem im Kalender fixierbaren Tag, „Jüngster Tag“ genannt. Es bricht an, wenn das irdische Leben endet, denn Moses war nach einem langen Leben ganz normal gestorben und von Gott persönlich begraben worden. Die Bibel berichtet in Dtn 34,5-6 davon.

Die Unterhaltung der dreien zeigt auch, dass hier die Grenzen der Zeit überwunden sind, wir erleben das Leben in der Ewigkeit – aus dem Jesus offensichtlich kommt, denn sonst könnte er nicht gleichzeitig hier und dort sein. In diesem Geschehen ist also die Zusage enthalten: Die Ewigkeit ist real. Auch wenn Petrus, Jakobus und Johannes die Ewigkeit hier nicht berühren, sondern nur als Außenstehende betrachten können, so sind sie doch für einen kurzen Moment spürbar Teil dieser Ewigkeit, d.h., sie erhalten damit die Möglichkeit, sich auch danach als Teil dieser Ewigkeit zu begreifen. Ausgeschlossen wird dagegen die Vermutung vieler, dass Jesus ein wiedergeborener Prophet sei. Jesus ist der Sohn Gottes, wie die Stimme vom Himmel bezeugt, aber die Knechte Gottes, Moses und Elia, reden mit ihm wie Gleichgestellte. Es ist für den Gläubigen zu begreifen, dass Gott uns zu sich hochhebt, wir dürfen ihm aufrecht stehend begegnen, aber wir müssen uns dann auch der Verantwortung bewusst sein, die in dieser Gleichstellung steckt.

Noch schwerer ist für uns zu begreifen, dass wir selbst aus dieser Ewigkeit kommen!

„Ich habe dich schon gekannt, ehe ich dich im Mutterleib bildete, und ehe du geboren wurdest, habe ich dich erwählt, um mir allein zu dienen.“ (Jer 1,5)

Gewiss, Gott sagt dies hier dem Propheten Jeremia, doch Gott hat uns zu seinen Kindern gemacht. Unser inneres, ewiges Wesen ist göttlicher, ewiger Natur, gewissermaßen ummantelt von einem gezeugten, vergänglich biologischen Körper. Paulus beschreibt den menschlichen Körper immer wieder als Zelt (er war Zeltmacher) oder Gewand. Während wir also hier „in der Fremde“ wandeln, wirken und reifen, sind wir die ganze Zeit ein Teil dieser Ewigkeit, die Petrus, Jakobus und Johannes hier bildhaft und geradezu schockiert erleben. Auch vor dem Erscheinen Jesu waren die Menschen Teil dieser Ewigkeit, aber erst durch das Erlösungswerk Jesu wurden wir ihr wieder teilhaftig, d.h., wir können den uns dort seit Anbeginn der Zeit angestammten Platz wieder einnehmen. Wie ich einmal in einer Predigt hörte: „Seit der Auferstehung Jesu ist das Reich der Toten leer.“

Wir sind Kinder Gottes, Bürger in seinem Reich. Wir können dort jederzeit ein- und ausgehen, wie es uns gefällt – wenn wir uns darauf einlassen.

„Ich bin die Tür. Wenn jemand durch mich hineingeht, wird er gerettet werden und wird ein- und ausgehen und Weide finden.“ (Joh 10,9)

Wir müssen nur Gott bitten und bereit sein, verändert zu werden. Wir müssen bereit sein zu einem anderen Sehen und einem anderen Hören, als es uns die Welt lehrt.

Bliebe noch zu klären, was es mit der Wiederkunft von Elia auf sich hat. Es war den Juden überliefert worden, dass Elia wiederkommen müsse, ehe sich die Schrift erfüllt und Jesus sagt, dieser Elia sei bereits da gewesen und man hätte ihn umgebracht. Hier hilft uns Lukas weiter.

Der Engel des Herrn verkündet Zacharias über dessen zukünftigen Sohn Johannes, den man später „den Täufer“ nennen wird: „Und er wird vor ihm [vor dem Messias] hergehen im Geist und in der Kraft Elias, um die Herzen der Väter umzuwenden zu den Kindern und die Ungehorsamen zur Gesinnung der Gerechten, um dem Herrn ein zugerüstetes Volk zu bereiten.“ (Lk 1,17)

Wir sollten uns stets bewusst sein, dass der Geist Gottes weht wo (in wem) er will, d.h., Gott erweckt seine Gesandten wann und wo er es für angemessen hält und das Beispiel Johannes zeigt, dass die Gläubigen für Gottes Entscheidungen und sein Eingreifen oft blind sind.

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