Markus 10, 1 – 27 (6. + 7. Februar)

„Wahrlich, ich sage euch: Wer das Reich Gottes nicht annimmt wie ein Kind, wird nicht hineinkommen!“ (Mk 10,15)

Das Gesetz (Alter Bund) und die Gnade (Neuer Bund) stehen im Mittelpunkt dieses Abschnittes. Noch immer versuchen die Pharisäer Jesus als falschen Propheten zu entlarven, der das Gesetz nicht kennt oder zumindest nicht anerkennt. Heute fragen sie ihn, wie er es denn mit der Scheidung halte, die Moses im Gesetz legalisiert hatte.

Jesus macht hier deutlich, dass es ein älteres Gesetz gibt, das im ersten Buch Mose geschrieben steht: Wenn Mann und Frau heiraten, so verbindet sie Gott. Es ist mehr als ein Segen fürs gemeinsame Kinderkriegen. Sie sind vor Gott „ein Fleisch“ und damit (vor Gott) auch nicht mehr zu trennen. Die nachträglich eingefügte Scheidungsoption sei nur eine Erleichterung, weil Gott die harten Herzen der Menschen kennt und hier mal ausnahmsweise einen Kompromiss zuließ. Den Jüngern aber macht Jesus später klar: Es gibt keinen Kompromiss. Wer die Ehe auflöst, um eine andere einzugehen, der begeht Ehebruch. Es ist wichtig, diese Aussage richtig einzuordnen. Ehebruch ist natürlich eine Sünde, doch Jesus hat bereits erklärt, dass Gott in seiner Gnade, jede Sünde vergeben wird, außer die Sünde gegen den Geist. Wer also Ehebruch begeht, begibt sich ganz in die Hände und in die Gnade Gottes – und er wird diese Gnade auch erhalten, wenn er aufrichtig darum bittet. Eine Sünde gegen den Geist wäre es dagegen, wenn der Mensch sich seiner Schwäche vor Gott nicht bewusst machen würde, wenn er sein Versagen nicht als solches wahrnähme und sein Verhalten als beispielhaft, vielleicht sogar vorbildhaft für andere betrachtete. Gott verzeiht uns unser Versagen, wenn wir ihn darum bitten; er kann uns aber nicht verzeihen, solange wir nicht einsehen, dass uns etwas verziehen werden muss.

Einem jungen Mann, der Jesus fragt, wie man ins Reich Gottes komme, erklärt dieser, er müsse die Gebote einhalten. Da ist sich der Mann absolut sicher, dass er das bereits tut und wir lesen: „Da blickte ihn Jesus an und gewann ihn lieb“ (Mk 10,21). Im nachfolgenden Satz erkennen wir aber, dass es sich nicht um Liebe aus Überzeugung, einen aus eigener Kraft geretteten Menschen vor sich zu haben, handelt. Nein, Jesus hält diesen Jüngling für würdig eine Privatlektion von ihm zu erhalten:

„Eines fehlt dir! Geh hin, verkaufe alles, was du hast, und gib es den Armen, so wirst du einen Schatz im Himmel haben; und komm, nimm das Kreuz auf dich und folge mir nach!“ (Mk 10,21)

In diesem Moment wird dem jungen Mann bewusst, dass er – egal, wie sehr er sich an die Gebote hält – keine Chance auf den Einzug ins Reich Gottes hat und er zieht traurig von dannen. Ich denke, Jesus gewann den Mann lieb, weil er erkannte, dass dieser über die Lehre, die er ihm hier erteilte, später noch nachdenken würde.

Gleichzeitig war er natürlich ein weiteres leuchtendes Beispiel für die Jünger, wie es nicht funktioniert. Wer sein Herz an weltliche Güter kettet, der ist an die Welt gekettet. Die Befreiung durch Gott bleibt ohne Wirkung, solange wir uns selbst binden. Das ist ein schwieriger Weg, wie die Lehren aus den Brotwundern schon zeigten.

Aus eigener Kraft können wir diese Herausforderung nicht meistern, wie die Jünger hier traurig feststellen, doch Jesus beruhigt sie: Ihr müsst das nicht selber schaffen, Gott wird euch dabei helfen, wenn ihr das wirklich wollt.

Und so ist auch die Aussage zu verstehen, dass nur Menschen, die das Reich Gottes wie ein Kind annehmen, dort hineingehen werden: Kinder gehen im Spiel ganz auf in ihrer eigenen Welt. Sie sind dann völlig unbeschwert; die Welt „da draußen“ verschwindet, spielt keine Rolle mehr – Kinder in ihrem Spiel sind völlig frei. Wir müssen uns bewusst machen, dass das Reich Gottes unsere Welt ist. Wir dürfen ganz unbeschwert von den weltlichen Lasten und Fesseln, wie Kinder, in diese unsere Welt eingehen; gleichzeitig geht es aber auch nicht anders, denn wir dürfen uns ja hier nicht anbinden, müssen frei für unsere Welt sein. Auch als Söhne und Töchter, als Erben Gottes dürfen wir in seiner Gegenwart, in der Gegenwart unseres himmlischen Vaters, Kinder sein und bleiben, die die Welt "da draußen" einfach ausblenden. Wir sollten den Mut aufbringen, dieses Privileg auch zu nutzen. Na, vielleicht braucht es ab und zu auch etwas Übung.

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