Aufstieg und Fall – 1. Könige 9 – 11 (16. – 22. August)

„Woran du aber dein Herz hängst, das ist dein Gott.” (Martin Luther)

Unter dem Segen Gottes blüht und gedeiht Salomos Israel und sein Ansehen und seine Macht wachsen Jahr um Jahr. Selbst die Königin von Saba erstarrt vor Staunen vor der Weisheit des Königs und sie anerkennt die Größe seines Gottes, der wohl mächtiger sei als alle anderen Götter der Erde. Beständig zunehmende Macht und Einfluss und vor allem grenzenloser Reichtum haben jedoch verheerenden Einfluss auf Demut und Gottesfurcht des Königs. Salomo leistet sich alles, was man mit Geld kaufen kann und kein Weiberrock ist vor dem König sicher. Die Bibel berichtet von einem gewaltigen Harem aus Frauen, Nebenfrauen und Geliebten aller Kulturen und Religionen im Einflussbereich Israels; seine Hauptfrau, die Tochter des ägyptischen Pharao bildete nur den Anfang. Schließlich fängt er an, den fremden Göttern seiner Frauen Altäre zu errichten und er opfert diesen Göttern sogar.

Auch wenn Salomo nie bewusst seinem Gott abschwört, wird hier deutlich, dass er sich von diesem abgewandt hat, denn er versagt bereits beim ersten Gebot:

„Du sollst keine anderen Götter neben mir haben.” (Ex 20,3)

Und wir haben bereits gelernt: Das Gesetz Gottes kann man nicht größtenteils erfüllen; man erfüllt es in jedem einzelnen Punkt mit ganzer Kraft und von ganzem Herzen oder man bricht es! Salomo bricht den Bund mit seinem Gott, indem er Götter neben diesem anbetet. Das sind vielleicht nicht einmal die Götter denen er opfert, vielleicht opfert er diesen nur aus Liebe zu seinen Frauen – aber, nach Martin Luther, sind damit wahlweise die fremden Götter oder aber seine Frauen an die Position Gottes getreten, machen Gott die exklusive Poolposition streitig.

Und was macht Gott?

Wir lesen, dass Gott Salomo die Freundschaft kündigt. Sein Reich soll, sobald sein Sohn König wird, an seinen Knecht (etwas später erfahren wir, es ist Jerobeam) gehen, bis auf ein Stamm, der soll in den Händen der Blutlinie Davids bleiben. Laut Prophezeiung soll der Messias aus dieser Blutlinie kommen, daher muss die davidsche Königslinie auch erhalten bleiben. Doch ohne Gottes Schutz und Schirm gewinnen Widersacher Salomos zunehmend an Einfluss; selbst ehemalige Widersacher Davids beschließen nun plötzlich, sich am Sohn zu rächen. Wir lesen „Gott erweckt Salomo Widersacher”, letzten Endes scheint es aber so zu sein, dass bestimmte Menschen falschen, nur auf irdische Statussymbole beruhenden Glanz erkennen, wie die blassen Sonnenstrahlen kurz vor einem Wetterumschwung.

Und noch etwas unternimmt Gott. Er spricht nicht mehr durch Salomo, er schickt wieder Propheten zur Verkündigung seines Ratschlusses. Den Anfang bildet Achija, der Jerobeam den Ratschluss Gottes mitteilt, dass ihm nach dem Tod Salomos der größte Teil des Reiches zufallen soll.

Nach 40 Jahren Regentschaft stirbt Salomo.

In diesen Tagen lernen wir, dass Demokratie kein Geschenk ist, das sich selbst erhält. Wir müssen ständig aufmerksam und auf der Hut sein. Wenn Demokratie einfach so nebenher mitläuft, so wird sie immer schwächer, bis Widersacher sie uns wegnehmen.

Mit Glaube und Gottesfurcht ist es ganz genauso! Sie brauchen unsere ständige Wachsamkeit. Gerade wenn Gott unser Leben und unsere Arbeit segnet und wir „im Flow” sind, gerade dann sind wir anfällig. Gerade wenn alles läuft, wenn wir frei über unseren Weg entscheiden können, gerade dann lohnt sich der Blick auf das erste Gebot, gerade dann ist es wichtig zu fragen:

  • „Woran hängt mein Herz?”
  • „Was erfüllt mich?”

Salomo war erfüllt von dem Licht und Glanz, der von seiner Königswürde ausging, von der ihm entgegengebrachten Bewunderung und sein Herz hing an seinen Frauen. All dies war an die Stelle seines Gottes getreten.

Wenn dein Herz an irgendetwas in der Welt hängt, erkenne an Salomo, dass es dir genommen werden wird – spätestens mit deinem Tod. Wenn du über deinen Tod hinaus planst, dann plane immer zuerst mit Gott. Er sagt, er duldet keine Konkurrenz neben sich. Tatsache ist aber auch: All das Weltliche taugt nicht für die nächste Welt.

Diese Kapitel enthalten aber auch eine Warnung an alle kirchlichen Institutionen und deren Amtsträger! Der König Israels war eine von Gott eingerichtete Institution. Gott hatte ihm bei sich selbst geschworen, immer an seiner Seite zu sein und alle seine Unternehmungen zu segnen, SOLANGE Salomo seinem Gott treu bliebe – und in dieser herausgehobenen Stellung als Institution ist eine exklusive Beziehung unverzichtbar, denn die Institution steht sinnbildlich für die Beziehung zwischen Volk und Gott.

Nachdem Gott sein Urteil über den untreu gewordenen Salomo gesprochen hat, liest man nichts über eine Umkehr des Königs. Offensichtlich war Salomo also zu dieser Zeit nicht mehr aufmerksam gegenüber seinem Gott. Vermutlich liefen die Amtsgeschäfte sogar unverändert weiter, wahrscheinlich waren auch weiterhin die Tempelfeste absolute Highlights zu denen die Massen hinströmten und den weisen Worten des Königs lauschten. Sie achteten nur auf den äußeren Schein und erfreuten sich an der strahlenden, glitzernden Scheinheiligkeit ihres Regenten. Auch für sie war der Glaube über die Jahre ein (scheinbar) unveränderliches, ewiges Ritual geworden. Und umgekehrt wiederum gefiel sich der König in diesem Glanz, er bemerkte vermutlich gar nicht, dass Gott längst aufgehört hatte, mit ihm zu reden … bzw. er aufgehört hatte, seinem Gott zuzuhören.

Gott ist auf die Menschen nicht angewiesen, erst recht nicht auf einen einzelnen!

Wenn sich die Institution nur noch um sich selbst dreht, sich quasi zu ihrem eigenen Gott macht, dann sucht Gott sich Menschen am Rande oder sogar außerhalb der Institution, die bereit sind zuzuhören, und spricht zu diesen; hier ruft er Achija zum Propheten. Wenn Gott anfängt, neue Propheten zu rufen, dann bricht eine Zeit des Umbruchs an – das ist auch der Grund, warum die Israeliten im weiteren Verlauf so viele ihrer Propheten umbrachten. Propheten werden geschickt, uns die liebgewordenen, falschen Götter, die wir uns gemacht haben, wegzunehmen. Propheten rufen radikal zur Umkehr zu dem einen Gott; sie greifen damit genau jene Dinge an, an denen wir uns festhalten (wenn wir uns nicht mehr an Gott festhalten). Ganz natürlich wehren sich dagegen die von Gott entmachteten Institutionen, ihre Amtsträger und deren Gläubige. Achija ist hier der erste in dieser Reihe, eine einzelne Stimme, und der von Gott bereits begonnene Umbruch ist zu diesem Zeitpunkt noch nicht sichtbar, weshalb auch der Prophet noch unangetastet bleibt. Nach dem Tod Salomos wird das Leben der Propheten in den folgenden Wirren und Unruhen und dem zunehmenden Zerfall des Landes und der damit einhergehenden Erosion der Macht der Könige gefährlicher.

Seit Gott seinen Geist direkt in jeden Menschen gibt, der bereit dazu ist, haben Institutionen nicht mehr dieselbe Bedeutung wie damals. Die ganze Kirche Christi ist heute ein Volk von Priestern und Propheten; so funktioniert Demokratisierung bei Gott! Gleichzeitig sind die Erosion von Glanz und Macht der Institutionen und ihrer Amtsträger und deren Reaktion auf die Entwicklung, sowie das krampfhafte Festhalten an „ewig gültigen Ritualen” aber sichere Zeichen, dass in unseren Tagen wieder Propheten sprechen, deren Aussagen bei den Richtigen Furcht und Schrecken auslösen.

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