Einer von uns - 2. Mose 1 – 2 (1. + 2. Januar)

Wie Jona ist auch Mose ein Prototyp. Wir, die wir von Gott auserwählt, Teil seines ewigen Planes sind, können uns in Mose wiedererkennen. Nicht jeder von uns wird freilich ein Volk aus der Hand der Unterdrücker befreien, aber jeder von uns hat einen Auftrag und jedem von uns steht irgendwann ein Auszug bevor, ein Moment, in dem das alte Leben endet, ein Leben, in dessen Zentrum das eigene Ich, die Existenz und deren Bewahrung stand, ein Leben in welchem uns die Notwendigkeiten des Überlebens den nächsten Schritt diktierten.

Dieses alte Leben wird ersetzt durch ein Leben von und mit Gott, der dann das Zentrum bildet. Die Notwendigkeiten der irdischen Existenz verschwinden dadurch natürlich nicht, aber das wachsende Vertrauen auf Gott gibt uns Hoffnung und Zuversicht, befreit uns auf diese Weise von den bisherigen Fesseln.

Mose wird in eine Welt geboren, die Menschen wie ihm keine Chance gibt. Die Hebräer leben seit vielen Generationen in Ägypten, sie sind aber auch nach 400 Jahren immer noch anders als die Einheimischen, werden von diesen als Fremdlinge, ja sogar als Bedrohung wahrgenommen. Daher beschließt die Leitkultur - hier repräsentiert durch den Pharao - die Fremdlinge zu bekämpfen. Der Pharao gibt Befehl, alle männlichen Nachkommen der Israeliten zu töten.

Durch eine verzweifelte Tat seiner Mutter überlebt Mose jedoch, mehr noch, steigt zum Prinzen auf und wächst sogar als Kind mit der Liebe und dem Glauben der eigenen Mutter auf, die als Amme engagiert wird.

Auf diese Weise wird Mose ein Kind beider Welten.

Als junger Mann erschlägt Mose aber einen brutalen, ägyptischen Aufseher - da Mose dieses Buch vermutlich selbst geschrieben hat, erfahren wir, dass es sich um keine Tat im Affekt, sondern um einen durchaus geplanten Mord handelt - und muss alsbald in die Wüste fliehen.

Dort heiratet er Zippora, die Tochter eines nomadischen Priesters und wird Vater von Gerschom.

Er gewöhnt sich an das neue Leben als Ziegenhirte und bekommt es so vermutlich gar nicht mit, als die Regierung in Ägypten durch den Tod des Pharaos wechselt und sich so neue Möglichkeiten ergeben. Gott entgeht das aber natürlich nicht.

Das Leben eines jeden Kindes Gottes beginnt im Grunde auf genau dieselbe Weise, auch wenn die Lebensumstände in unserem reichen, freien Land dies gerne verschleiern. Wir werden in eine feindliche Welt hineingeboren. Die Werte, die Gott tief in unsere Herzen gelegt hat, vertragen sich nicht mit den Werten dieser Welt, vom ersten Tag an kämpft das Kind Gottes in uns ums Überleben. Es hängt vom Geschick und Willen unserer Eltern und der Personen, die Einfluss auf unsere Erziehung nehmen ab, wie sich dieser göttliche Keim in uns entwickelt. Nur wenige Kinder dieser Welt haben dabei das Glück, in Wohlstand und Sicherheit aufzuwachsen. Aber alle Kinder lernen früh, sich – entsprechend ihrer Möglichkeiten – mit den Notwendigkeiten des Überlebens auseinanderzusetzen. Es geht darum, sich einen Platz in dieser Welt zu sichern und dafür muss mit den Regeln dieser Welt gearbeitet werden; zumeist (hoffentlich) den ethisch sauberen, manchmal aber auch mit den anderen.

Schließlich erreichen wir irgendwann unseren Platz im Leben, die Glücklichen den Platz in der Sonne, die weniger Glücklichen einen weniger luxuriösen Platz, mit dem sie sich arrangieren müssen. Die Welt kennt das Ansehen der Person und macht auch Gebrauch davon.

Mose flieht in die Wüste, fällt aber auf die Füße. Wenn auch anders, als wahrscheinlich noch vor der Flucht von ihm erwartet, gründet er eine Familie in einem angesehenen Haus und hat sein Auskommen. Dass sein Schwiegervater ein Priester ist, ermöglicht auch dem moralisch tief gefallenen Mose Verbindungen zur spirituellen Welt. Wir befinden uns hier ja vor der Zeit des Bundes am Berg Sinai; der Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs war zu jener Zeit noch ein Stammesgott und dürfte von Sippe zu Sippe unterschiedlich wahrgenommen und auch angebetet worden sein.

Doch die Wüste ist ganz offensichtlich ein Bild für Verbannung, für sich „nicht am richtigen Ort befinden“.

Das ist der Ort, an dem sich jedes Kind Gottes irgendwann befinden wird, wenn es feststellt, dass sich Träume und Pläne zerschlagen haben. Genau wie Mose beginnen wir uns dann in der neuen Situation einzurichten. Das Leben geht weiter, wie man so schön sagt.

Und vielleicht plätschert unser Leben dann tatsächlich eine Zeit lang ziellos vor sich hin. Zwar ist immer irgendeine Entwicklung da, die Zeit bleibt ja nicht stehen, aber in der Entwicklung als Kind Gottes ist Stillstand eingetreten, obwohl Gott – bei Mose in der Gestalt des Schwiegervaters – unbemerkt auf Tuchfühlung bleibt und, anders als wir, die Situation um uns herum im Blick behält.

Aus dieser Zeit Mose in der Wüste können wir somit erkennen, wir mögen Dinge als unbefriedigenden Stillstand empfinden. Von einer höheren Warte aus betrachtet, ist die Zeit des Abwartens eine Zeit der Vorbereitung. Mose erfährt durch seinen Schwiegervater, wie spirituelle Führung funktioniert und lernt als Ehemann und Vater auch weltliche Führung der ihm anvertrauten Menschen. In beiden Arten der Führung wird er zukünftig immer wieder an seine Grenzen kommen und dann aus seiner Erfahrung aus der „Stillstandsphase“ die Kraft schöpfen, nicht hinzuschmeißen sondern – nach einer Phase der Besinnung – auf die höhere Führung zu vertrauen und entschlossen weiterzugehen.

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