Daniel 8 (24. + 25. November)

Zwei Jahre später träumt Daniel von einem starken, mächtigen Widder, der von einem Ziegenbock geschlagen wird. Der Erzengel Gabriel erklärt, dass der Widder das Reich der Meder und Perser meint, die Babylon abgelöst haben. Der Ziegenbock ist das große Griechische Reich, das unter Alexander dem Großen entsteht und vom heutigen Griechenland im Nordwesten über Pakistan im Osten und Ägypten im Südwesten reichte.

Aus dem Geschichtsunterricht wissen wir, dass Alexander im Grunde nur Krieg konnte, infolgedessen früh starb und sein riesiges Reich, das niemals zur Ruhe gekommen war, bald darauf wieder zerbrach. Aus ihm entstanden im Großen und Ganzen die Reiche Makedonien (Griechenland, südlicher Balkan), Thrakien (Rumänien, Bulgarien, der Westen und Norden der Türkei), das persische Großreich „Syrien“, das den gesamten vorderen und mittleren Orient abdeckte und Ägypten. Eingebettet in das Reich Syrien finden wir das „herrliche Land“ also Israel mit der Hauptstadt Jerusalem.

Aus dem Blickwinkel Daniels, der zu dieser Zeit in Susa weilt, sind die vier genannten Reiche schwer auszumachen, denn alles liegt im Westen. Etwas leichter wird es aus dem Blickwinkel des Heiligen Berges (Jerusalem). Im Süden liegt Ägypten (Ägypten und Libyen), im Norden liegt Syrien, Makedonien und Thrakien liegen beide im Nordwesten, rein geographisch würde zu Makedonien das Reich im Westen und Thrakien das Reich im Osten passen. Das meiste in der Vision spielt sich aber ohnehin zwischen dem Nord- und dem Südreich ab.

In der Tat wird Israel viele Jahre später von Syrien besetzt und dessen König Antiochos iV. Epiphanes verbietet die Ausübung der Opferdienste im Jerusalemer Tempel. Hier wird angekündigt, dass dieses Verbot knapp 7 Jahre Bestand haben wird.

Wieder ist Daniel bestürzt und verwirrt; für ihn war das alles ja noch nicht Geschichte, wie für uns. Dieses Mal wird ihm in seiner Vision der Erzengel Gabriel gesandt, der ihm dieses Gesicht erklären soll.

In der Tat treffen seine Beschreibungen auf die oben genannten historischen Begebenheiten zu. Allerdings sagt Gabriel, dass sich diese Vision auf die Zeit des Endes bezieht, also auf die Zeit unmittelbar vor dem Gericht. Das kann eigentlich nur heißen, dass sich diese Vorgänge dann in ähnlicher Weise wiederholen werden, vermutlich natürlich mit anderen Weltreichen und Herrschern. Insofern kann es auch im Hinblick auf den eigenen Glauben nicht schaden, sich immer etwas Geschichtswissen anzueignen und den Blick auf globale Entwicklungen zu richten und nicht nur auf den Mittelmeerraum und den Orient. Außerdem erscheint es mir logisch, dass in der Endzeit nicht die Stadt Jerusalem bedrängt werden wird, sondern das von Christus geschaffene, also seine Kirche. „Frevel am beständigen Opfer“ heißt also, der Glaube an Jesus Christus wird der Angriffspunkt sein, Christen werden weltweit verfolgt werden. Das muss dann nicht immer heißen, dass sie vom Tod bedroht sind, es kann auch heißen, dass ihnen jener „listige Herrscher“ verführerische Angebote macht, um sie quasi abzuwerben. Christen erleben heute beide Arten der Verfolgung; der Glaube, dass Gott in Christus Mensch wurde, für unsere Sünden starb und am dritten Tag auferstanden ist, wird heute sowohl von Nicht-Christen, aber auch von so genannten „modernen, aufgeklärten Christen“ angezweifelt, ja sogar bestritten. In manchen Gruppen wirken Christen, die weiterhin an diesem Glauben festhalten, wie aus der Zeit gefallen oder gar wie religiöse Fanatiker – es kann durchaus verlockend sein, den Glauben gegen gesellschaftliche Anerkennung einzutauschen. In Staaten, die den christlichen Glauben als Häresie verleumden, ist auch das Leben gläubiger, bekennender Christen bedroht.

Gabriel erklärt für die Endzeit, dass der letzte Herrscher „ohne Zutun von Menschenhand zerschmettert“ (Dan 8, 25) werde. Hiermit ist das bereits in Kapitel 7 gemeinte himmlische Gericht gemeint, in dessen Folge Christus als Herrscher eingesetzt wird.

Zum Abschluss bestätigt Gabriel die in Vers 14 genannten 2300 Tage als wahr. Hieraus wäre abzuleiten, dass die große Drangsal vor dem anbrechenden Gericht tatsächlich knapp 7 Jahre andauern würde.

Daniel wird weder aus der Vision noch aus der Erklärung Daniels ganz schlau. Wie gesagt, konnte er damals natürlich nicht die Geschichtskenntnisse haben, die uns heute zur Verfügung stehen.

2300 Abende und Morgen sind – mit dem Taschenrechner gerechnet – etwa sechseinhalb Jahre. Andererseits benutzt die Bibel die Formulierung „es wurde Abend und es wurde Morgen“ auch in der Schöpfungsgeschichte und ganze Armeen an religiösen Fanatikern haben sich wund gerechnet, diese sieben Tage – eigentlich sind es ja nur sechs – in die viereinhalb Milliarden Jahre Erdgeschichte einzusortieren. Angesichts von sieben Abenden und Morgen Schöpfung, ist meines Erachtens nur eines gewiss: Die Zahl 2300 meint einen verdammt langen Zeitraum, eingeschränkt lediglich durch den Einschub „BIS ZU 2300“. Jesus sagte uns, dass dieser Zeitraum lang genug wäre, um die ganze Menschheit zu verderben und dass er deswegen verkürzt werde. Gott wird mit seiner Liebe entgegen dem äußeren Anschein auch in jenen Tagen bei den seinen sein, das sollte uns trösten.

Wenn du dich nun mit mir von dem Zeitrahmen „sieben Jahre Drangsal“ verabschiedet hast, noch ein paar Gedanken zum Schluss dieses Abschnitts:

Alle „Ende-der-Welt“-Verkünder sehen in den Geschehnissen unserer Zeit die angekündigten Zeichen. Sie werden dabei belächelt, weil man das auch auf Geschehnisse von vor 100, 300 oder über 1000 Jahren bis hin zum Brand von Rom unter Kaiser Nero beziehen kann. Was, wenn diese Verzagten recht haben mit den Zeichen, sich aber geirrt haben mit der Annahme, dass auf der Erde alles schön geordnet in der richtigen Reihenfolge (und auch jedes Zeichen nur exakt einmal) und innerhalb des gedachten (erdachten?) Zeitrahmens zu geschehen habe? Ab dem Tag, an dem der christliche Glaube Staatsreligion im Römischen Reich wurde, wurde er zu einer irdischen Macht, mit allen Versuchungen, Verfälschungen und negativen Konsequenzen. Mehr als einmal haben Kirchenführer Hand an das Gesetz gelegt, das Jesus uns gegeben hat und es zu ihren Gunsten und zur Mehrung ihrer Macht oder ihres Reichtums verfälscht. Und doch tragen in all den Jahrhunderten die kleinen, christlichen Gemeinden auf kommunaler Ebene die Frohe Botschaft in Wort und Tat in die Welt. Ein guter Baum kann keine schlechten Früchte hervorbringen! Aber manchmal nistet sich ein Schädling ein und verdirbt die Ernte eines Jahres. Doch wir haben einen guten Gärtner – Gott sei Dank!

In der Offenbarung spricht der Messias davon, dass diejenigen, die Glauben haben, während dieser Zeit der Drangsal glauben werden und diejenigen ohne Glauben, auch nicht zum Glauben kommen werden bis zum Gericht. Niemand wird in dieser Phase bekehrt, Gott rettet nur seine Kinder und holt sie heim. Wir sollten also bei der missionarischen Arbeit niemals von Bekehrung reden, der bessere Begriff lautet Erweckung. Der Glaube dieser Menschen schlief nur, bis der Geist Gottes durch die Verkündigung sein Werk tun konnte. Die Prophezeiungen sprechen dabei aber von einer gewaltigen Zahl „Heiliger“. Jesus hat auch gesagt, dass die Endzeit innerhalb einer Generation anbrechen wird. Was wäre also, wenn die Endzeit bereits angebrochen ist? Was, wenn die große Drangsal bereits täglich überall auf der Welt geschieht? Dann ist es für die Braut gut, wachsam zu bleiben und ihren Bräutigam zu erwarten. Dann ist es aber auch gut und wichtig, nicht auf selbsternannte Propheten zu hören, die den Messias „in der Wüste“ oder in irgendeinem Land der Erde gesehen haben wollen. Denn genau davor hat Jesus uns gewarnt.

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