Gnadenjahr und Gerechtigkeit – Jesaja 61 (7. Juni)

„Der Geist GOTTES, des Herrn, ruht auf mir./ Denn der HERR hat mich gesalbt; er hat mich gesandt, um den Armen frohe Botschaft zu bringen, / um die zu heilen, die gebrochenen Herzens sind, um den Gefangenen Freilassung auszurufen / und den Gefesselten Befreiung, um ein Gnadenjahr des HERRN auszurufen,“ (Jes 61, 1-2)

Jesus selbst hat diese Stelle aus der Tora vorgelesen in seiner Heimatstadt Nazareth. Wir wissen aus dem Lukas-Evangelium, wie die Sache ausging; als er verkündete, dass dieses Gnadenjahr nun durch ihn begonnen habe, wurde er beinahe gesteinigt.

Er hatte zu diesem Zeitpunkt bereits die ersten Wunder getan und auch schon auf den Feldern und in den Synagogen sein Evangelium verkündet. Die Menschen sprachen bereits über ihn, dass er wie einer mit Vollmacht (also Salbung von Gott) rede. Und doch ist die Reaktion so typisch für uns Menschen. Wir sind nicht bereit eine andere Wahrheit zu akzeptieren als jene, die wir uns selbst aus unseren Erwartungen und Vorurteilen geschaffen haben. Und dieser Jesus, ein Mann, dem man schwere körperliche Arbeit seit seiner Kindheit ansah, ein Mann aus dem Volk, ja, aus der eigenen Stadt und kein bisschen königlich und kein schwer bewaffnetes Heer zu seinen Diensten – wie konnte der der angekündigte Messias sein, der ja, so die selbst zurechtgelegte Prophezeiung, das alte Königreich Israel in seiner einstigen Pracht und Herrlichkeit, ja noch größer und herrlicher, wiederherstellen sollte?

Wenn er das aber nicht ist, dann ist er ein Hochstapler und Gotteslästerer und genau so reagierten die aufgebrachten Zuhörer auch.

Und Jesus war nicht der erste Prophet, der von seinem Volk verstoßen wurde. Im Gleichnis von den bösen Weingärtnern (Mt 21, 33 -46) legt er dar, dass er, der Sohn, nur der letzte in einer Reihe von Verkündern der göttlichen Wahrheit ist, die Menschen ihre Vorurteile und Erwartungen aber mehr lieben und die ihnen offenbarte göttliche Wahrheit mit aller Kraft und sogar mit bösem Willen zu unterdrücken suchen.

Daher wird nach dieser Stelle der Propheten-Offenbarung auch noch die Folge dieser Untreue Gottes gegenüber genannt:

„einen Tag der Vergeltung für unseren Gott, / um alle Trauernden zu trösten, den Trauernden Zions Schmuck zu geben / anstelle von Asche, Freudenöl statt Trauer, / ein Gewand des Ruhms statt eines verzagten Geistes. Man wird sie Eichen der Gerechtigkeit nennen, / Pflanzung des HERRN zum herrlichen Glanz.“ (Jes 61, 2-3)

Die Zeit der Gnade wird mit einem Gericht enden. Der Prophet beschreibt hier aber nicht das übliche Gemetzel am Ende, er erzählt von der Wiederherstellung der Trauernden und Entrechteten. Er spricht davon, dass Gerechtigkeit hergestellt werden wird.

In der Beschreibung ist dabei natürlich zunächst einmal von der Wiederherstellung der Stadt Jerusalem und der anderen zerstörten Städte Israels die Rede, denn wie immer vermischt sich das unmittelbar Folgende mit zukünftigen Ereignissen, für die das Gegenwärtige ein Bild, ein Vorschatten bildet. Wie sollte Jesaja auch das Erscheinen und Errichten des Himmlischen Jerusalem beschreiben? Wir sehen bei den Prophezeiungen über die Apokalypse sowohl durch die Propheten als auch durch Jesus, dass die menschliche Sprache dafür keine passenden Worte hat, weil die Sprache eben nur Dinge beschreiben kann, die aus unseren persönlichen Erfahrungen stammen.

Das Einzige, was wir mit unserer heutigen Erkenntnis über das Reich Gottes mit Gewissheit sagen können ist, dass selbst die heidnische Welt (die „Nationen“), die bis zum Schluss die Existenz Gottes verleugnet, diesen dann erkennen und auch anerkennen wird:

„Ihre Nachkommen werden unter den Nationen bekannt sein / und ihre Sprösslinge inmitten der Völker. Jeder, der sie sieht, wird sie erkennen: / Das sind die Nachkommen, die der HERR gesegnet hat. Von Herzen freue ich mich am HERRN. / Meine Seele jubelt über meinen Gott. Denn er kleidet mich in Gewänder des Heils, / er hüllt mich in den Mantel der Gerechtigkeit, wie ein Bräutigam sich festlich schmückt / und wie eine Braut ihr Geschmeide anlegt. Denn wie die Erde ihr Gewächs hervorbringt / und der Garten seine Saat sprießen lässt, so lässt GOTT, der Herr, Gerechtigkeit sprießen / und Ruhm vor allen Nationen.“ (Jes 61, 9-11)

Jesaja 61 >>

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