Eine Taufe zum 1. Advent

Gleich zum Beginn des neuen Kirchenjahres gab’s heute eine Taufe. Ein Kind, aus Gründen des Datenschutzes und der Privatsphäre nenne ich sie Ruth, wurde Mitglied der Kirchengemeinde Bruchsal-Michaelsberg. Für mich, den nahe am Wasser Gebauten, war der bewegendste Moment, als der Vater das Kind hochhob und die Gemeinde freudig Beifall klatschte. Warum aber? Was passiert eigentlich bei der Taufe?

Nach unserem Glauben schließt Gott – ganz einfach ausgedrückt – in der Taufe einen Bund mit dem Kind; Voraussetzung um vom Tod hinüber zum ewigen Leben bei Gott zu wechseln. Umgekehrt schwört in der Taufe der Mensch seinem alten Leben ab und nimmt das neue Leben von Gott an. Ein Säugling oder Kleinkind kann das aber noch gar nicht verstehen, die Kritik einiger Hardcore Christen an der Säuglings- oder Kleinkindtaufe ist daher nachvollziehbar und könnte doch nicht unberechtigter sein.

Freuen wir uns, weil wir Gott ein Kind gebracht haben? Es ist doch klar: Gott kannte Ruth schon lange bevor sie das Licht der Welt erblickte. Dieses Leben gehört ihm bereits. Dass der heilige Geist die Eltern dazu bewegte, das Kind taufen zu lassen belegt diese Behauptung. Wie können wir also Gott etwas geben, was von ihm kam? „Wir geben ihm dieses Leben zurück!“, werden die Frommsten unter euch nun antworten. Ich behaupte, nein, das tun wir nicht. Gott hat uns dieses Leben nicht geschenkt, sondern zur Obhut übergeben. Wir können es ihm nicht zurückgeben.

Wir können im Grunde nichts tun, das ist unser Schicksal, warum freuen wir uns dann?

Ich versuche einen anderen Ansatz. Was gibt uns Gott alles mit der kleinen Ruth?

Er gibt uns in diesem Leben Hoffnung. Unsere Gemeinde hat neues Leben erhalten, d.h., vor Gott lebt diese Gemeinde. Der Segen, den das Kind in der Taufe vom Pfarrer erhält, geht nahtlos an die Gemeinde über. Das Kind selbst wird zum Segen für uns. In Ruth bestätigt Christus uns, dass er kompromisslos bis zum Schluss zu uns hält.

Hoffnung, Segen, Leben in Ruth für die Gemeinde durch unseren Herrn, das ist doch schon mal einen Applaus wert. Und das zu erfahren rechtfertigt auch die Kindstaufe, denn Gott will, dass wir uns seiner in jedem Moment sicher sind. Das ist die Freiheit, von der die Bibel spricht – Gott wird uns niemals mehr loslassen. Der Applaus ist also nichts anderes als Lobpreis!

Natürlich steckt in der bedingungslosen, kompromisslosen Segenszusage unseres Herrn auch die Frage, wann wir denn endlich damit anfangen, es umgekehrt genauso zu tun. Wie viele Gottesdienste gab es in diesem Jahr, in denen Gott uns versicherte: „Ich bin da“? In wie vielen Taufen der letzten Jahre und Dekaden erneuerte und bestärkte er unsere Hoffnung auf ihn? Haben wir diese Hoffnungen wirklich ergriffen? Natürlich, die Eltern und die Taufpaten stehen immer in erster Reihe, aber in der Taufe wird das Kind ein Kind der Gemeinde. Wir alle sind verantwortlich! Freiheit bedeutet Verantwortung, Hoffnung auch – wenn sie begründet und berechtigt sein soll! Wie oft sind wir der uns von Gott übertragenen Verantwortung, dem im Voraus in uns gesetzten Vertrauen – ganz ehrlich – voll und ganz gerecht geworden?

In Jesus wurde der ganzen Welt ein Kind geboren. In Ruth auch. Ebenso in Peter, Esther, Stefan, Giovanni, Luis, Vivian, …