„Alles, was ihr tut, geschehe in Liebe.“ (1. Kor 16,14)
Diesem Satz vorgestellt hat Paulus:
„Seid wachsam, steht fest im Glauben, seid mutig, seid stark!“ (1. Kor 16, 13)
Diese beiden Sätze bedingen sich gegenseitig. Damit ich in Liebe handeln kann, benötige Wachsamkeit (Wo, wer benötigt meiner?), Mut (Biete ich mich an oder halte ich mich zurück?), Stärke (Halte ich stand oder weiche ich beim ersten Widerstand zurück?) und Glaube, man könnte hier auch sagen Vertrauen, denn Glaube ist die Frucht des Vertrauens. Ich muss vertrauen in die Gaben haben, die ich bekommen habe / besitze, ich muss Vertrauen haben, dass meine Kraft ausreichen wird oder auch aus anderen Quellen, auch von Gott, immer wieder erfrischt und erneuert wird – nur dann werde ich vorbehaltlos, also in Liebe, dort eingreifen, wo ich benötigt werde.
Alle anderen Formen des Eingreifens erfolgen aus Eigennutz, sie kosten meine Kraft, die schnell erlahmt, weil ich überall, wo ich zuerst an mich denke, allein dastehe. Niemand außer mir selbst kann mich erfrischen. Die Liebe ist dagegen immer auf das Gegenüber gerichtet, sei es eine Person oder eine Gruppe. Wer etwas in Liebe tut, tut es nicht für eine erwartete Gegenleistung, sondern aus Mitgefühl, Empathie (nicht zu verwechseln mit Mitleid!!!). In der Liebe entsteht Gemeinschaft, aus Liebe lebt die Gemeinschaft, d.h., ohne Liebe keine Gemeinschaft, auch keine Gemeinschaft mit Gott und damit auch keine Kirche, in dem Sinne, wie Gott Kirche versteht.
Wenn Paulus also sagt, dass alles, was wir tun, in Liebe geschehen soll, so sagt er auch, dass wir alles, was nicht in Liebe geschieht, nicht tun sollen. Denn alles, was nicht in Liebe geschieht, schwächt die Gemeinschaft, zerstört sie schlimmstenfalls – auch die Gemeinschaft mit Gott.
Natürlich kann Liebe nicht verhindern, dass die eine oder andere Tat scheitert, dass ich stürze. Doch wenn ich Gemeinschaft mit Gott habe, ist seine Hand der tiefste Punkt, in den ich fallen kann, wenn ich diese Gemeinschaft nicht habe, wenn ich nur meine Interessen verfolge, so wird niemand da sein, wenn ich falle. Wer für sich allein handelt, fällt auch allein. Dasselbe gilt natürlich auch für Gruppen, die persönliche Vorteile als Gruppenziel definieren. Eine Gruppe aus Egoisten zerfällt, sobald der erste meint zu kurz gekommen zu sein, erst recht, wenn das Ziel offensichtlich nicht mehr für die ganze Gruppe erreichbar erscheint. Eine Gruppe aus Egoisten ist keine Gemeinschaft, bietet keinen Halt und kennt keinen Gott, außer sich selbst. Selbst wenn die Mitglieder inbrünstig beten würden, so beteten sie doch für den eigenen Vorteil, also zu sich selbst. Wo das eigene Ich im Zentrum steht, da gibt es keine Gemeinschaft mit Gott!
„Alles, was ihr tut, geschehe in Liebe“ – das ist ein Kompass für die eigenen Entscheidungen, ein Aufruf an die eigene Verantwortung.
Handle ich, weil es nach reiflicher Überlegung und dem Einbeziehen von Wissen, Erfahrung und Mitgefühl richtig ist – unabhängig von den Konsequenzen für mich? Oder halte ich es für richtig, weil es mir den größten Vorteil, die wenigsten Probleme oder den kleinsten Widerstand verspricht?