Auf der Flucht! – 1. Moses 31 (10. + 11. September)

Jakob kommt zu Ohren, dass es den Söhnen Labans gar nicht gefällt, wie seine Herde immer größer und stärker und die Herden ihres Vaters – also ihr Erbe – unter der Obhut von Jakob immer schwächer werden.

Jakob beschließt zu fliehen. Lea und Rahel erzählt er allerdings, dass ihr Vater, der ihn die ganze Zeit über den Tisch gezogen hätte, nun gegen ihn, dem völlig unschuldigen Lamm Übles plane. Gleichzeitig habe der Gott seiner Väter ihm nun geheißen, ins gelobte Land zurückzukehren. Es kommt nun ans Licht, dass die Töchter auch nicht gut auf ihren Vater zu sprechen sind, denn sie stimmen dem Aufbruch, ohne zu zögern zu.

Als Laban für ein paar Tage beim Schafe scheren außerhalb verweilt, packt man alles zusammen – Rahel packt auch gleich noch heimlich die kleine Figur der Familiengöttin mit ein, man weiß ja nie, wofür man die nochmal braucht – und bricht eilig mit allem Krempel und den Herden auf in Richtung Kanaan.

Laban ist aufs Äußerste erbost über diese Flucht, sammelt seine besten Männer um sich und jagt den Flüchtlingen nach. Kurz bevor er diese einholt, erscheint ihm der Gott Jakobs im Traum und verbietet ihm, Jakob auch nur ein Härchen zu krümmen.

Die Warnung sitzt! Laban spielt vor Jakob nun den Enttäuschten. Warum er nichts davon gesagt habe, dass er heimwärts ziehen möchte. Er hätte ihm noch eine Blaskapelle zum Auszug bestellt. Unverzeihlich sei aber, dass die Familiengottheit gestohlen worden sei.

Jakob ist entsetzt. Wer immer die Statuette habe mitgehen lassen, solle sterben. Auweia!

Nur durch eine List gelingt es Rahel, nicht erwischt zu werden, das Gottesbildchen bleibt verschwunden. Nun ist Jakob aufgebracht oder tut zumindest so. Er wirft Laban all die Dinge vor, die er schon zuvor seinen Frauen erzählt hatte – und Laban widerspricht nicht. Entweder treffen diese Vorwürfe also zu, auch wenn man in den Kapiteln davor, bis auf die untergeschobene Braut, nichts davon gelesen hat oder der Onkel ist immer noch durch den Gott des Neffen eingeschüchtert.

Statt sich bekriegen, schließen die beiden nun ein Bündnis. Jakob verspricht, die Töchter Labans gut zu behandeln und beide schwören niemals (mehr) das Land des anderen zu betreten. Zum Schwur wird an Ort und Stelle ein Steinhaufen als Altar und Grenzstein errichtet und alle essen gemeinsam vor diesem Grenzstein, um so das Bündnis zu besiegeln.

In diesem Kapitel taucht Gott nur im Hörensagen auf. Jakob erfährt vom Neid und dem berechtigten Zorn der Söhne Labans und beschließt abzuhauen. Gott schiebt er als einen von mehreren Gründen nur vor. Kann man die Tatsache, dass dieser Gott dann Laban im Traum erscheint, als dessen nachträgliche Zustimmung zum Verhalten Jakobs werten? Eher nicht. Gott hat längerfristige Pläne in denen Jakob eine zentrale Rolle spielt. Dessen eigenwilliges Verhalten wird ihm im weiteren Verlauf noch zum Verhängnis werden. Schon zu diesen Zeiten richtet Gott nur im äußersten Notfall selbst, denn er weiß, dass die Menschen in dieser Welt das in der Regel ganz alleine hinbekommen. Ein Sprichwort sagt: Du wirst immer die Früchte dessen ernten, was du gesät hast.

Jakob und Laban schließen am Ende ein eigenartiges Bündnis: Sie sichern sich zu, sich zukünftig aus dem Weg zu gehen. Versöhnung sieht anders aus.

Durch den Diebstahl Rahels erfahren wir aber Interessantes über die Glaubenswelt in Abrahams Familie. Jakob glaubt und folgt – mehr oder weniger konsequent – dem Gott Abrahams. Doch Laban, ein Urenkel von Abrahams Bruder, hat bereits einen anderen Gott. Auch wenn wir heute vom Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs reden (weil Gott sich Mose so vorstellt), so hat doch auch Abrahams Vater auf diesen Gott gehört, auch wenn dessen Verheißung dem Sohn galt.  Es ist inzwischen historisch nachgewiesen: In jener Zeit hatte jede Sippe in der Region ihren eigenen Familiengott. Einheitlich waren scheinbar nur ein paar Erzählungen über den Ursprung des Glaubens, sowie die Tatsache, dass jede Sippe nur einen Gott anbetete, nicht für jeden Zweck einen anderen. Wir können hier erkennen: Der Geist Gottes wirkte bereits in alle Menschen hinein, zu erkennen an der Suche der Menschen nach diesem Gott, doch ohne Offenbarung desselben hatte die angenommene Macht der Anbetung von Sippe zu Sippe eine andere Erscheinung und einen anderen Namen. Sogar die Aufteilung der Macht in mehrere Gottheiten, wie bei anderen Völkern geschehen, ist letzten Endes nur eine weitere Interpretation des Geistes Gottes, solange dieser verborgen blieb und sich den Menschen nicht offenbart hatte. Das meint Paulus mit Gott habe das Gesetz auch in die Herzen der Heiden geschrieben (Röm 2, 14-17).

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