Auf den ersten Blick scheinen die Juni-Karten das genaue Gegenteil der Mai-karten ausrücken zu wollen. Die Karten wirken dunkel und bedrohlich. Schauen wir etwas genauer hin:
In einen schlanken, hohen Turm hat der Blitz eingeschlagen und das Dach, das die Form einer Krone hat, abgesprengt. Der ganze Turm brennt, Flammen lodern aus dem Dachstuhl und den Fenstern, aus denen sich zwei gekrönte Menschen in die Tiefe stürzen. Neben den Flammen aus dem Turm erhellen 22 kleine Flammen (auf der einen Seite des Turmes zehn, auf der anderen zwölf) den Nachthimmel. Im Tarot werden diese Flammen als Hinweise auf das Schicksalsrad (Karte mit Wert 10) und den Gehängten (Karte mit Wert 12) und somit als Notwendigkeit zur Umkehr, also der Befreiung aus beengenden Verhältnissen (hoher, schmaler Turm) gewertet, der durch ein äußeres Ereignis (Blitz) eingeleitet und erzwungen wird.
Die Szene der zweiten Karte, drei Münzen, findet offenbar in einer Kirche statt. Ein Steinmetz verrichtet seine Arbeit. Er wird dabei begutachtet von einem Mönch und einer Frau, die die Pläne in den Händen hält.
Auch wenn die Bilder sehr düster daherkommen, sehe ich in ihnen die Zeit zwischen Karfreitag und dem Pfingstereignis. Das war eine finstere Zeit für die Traditionalisten des Alten Bundes und eine Zeit der Bewährung für die Jünger Christi. Somit werden die 22 Flammen auch zum Zeichen des Heiligen Geistes, der endgültig mit den vormals menschlichen Mittlern zwischen Gott und den Menschen aufräumt und durch den Gott einen ewigen Mittler, Jesus Christus, einsetzt. Der alte Tempel bricht ein, ein neuer Tempel Gottes (zweite Karte) entsteht. Die Frau steht dabei für die Braut Christi, der Tempel wird nicht mehr aus Steinen erreichtet. Vom Geist autorisiert hält sie die Pläne in den Händen, nicht mehr der Klerus, repräsentiert durch den Mönch.
Aber welche Bibelstelle drückt dies am besten aus?
Ich wähle Johannes 20, 11 – 18
Jesus ist auferstanden, der Stein vor seinem Grab ist weggerollt, das Grab selbst ist leer. Dies entdeckt zunächst Maria Magdalena, die zeigt es den Jüngern. Diese sind ratlos und entsetzt und gehen nach Hause. Johannes behauptet in dem Evangelium natürlich von sich selbst, dass er es verstanden hätte.
Viel wichtiger ist aber, dass der Auferstandene Maria erscheint und ihr den Auftrag gibt, den Jüngern zu erklären was geschehen ist.
Wir lesen in allen Evangelien, dass Jesus die zwölf Apostel gelehrt und unterrichtet habe. Sie stehen damit für den Klerus der zukünftigen Kirche. Maria steht für die Laien, Männer wie Frauen. Jesus stellt seine Kirche von Anfang an auf die Füße. Der Klerus hat nur noch eine begleitende Rolle, er ordnet, sortiert, hilft mit seinem Wissen bei der Bewertung von Erkenntnissen. Gott hat seinen Plan aber seiner Kirche, d.h., den Laien offenbart. In einer Schöpfung, an deren Vollendung Gott bei den Menschen, also in ihrer Mitte wohnen wird, hat der Klerus eine dienende Rolle, keine führende.
Als Spruch für den Monat Juni wähle ich:
„Maria von Magdala kam zu den Jüngern und verkündete ihnen: Ich habe den Herrn gesehen. Und sie berichtete, was er ihr gesagt hatte.” (Joh 20, 18)
Als Thema für den Monat Juni ergibt sich für mich damit: Ein Gott inmitten seines Volkes - der Gott an meiner Seite