Markus 12, 1 – 12 (14. Februar)

Heute liefert Jesus den Pharisäern, den Schriftgelehrten, den Priestern und dem Hohen Rat ein Gleichnis, das mehr offen anspricht als es verdeckt.

Er spricht vom Gutsherrn, der einen großen, prächtigen Weinberg angelegt hat und an ein paar Auserwählte verpachtet, ehe er „außer Landes“ geht. Als er nach einiger Zeit Knechte schickt, die als Pacht einen Anteil von der Frucht eintreiben sollen, verprügeln und verjagen die Pächter diese oder ermorden sie sogar. Und als der Gutsherr dann als Letztes noch seinen Sohn schickt, beschließen sie, diesen erst recht zu töten, denn der sei ja der Erbe und wenn man den los würde, würde einem das Gut selbst gehören.

Jesus fragt nun die Anwesenden, was der Gutsherr mit seinen Pächtern wohl tun wird – und er gibt ihnen auch gleich die Antwort: Er wird sie töten und das Gut in treuere Hände geben. Und er schließt sein Augen öffnendes Gleichnis mit einem Satz aus Psalm 118: „Der Stein, den die Bauleute verworfen haben, der ist zum Eckstein geworden“ (Ps 118, 22). In diesem Zitat erklärt Jesus, dass Gott nun in seinem Sohn das Fundament zu einer neuen Kirche legen wird. Die bisherigen Bauleute – also der Hohe Rat, die Priester, die Pharisäer und die Schriftgelehrten – werden von ihm übergangen werden, werden gewissermaßen umgekehrt von Gott verworfen, der nun – das zeigt ja die Schlussfolgerung des Gleichnisses – neue Bauleute engagieren wird.

Deutlicher hätte Jesus nicht werden können, zumindest nicht in einem Gleichnis. Nach drei Jahren Reibereien der immer gleichen Gruppen – kurz zusammengefasst: der Amtskirche – mit ihm, war auch diesen klar, dass er hier von ihnen, von Gott und ganz zum Schluss auch von sich selbst, dem Sohn des Gutsherrn, sprach. Er wusste, dass sie ihn töten wollten und sie erkannten sich, ihren Umgang mit den Propheten und ihre Pläne in den Pächtern und deren Taten wieder. Anstatt nun aber Buße zu tun, d.h., innezuhalten und vom falschen Weg umzukehren, stieg ihre Wut gegen Jesus noch weiter und nur ihre Angst vor dem Zorn des Volks hält sie davon ab, gleich hier und jetzt kurzen Prozess zu machen.

„Jerusalem, Jerusalem, die du die Propheten tötest und steinigst, die zu dir gesandt sind; wie oft habe ich deine Kinder sammeln wollen wie eine Henne ihre Küken unter ihre Flügel, und ihr habt nicht gewollt! Siehe, euer Haus wird euch verwüstet gelassen werden!“ (Lk 13, 34-35)

In diesem verzweifelten Ausruf Jesu, der auch im Matthäusevangelium zu finden ist, wird deutlich, dass Gott sich hier nicht in Wut von seinem Volk abwendet, auch wenn aus der Reaktion des Gutsherrn im Gleichnis durchaus Wut herauszulesen ist. Gott ist nicht der zwar langmütige aber letzten Endes gnadenlose Gutsherr, aber er ist konsequent. Er hat seinem Volk gesagt, wie es laufen wird, er hat ihm prophezeit, dass es ihn verraten und verlassen wird und er hat ihnen gesagt, was dann passiert. Die Amtskirche Israels hatte viele Generationen Zeit sich und das Volk im Glauben zu festigen, bekam durch die Propheten immer wieder Gelegenheit umzukehren, sich auf das Wort zu besinnen um – wenn es dann soweit wäre – den Messias, der vor ihnen steht zu erkennen, auch wenn er so überhaupt nicht den eigenen Vorstellungen entsprach; Gott schacherte immer wieder die zu erlöschen drohende Glut in seinem Volk an damit sie für die Welt zum Licht werde. Doch die Amtskirche hatte sich inzwischen endgültig von diesem Wort abgewandt, sie folgte stattdessen einer selbst entwickelten Kirchenlehre. Diese war zwar mit viel Eifer und Hingabe aus dem Wort abgeleitet, aber sie war Menschenwort, nicht Gottes Wort und es wäre nötig und richtig gewesen, sich dessen immer wieder bewusst zu machen und sie immer wieder von Grund auf zu hinterfragen. Dies taten die Anführer der Amtskirche aber nicht, ganz im Gegenteil verteidigten sie ihre Lehre gegen das Wort und bekämpften mit allen zeitgemäßen Mitteln alle Verkündiger des Wortes als Ketzer. Der nun heraufziehende Showdown zwischen Amtskirche und Gott wurde damit unvermeidlich, denn Gott geht es um die Rettung seiner Kinder, nicht um die Erhaltung irgendwelcher Ämter.

Und heute? Wie sieht es heute aus, liebe Amtskirche?

Ihr denkt, das könnte uns nicht passieren, weil wir ja das Evangelium kennen und verstanden haben? Schaut auf die aktuell diskutierten Reformgedanken – man sollte sie besser Korrekturvorschläge nennen, denn wir sind vom Weg abgekommen und müssen uns dringend neu orientieren – und wie ihr jeden Spross davon sofort versucht niederzutrampeln. Schaut euch an, was ihr mit Martin Luther gemacht habt, dessen Vorschläge im Vergleich zu den heutigen harmlos waren und stellt euch vor, was ihr mit einem Mann vom Kaliber des Nazareners anstellen würdet, der seine Vorwürfe „mit Vollmacht“ vorbrächte. Schaut euch den Zustand SEINER Kirche an, die er in eure Obhut gegeben hat! Der Glaube Seiner Kinder ist schwach, ihr Vertrauen auf Ihn ist schwach, weil das Vertrauen in euch schwach ist. Was habt ihr getan, um das zu ändern? Was könnt ihr tun, um das zu ändern? Wozu seid ihr ehrlich bereit? Erkennt endlich, dass Buße keine Zeremonie am Anfang einer Liturgie ist und auch nicht nur das (niedere) Volk betrifft! Glaube, die von uns erwiderte Liebe Gottes, bringt Buße als erste Frucht hervor. Buße ist die Haltung, in der wir immer wieder unserem Gott begegnen sollen. Buße ist der innere Kompass, der uns immer wieder auf den Weg zurückbringt. Buße ist nicht unser Auftrag, sondern unser Anliegen!

Wenn es total schiefgelaufen ist, haben Kinder kein Problem damit, bei ihrem Papa hemmungslos loszuheulen. Und kein Vater wird dann mit Trost und Hilfe sparen.

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