Judas 1 (16. – 18. Juli)

Der Brief des Judas nimmt mit seinem einzigen Kapitel zu gerade mal 25 Versen die letzten paar Seiten vor der Offenbarung des Johannes ein. Wenn man nicht aufpasst, hat man ihn schnell mal überblättert ohne ihn wahrzunehmen.

Judas stellt sich als Bruder des Jakobus vor, es wird daher angenommen, dass dieser Judas wie Jakobus ein Sohn von Maria, der Mutter von Jesus war. Sein Brief richtet sich an keine bestimmte Gemeinde, zumindest ist aus der Anrede kein bestimmter Adressat zu entnehmen.

Judas fühlte sich an einem bestimmten Punkt seines Lebens dazu berufen, etwas über das Heil zu schreiben, das durch Leben, Tod und Auferstehung des Christus allen Christen gemein ist. Während er aber schrieb, drängte ihn der Geist in eine andere Richtung. Judas warnt vor den Menschen, die sich zwar Christen nennen aber – getauft oder nicht – keine sind. Ihr ganzer Lebenswandel, ihre Äußerungen zu den Geboten des Herrn und ihre Haltung gegenüber Autorität mache deutlich, dass sie bereits dem Gericht Gottes anheimgefallen seien. Keinesfalls dürften echte Christen ihrem Beispiel folgen.

Judas bezieht sich dabei auf drei Quellen, die dies belegen sollen: Kain, der nicht wie sein Bruder Abel auf Gott hörte und schließlich sogar den Bruder aus Neid erschlug, wurde von Gott verstoßen. Sodom und Gomorra wurden aufgrund ihres lasterhaften Lebenswandels durch die Strafe Gottes aus der Welt getilgt. Die Sippe um Korach wurde direkt ins ewige Feuer hinab gestoßen, weil sie sich gegen die Autorität Mose und damit direkt gegen die Autorität Gottes erhoben hatten.

Dass solche Gerichte über gottlose Menschen kommen, ja ihnen verheißen sind, belegt Judas mit einem Buch, das an keiner anderen Stelle der Bibel erwähnt wird, dem Buch Henoch. Über Henoch wissen wir nicht viel. Er ist ein Kind der siebten Generation nach Adam und pflegte so engen Umgang mit Gott, das dieser ihn direkt in den Himmel entrückte. Davor soll er aber noch, so berichtet es das Buch Henoch, Visionen über die Zeit des Göttlichen Gerichts gehabt haben. Das Buch Henoch hat es nicht in den Kanon der Tora geschafft, es gehört zu den sogenannten Pseudepigraphen; d.h., das Buch Henoch ist nicht auf den biblischen Henoch zurückzuführen, irgend eine spätere, namentlich nicht bekannte Person, hat diese Worte Henoch in den Mund gelegt. Aus den Funden aus Qumran weiß man heute, dass die ältesten Teile ungefähr aus dem 3. Jahrhundert vor Christus stammen und damit ist auch klar, das Buch war zur Zeit Judas im jüdischen und im frühen christlichen Glauben offensichtlich bekannt und verbreitet und als Wort Gottes anerkannt.

Judas fordert mit Blick auf das kommende Gericht die Christen auf, täglich aktiv für ihren Glauben zu kämpfen und es ist klar, dass er damit auf die Aufforderung des Paulus Bezug nimmt, sich mit dem Wort Gottes und dem Glauben gegen die Angriffe der Welt zu wappnen (Eph 6, 10 – 18). Ein Rat, der bis heute nichts an Aktualität verloren hat.

Interessant, außer dem von Judas angekündigten Gericht, ist am Buch Henoch die Beschreibung des Messias als Sohn Gottes bzw. Menschensohn an der Seite des Vaters:

„Ich sah dort den, der ein Greisenhaupt besitzt, und sein Haupt war weiß wie Wolle, und bei ihm war ein anderer, dessen Antlitz das eines Menschen war, und sein Angesicht war voll Anmut, ähnlich dem eines heiligen Engels.“ (1 Hen 46, 1)

Auch über die Funktion dieses Menschensohnes gibt das Buch Henoch bereits Auskunft:

„Er [der Engel] gab mir zur Antwort: Dies ist der Menschensohn, der die Gerechtigkeit besitzt, bei dem die Gerechtigkeit wohnt und der alle Schätze der Geheimnisse offenbart; denn der Herr der Geister hat ihn auserwählt und sein Los übertrifft durch Rechtschaffenheit in Ewigkeit alles vor dem Herrn der Geister.“ (1 Hen 46,3)

In den weiteren Versen wird deutlich: Dieser Menschensohn wird aufgrund seiner besonderen Berufung der Welt das Evangelium verkünden [„der alle Schätze der Geheimnisse offenbart“], zum Richter über die Schöpfung und zum König über sein eigenes himmlisches Reich gesetzt werden.

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