1. Korinther 4 (8. + 9. August)

„So soll man uns betrachten: als Diener Christi und als Verwalter von Geheimnissen Gottes.“ (1. Kor 4,1)

Paulus bezieht diese Aufforderung auf sich, die anderen Apostel und alle Menschen, die in dieser Zeit unterwegs sind, das Evangelium zu verkünden, nicht auf die Korinther, die er als seine Kinder in Christus bezeichnet.

Und wie ein gestrenger Vater spricht er auch in diesem Kapitel zu ihnen. Er konfrontiert sie noch einmal mit ihrem Stolz und ihrer Überheblichkeit, jene Charakterschwächen, die einen unempfindlich für den Geist Gottes machen, die einen annehmen lassen, aus sich selbst heraus Stärke, Macht und Urteilsvermögen zu besitzen. Verglichen mit diesem zur Schau gestellten Glanz erscheine die dienende Stellung der Apostel, die sich freiwillig unter Dienst und Herrschaft ihres Herrn begeben hätten, geradezu erbärmlich. Und genau in diesem Punkt fordert er sie auf, den Dienst der Apostel als Vorbild für ihre Haltung und ihr Handeln zu nehmen.

Worum geht es hier?

Es geht darum in welcher Rolle sich der einzelne gegenüber Gott, aber auch gegenüber der Versammlung (der Kirche) sieht. Wenn Paulus davon spricht, dass sich einzelne „aufgebläht“ hätten, so meint er damit höchstwahrscheinlich religiösen Popanz. Die Redegewandteren und die aufgrund ihrer gesellschaftlichen Stellung Einflussreicheren (der einfache Taglöhner dürfte allein aufgrund seiner Bildung und seines von anderen festgelegten Tagesablaufs wenig Gelegenheit gehabt haben, ein evtl. vorhandenes Redetalent ausbilden zu lassen) hatten begonnen, das verkündete Evangelium (damals gab es noch keine Schriftform zum nachlesen und wieder nur die Privilegierten wären in der Lage gewesen es zu lesen) nach ihren Wünschen und ihrem Willen zu deuten. Und nach diesem Willen, waren sie damit berufen zu führen, denn nur sie hätten ja die Kenntnis, die sie dazu befähige zu dienen. Zu diesem Zeitpunkt entstand offensichtlich die Umkehrung von Christi Forderung: „Wer der Erste unter euch sein will, der sei der Diener aller.“ (Mk 9, 35) in „Wer sich selbst zum Diener aller erklärt, der sei euer Erster.“ – eine Fehldeutung, die sich vielerorts bis heute gehalten hat.

Die Nachfolger Christi dienen; wenn sie in einem Punkt Erste sind, dann beim Dienen. Das gilt für die Apostel und die anderen – wie Paulus sie nennt – Mitarbeiter des Herrn, das gilt aber auch für jeden einzelnen Christen, denn jeder von uns wird mit den Gaben ausgestattet, mit denen er dienen kann und soll.

Ausgestattet!

„Was besitzt du, das du nicht empfangen hast?“ (1. Kor4, 7)

Kein Theologiestudium der Welt, keine Ordination, keine päpstliche Berufung oder Konzilwahl befähigt einen Menschen eine Gemeinde oder gar die ganze christliche Schar zu führen, wenn Gott nicht die Gabe dazu gegeben hat. Und – bei Gott – wir haben erlebt, dass diese Dinge nicht immer Hand in Hand gehen!

Aber auch die andere Richtung gilt: Gott sendet Hirten aus, denen wir Gehorsam schulden. Es ist nicht an uns, zu entscheiden, ob dieser oder jener Hirte Gottes Wille und Entscheidung war oder nicht. Wir sind aufgerufen, offen und frei zu sprechen, wenn wir glauben zu erkennen, dass Wort und Hirte nicht in dieselbe Richtung führen, aber es ist nicht an uns zu urteilen. Dass es bei einigen Hirten offensichtlich an Demut gegenüber dem Herrn und dem ihnen zugeteilten Dienst mangelt, entbindet uns, die Kirche, nicht davon unsererseits in Wort und Tat demütig zu bleiben.

„Denn das Reich Gottes [besteht] nicht in Worten, sondern in Kraft!“ (1. Kor 4, 20)

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