„Seid barmherzig, wie auch euer Vater barmherzig ist“ (Lk 6,36)
Das Wort barmherzig setzt sich aus den beiden Teilen barm und herzig zusammen. Barm kommt in vielen alten Sprachen vor und hat dort ähnliche Bedeutungen, die allesamt Nähe, Offenheit, Anteilnahme, Hilfsbereitschaft bezeichnen. Mit Herz ist hier natürlich nicht das Organ gemeint, sondern der Sitz der Leidenschaft. Wenn Jesus uns also auffordert, barmherzig zu sein, so meint er, dass wir uns mit all unserer Leidenschaft in geschwisterlicher Liebe dem Nächsten zuwenden sollen, grade so, als ob es dabei um unser eigenes Leben ginge.
Auch wer mit „Nächster“ gemeint ist, wird durch die Stelle, an der dieser Spruch auftaucht, deutlich. Die Jahreslosung 2021 gehört zu dem Teil der Bergpredigt in dem Jesus von der Feindesliebe spricht. Nächster ist damit immer das unmittelbare Gegenüber ohne Ansehen der Person (Freund oder Feind?). In jener Zeit ohne Massenmedien beschränkte sich das natürlich auf die Menschen, denen man auf der Straße begegnet und das hat sich bis heute nicht geändert. Hinzu gekommen sind heute jedoch die Nächsten, die uns über die Medien begegnen und hier kann der Einzelne dann durchaus in Situationen kommen, in denen er sich überlastet fühlt. „Ich kann doch nicht die ganze Welt retten!“ Richtig, das hat Jesus schon getan. Und er möchte auch nicht, dass wir uns selbst ausbeuten. Hier spielt wiederum das Herz eine Rolle.