Daniel 3 (13. + 14. November)

Das Gedächtnis des Königs ist kurz. In dem Maße in welchem seine Macht zunimmt, wächst auch seine Arroganz und Selbstüberschätzung. Er lässt Standbilder von sich aufstellen und gibt den Befehl, dass diese von allen seinen Untertanen an seiner statt (er kann ja nicht überall gleichzeitig sein) wie ein Gott angebetet werden müssen. Wer es nicht tut, soll in einem großen Ofen verbrannt werden. Seine Untertanen folgen dem eindeutigen Befehl, Hananja, Misael und Asarja, die Freunde Daniels, aber nicht, da diese keine Götter neben ihrem Gott haben dürfen und sie ihm nach der seit der Verschleppung erfahrenen Gnade treu bleiben.

Natürlich finden sich sofort Menschen, die dieses schändliche Verhalten vor den König bringen – vermutlich, weil so die begehrten Jobs der Verwalter über die drei ihnen zugeteilten Provinzen frei würden. Der König ist wütend und lässt die abtrünnigen Juden zum Verhör in den Palast schaffen. Nachdem sie ihm freimütig erklärt haben, dass sie ihn niemals, auch nicht bei Androhung der Todesstrafe als Gott anbeten werden, weil sie nur einen Gott haben und anbeten, lässt er den Ofen für sie extra heiß vorheizen. Am Ende ist der Ofen so heiß, dass die Diener, welche die drei hineinwerfen durch die ausströmende Hitze des offenen Feuers umkommen.

Den drei Juden versengt das Feuer aber nicht ein Härchen und als der König in den Ofen schaut, sieht er dort nicht nur die drei, sondern noch eine vierte Person, die für ihn wie ein Sohn der Götter wirkt. Als er die drei wieder herausholen lässt, zeigen sie und ihre Kleidung keine Spur von Verbrennung, sie sind völlig unversehrt. War es tatsächlich der Sohn Gottes, der die drei im Feuer schützte oder hatte Gott einen seiner Engel gesandt? Das Ergebnis ist das Gleiche: Die drei hatten Nebukadnezar gesagt, dass egal, was mit ihnen im Feuer geschehe, dies der Wille ihres Gottes sei und dieser Wille ist nun auch für den König unübersehbar und überdeutlich. Nebukadnezar erkennt den Gott der Juden als einzigen Gott in seinem Reich an.

Ein geteiltes Meer, Boden der sich teilt und die Sünder im ewigen Feuer verschlingt, ein übermächtiges feindliches Heer, das durch das Eingreifen himmlischer Mächte tot umfällt, ein nachgewiesenermaßen äußerst tödliches Feuer, das den Kindern Gottes kein Haar krümmt – angesichts dieser Wunder scheint es nach der Auferstehung des Christus oder doch zumindest nach dem Ableben seiner Apostel mächtig still um den Allmächtigen geworden zu sein. Ohne Glaube an diesen Gott, nur anerkennend, was quantifizierbar ist, scheint dies zuzutreffen.

Wir übersehen dabei allerdings, dass wir in anderen Zeiten leben. Die Zeit der Erziehung, die Zeit des Erwachens der Kirche unseres Herrn ist abgeschlossen! Wir befinden uns in der Zeit der Ernte. Der „Schnitter“ zieht über die Äcker Gottes, die Erntehelfer trennen mittels Verkündigung und – mäßig gelungenem – Vorbild die Spreu vom Weizen. Jesus hat den Fürsten dieser Weltzeit besiegt und alle Macht über die Welt in seine Kirche gegeben. Es handelt sich hier aber einzig um die Macht des Glaubens; alle andere, weltliche Macht ist vergänglich, mit Bezugsrahmen Ewigkeit nur ein Trugbild.

Ausgestattet mit Glauben, lebendig wie ein Senfkorn, verändern die Jünger Christi (das müssen nicht zwingend getaufte Christen oder gar ordinierte Priester sein, Gott macht sich da sicher nicht von seinem Fußvolk abhängig) die Welt, verkündigen in seinem Namen das ewige Leben bei Gott und durch Gott. Sie verkündigen der ganzen Welt und führen damit den von Gott auserwählten Teil vom Tod hinüber zum ewigen Leben. Dieses Eingreifen Gottes, auch Wunder genannt, geschieht täglich vielfach überall auf der Welt.

Wir dürfen auch nicht die vielen „kleinen Wunder“ übersehen, die durch den Fortschritt in Wissenschaft und Technik möglich werden. Die katholische Kirche ist dazu übergegangen nur solche Dinge als Wunder anzuerkennen, die nicht wissenschaftlich erklärbar sind – man braucht diese Abgrenzung, um Menschen zu Heiligen erklären zu können. Doch meiner Ansicht nach ist das Humbug. Wer gibt uns Leben, sowohl das irdische wie das ewige? Wer gibt uns Erkenntnis über die Welt wie über den Himmel? Gott behandelt uns wie erwachsene Söhne und Töchter, das heißt er lässt uns handeln. Er gibt uns neue Wege frei, die wir dann natürlich selber gehen, und wenn wir dann ein Stück vorangekommen sind, stellen wir uns wie Nebukadnezar ein Standbild von uns selbst auf und fangen an uns selbst anzubeten. Wenn du dir mit dir selbst den Blick verstellst, kannst du Gott und sein Werk an uns nicht erkennen. Nur einer hat doch durch sein Sühnopfer Himmel und Welt versöhnt – geeint. Nur dieser Eine hat sich damit das Recht erworben, ganz allein und souverän über die Heiligkeit seiner Kirche und jedes der darin in seinem Namen handelnden Menschen zu befinden!

Für die Kinder Gottes gibt es daher spätestens seit der Auferstehung des Christus keine Trennung mehr zwischen Himmel und Erde. Alles, was geschieht, geschieht durch den Willen und das Eingreifen Gottes – das war vor der Menschwerdung Christi so, das ist es jetzt umso mehr. Alles, was wir sehen und erleben hat den Status eines Wunders verdient. Jeden Tag, an dem wir uns mit all unserem Wissen und unserer Selbstanbetung nicht in die Luft jagen oder uns in anderer geeigneter Art und Weise jegliche Lebensgrundlage entziehen, verdanken wir seiner Gnade. Es ist doch offensichtlich, dass wir nicht in der Lage sind, die zahlreichen Feuer, die wir an die Welt gelegt haben zu löschen. Vermutlich fehlt uns der Wille dazu, ganz sicher aber der Glaube. Doch das Reich der Himmel ist gegenwärtig in jedem Menschen, der den Ruf seines Gottes vernimmt und ihm folgt. Zwischen all dem offensichtlichen Elend, dem erduldeten Unrecht, den aus Egoismus und Not gezeugten Kriegen – zwischen all diesem Tod leben wir, die Heiligen Gottes, Bürger des Himmels, die vom Feuer der Welt nicht verzehrt werden können und der Sohn Gottes ist mitten unter uns.

Du bist ein Wunder Gottes! Durch das Erlösungswerk Christi liegt es heute ganz in deiner Hand, wie groß dieses Wunder in dir werden darf.

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