„Friede sei mit euch!“ (Joh 20, 19)

„Der Friede sei mit euch allen!“ Mit diesen Worten grüßte der neue Papst Leo XIV. die jubelnde Menge auf dem Petersplatz in Rom, als er sich seiner Kirche vorstellte. Wir haben einen Papst! So hieß es kurz davor von der Benediktionsloggia – und ich habe bemerkt, wie tief katholisch ich doch immer noch bin. Es rührt mich zutiefst; wir haben wieder einen Papst. Er tritt auf die Loggia und ich könnt heulen vor Freude. Was ist das? An sich habe ich ein recht nüchternes Verhältnis zu all dem katholischen Pomp. Die Kirche, das sind für mich die Menschen, mit denen ich hier unterwegs bin. Die Kirche, das ist für mich Familie und Rom ist weit weg. Dass wir gemeinsam mit Gott auf dem Weg sind und – und das ist eigentlich der viel wichtigere Blickwinkel! – er mit uns, das bewegt mich immer wieder aufs Neue, wenn mir das wieder bewusstwird. Dieser Gott ist mit uns auf dem Weg! Was kann es Größeres geben? Und dann ruft einer „Habemus Papam!“ von einem kleinen Balkon und ich bin hingerissen und kann mich kaum noch beherrschen. Was ist das?

Gott hat mich, seit er mich eingesammelt hat, empfänglicher gemacht für Emotionen. Die waren schon immer stark in mir, so stark, dass ich sie mein Leben lang eher zurückhalte, mich vielleicht sogar ein bisschen fürchte vor ihnen. Auf Außenstehende wirkt das cool im positiven und distanziert im negativen Sinn, für mich ist das harte Arbeit, allerdings keine, die ich steuern könnte, ebenso wenig wie die Emotionen, dieser Kampf in mir beginnt ganz automatisch – jedes Mal.

Und seit Gott mich eingesammelt hat, überwinden die Emotionen die errichtete Mauer scheinbar leichter. Vielleicht schreibe ich nur deshalb hier, weil Gott in diesem Kampf die Kräfteverhältnisse geändert hat.

„Der Friede sei mit euch allen!“ Ja. Das trifft genau ins Schwarze. Wir haben den Weg verloren. Wir haben den Frieden verloren. Und wenn der Frieden von Gott kommt, haben wir dann nicht auch Gott verloren? Aus den Augen verloren vielleicht, doch Papst Leo hat auch recht, wenn er sagt: „Wir sind alle in Gottes Hand.“ Wir können Gott nicht verlieren, denn er hält uns. Doch unsere Augen sind trügerisch. Wenn sie nach Gott suchen, so finden sie nichts. Gott ist in uns. Wir können in uns hineinhören und hören dann oft nichts oder – noch schlimmer – beängstigenden Lärm. Es braucht viel Gebet (Meditation) bis wir still genug sind, das Flüstern Gottes in der Stille erahnen zu können. In uns hinein sehen können wir aber nicht, weshalb bei der Meditation auch oft die Augen geschlossen sind. Wenn wir mit den Augen nach Gott suchen, sehen wir nichts.

Vielleicht ist es ja das, was mich so am Papst berührt. Ich brauche keine Meditation, um ihn hören zu können und ich kann ihn mit meinen Augen sehen. Es ist mir absolut klar: Er hat nicht mehr mit Gott gemein, als jeder andere Mensch und doch hat es eine andere Bedeutung wenn ich nach Rom blicke, wenn ich auf den Papst schaue. Er ist für mich nicht der Stellvertreter Christi auf Erden, Christus lebt und wirkt und braucht keinen Stellvertreter. Aber als Mensch nehme ich die Welt, in der ich lebe mit meinen Sinnen wahr und verarbeite, was ich wahrnehme mit meinem Verstand. Für den Geist ist das Zentrum meines Glaubens bei Gott, für meine Sinne ist es in Rom. Und Paulus stellte damals schon ganz richtig fest: Der Mensch ist Körper (mit all seinen Sinnen und dem Verstand), Geist und Seele (die beiden bilden das spirituelle „Herz“ des Menschen). Und Gott spricht immer zum ganzen Menschen, er gibt uns den Papst (so versuche ich das zu verstehen), weil wir in dieser Welt leben und auch hier leben sollen, bis unser Weg hier endet.

Diese Welt ist außer Rand und Band. Regeln, welche die Zivilisation über lange Zeit zusammengehalten haben, lösen sich vor unseren Augen auf. Wir zerstören die Natur, die uns am Leben hält, wir töten Menschen mit unserer Gier und mit unseren Waffen. Offensichtlich finden wir Gefallen am „Overkill“. In diesen Wahnsinn hinein ruft Papst Leo den Gruß unseres Herrn: „Friede sei mit euch!“

„Habemus Papam!“ Alles in dieser Welt ändert sich gerade radikal. Doch in diese Zeit des Umsturzes tönt der Jahrhunderte alte Ruf: „Wir haben einen Papst!“

Es ist, als ob Gott uns sichtbar für unsere Augen und hörbar für unsere Ohren wissen lassen möchte: „Ich bin da! Gestern, heute und in Ewigkeit! In mir habt ihr Frieden! In mir habt ihr Verlässlichkeit! In mir habt ihr Hoffnung!“

Kein Wunder rührt mich das!

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