In der Sendung Terra Xplore zum Thema „Gehorsam“ stellte die Moderatorin Jasmina Neudecker den guten Gehorsam dem schlechten gegenüber. Schlechter Gehorsam meint das blinde Befolgen von Anweisungen. Guter Gehorsam meint das Befolgen von Anweisungen deren Sinn man anerkennt. Dazwischen gibt es eine Grauzone: Das Befolgen von Anweisungen in Situationen, die für einen selbst im Moment zu komplex sind, um sie beurteilen zu können. Ein Beispiel wäre, wenn Eltern ihrem Kind sagen, dass es am Straßenrand stehen bleiben soll. Das Beispiel zeigt auch gleichzeitig, dass sich diese Grauzone im Laufe des Lebens verschiebt.
Das Wort Gehorsam hat über die Jahre einen schlechten Ruf bekommen; wir verbinden das Wort Gehorsam heute vorwiegend mit dem schlechten Gehorsam, dem blinden Befolgen von Anweisungen meist begleitet von einem Verlust an Freiheit und oft mit katastrophalen Folgen. Jasmina Neudecker regte deshalb am Ende der Sendung an, ein neues Wort für Gehorsam zu finden.
Warum eigentlich? Wenn ich selbstbestimmt bin, dann entscheide ich auch selbst, welche Bedeutung ein Wort für mich hat. Ich bin Herr über meine Sprache. Ich entscheide, in welchem Kontext ich Wörter wahrnehme. Ich entscheide in welchem Kontext ich Wörter benutze. Ich entscheide darüber, was ich denke, was ich sage und was ich tue. Natürlich entscheide ich auch, welchen Anweisungen ich Gehorsam leiste und welchen nicht.
Das ist egozentrisch und nicht christlich meinst du? Falsch. Genau dazu ruft Gutt mich auf, wenn er sagt, dass ich zuerst ihm Gehorsam leisten soll.
„Man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen.“ (Apg 5, 29)
Anders als Menschen weiht Gott uns in seinen Plan ein und wenn wir sein Wort aufmerksam lesen, erklärt er uns auch das Ziel seiner Anweisungen. Ich kann also abschätzen, ob das, was er sagt, für mich einen Sinn ergibt, ob der vorgeschlagene Weg einer ist, den ich selbst gehen möchte. Und dann sagt er mir eben: Wenn du das möchtest, so funktioniert das nur, wenn du dabei die Prinzipien beherzigst, die ich dir mit auf diesen Weg gebe. Da ich den ganzen Weg von meinem augenblicklichen Standort aus nicht überblicken kann, ist die Situation für mich zu komplex, um sie ganz zu durchschauen. Ich muss als demjenigen vertrauen, der mir das Ziel nennt. Das ist Glaube.
Das Ziel, das Gott mir vorschlägt, ist eine geschwisterliche Gemeinschaft, in der einer für den anderen da ist. Für mich klingt das bereits sehr verlockend. Doch er setzt noch einen drauf: Diese Gemeinschaft mündet in dem großen, himmlischen Reich, in dem ich in Gemeinschaft mit diesem Gott ewig leben werde. Seine Anweisungen machen also in diesem Leben Sinn, weil sie schon in diesem Leben ein Ziel verfolgen, das ich (hier und dort) gerne erreichen möchte. Und um Druck rauszunehmen, sagt Gott dann noch: Um das „Dort“ musst du dich nicht kümmern, dafür habe ich schon gesorgt. Prüfe und erkenne nur, dass meine Anweisungen für dich tatsächlich Sinn ergeben. Und dann handle danach.
Grob gesprochen sind das die Zehn Gebote. Und wie die genau zu verstehen sind und damit das nicht in eine Regulierungswut und Korinthenkackerei ausartet, erklärt mir das dann Jesus in vielen konkreten Beispielen, in Gleichnissen und in der Bergpredigt.
„Ich nenne euch nicht mehr Knechte; denn der Knecht weiß nicht, was sein Herr tut. Vielmehr habe ich euch Freunde genannt; denn ich habe euch alles mitgeteilt, was ich von meinem Vater gehört habe.“ (Joh 15,15)
Gott hat uns vollständig in seinen Plan eingeweiht! Und weil ihm das nicht genug ist, gibt er uns noch seinen Geist dazu – gewissermaßen das Rote Telefon, so dass wir Rückspräche nehmen können, wenn uns was nicht klar ist … und diesen direkten Draht sollen wir natürlich auch nutzen. Gott fordert uns auf, in diesem Leben ein Team mit ihm zu bilden. Er hat nicht nur einmal eine Route ausgegeben, er wird mit uns auch jeden Schritt gehen, wenn wir dieses Angebot von ihm in Anspruch nehmen.
Wir haben also einen Weg und ein Ziel in dieser (und für den, der glaubt in der nächsten) Welt. Wir haben Anweisungen, die auf diesem Weg zu beachten sind, damit es überhaupt funktioniert und wir sind aufgefordert, uns über den Sinn dieser Anweisungen Gedanken zu machen, uns immer wieder davon zu überzeugen im Studium des Wortes, in Gebet, Meditation, Lobpreis – was immer uns dabei hilft.
Wenn mich das Angebot Gottes überzeugt hat, dann – so sagt er – stehen sein Ziel und seine Anweisungen an der ersten Stelle meiner Prioritätenliste, denn wenn ich überzeugt bin, dann ist sein Ziel auch mein Ziel und dann ist Gehorsam gegenüber seinen Anweisungen eine willkommene Hilfestellung, weil ich mich daran, weil ich mich an seinem Wort und Rat orientieren kann.
Und dann macht mich mein Gehorsam gegenüber Gott frei. Dann befreit mich der Gehorsam von sinnlosen, menschenverachtenden oder anderen gefährlichen Anweisungen von Menschen, die in mir nur einen Handlanger für ihre zweifelhaften Ziele sehen. Selbst wenn mir vielleicht hier Gehorsam einen kurzfristigen Vorteil brächte, so würde mich dieser doch von meinem eigenen Ziel ablenken.
Wenn ich Gottes Ziel zu meinem Ziel mache, so wahren seine Anweisungen meine Interessen!
Gehorsam gegenüber Gott bedeutet Freiheit, denn er hält mich auf dem Weg, den ich als den richtigen für mich erkannt habe. Gehorsam gegenüber Gott macht mich unempfindlicher gegen den anderen Gehorsam, der mich von meinem Weg abbringt und mich daher unfrei macht. Wenn ich den Weg eines anderen gehe, dann bin ich nicht frei. Gehorsam gegenüber Gott ist das Navi auf meinem Weg.
„Denn ihr seid zur Freiheit berufen, Brüder und Schwestern. Nur nehmt die Freiheit nicht zum Vorwand für das Fleisch, sondern dient einander in Liebe!“ (Gal 5,13)
„Gehorsam ohne Freiheit ist Sklaverei, Freiheit ohne Gehorsam ist Willkür. Der Gehorsam bindet die Freiheit, die Freiheit adelt den Gehorsam“ (Dietrich Bonhoeffer)