„Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist, und Gott, was Gottes ist!“ (Mt 22,21)

Schlägt Jesus hier die Trennung von Kirche und Staat vor? Nein, denn Jesus redet nie über das Konzept des weltlichen Staates, sondern immer über den Menschen – den Menschen als Individuum und den Menschen als Teil einer Gruppe.

Ein (weltlicher) Staat ist ein von Menschen geschaffenes, künstliches Gebilde. Der Mensch ist dessen Schöpfer, der Mensch bestimmt also auch die Regeln, die in diesem „Geschöpf“ gelten. Der Mensch selbst aber ist Gottes Geschöpf und Gott bestimmt die Regeln, die in seinem Leben gelten. Auch wenn diese Regeln heute mit denen der humanistischen Bewegung in vielen Dingen übereinstimmen, haben sie doch einen wesentlichen Unterschied:

Regeln, die vom Menschen aufgestellt werden, können immer grundsätzlich infrage gestellt und geändert werden. So gibt es Menschen, die selbst die grundlegendsten Menschenrechte infrage stellen, die die Existenz von „dem Menschen naturgegebenen Rechten“ anzweifeln.

Von Gott gegebene Regeln sind uns – den Glauben an Gott vorausgesetzt – vorgegeben, können also vom Menschen nicht geändert werden. Die Geschichte zeigt, dass Gottes Regeln über die Zeit höchst unterschiedlich ausgelegt wurden und werden, doch in jedem Fall muss man sich zuerst diesen Regeln stellen, man muss sich mit ihnen auseinandersetzen, denn sie stehen außer Frage!

Ein Mensch, der an diesen Gott glaubt und glaubt, dass er Gottes Geschöpf ist, erkennt natürlich – und auch das steht so in der Bibel – dass er jetzt ein Wesen in dieser Welt ist, was ihn den hier von Menschen gemachten Regeln unterwirft, „gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist“, gleichzeitig ist er aber Geschöpf Gottes und seinen Regeln unterworfen, „und [gebt] Gott was Gottes ist“. Was dem künstlichen Gebilde Staat möglich ist, das ist dem Menschen nicht möglich. Er kann nicht das eine vom anderen trennen, also – vereinfacht ausgedrückt – am Sonntag ein Geschöpf Gottes sein und an den anderen Tagen ein Geschöpf der Welt; er ist an allen Tagen zu jeder Stunde beides. Und da ein Staat sich nun einmal aus einer Gruppe von Menschen bildet, sind der Trennung von Kirche und Staat auf der persönlichen, menschlichen Ebene Grenzen gesetzt.

So trage ich als Christ immer eine ideologische Brille, eine Brille, die den Fokus auf die christlichen Werte setzt, die – das sei hier erwähnt – in der Bibel stehen und nicht einem Parteiprogramm! Jesus hat die christlichen Werte auf einen einfachen Nenner gebracht:

„»Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit deinem ganzen Herzen und mit deiner ganzen Seele und mit deinem ganzen Denken«. Das ist das erste und größte Gebot. Und das zweite ist ihm vergleichbar: »Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst«. An diesen zwei Geboten hängen das ganze Gesetz und die Propheten.“ (Mt 22,37-40)

Oder wie Paulus es sagt: „Alles, was ihr tut, geschehe in Liebe“ (1 Kor 16,15)

Als Christ trage ich diese Brille immer. Wenn ich sie abnehme, dann höre ich auf Christ zu sein!

Natürlich, wenn die Mehrheit in diesem Land (also deren auf Zeit gewählte Repräsentanten im Parlament) etwas entscheidet, so muss ich diese Entscheidung respektieren und nach bestem Wissen und Gewissen in meinem Alltag umsetzen – auch, so ich auf diesem Gebiet tätig bin, in meinem politischen Handeln und den in diesem Zusammenhang gemachten Äußerungen. Recht und Freiheit erfordert immer auch persönliche Verantwortung.  Das ist Demokratie, das ist aber auch Mt 22,21. Doch die Mehrheit entscheidet nicht darüber, was aus christlicher Sicht – durch die christlich-ideologische Brille – richtig oder falsch ist. Die Geschichte um Adam und Eva mag naturwissenschaftlich widerlegt sein, sie belegt aber sehr deutlich, dass selbst eine einstimmige Entscheidung falsch sein kann – wie viel mehr wiegt diese Einsicht, wenn – wie in Demokratien üblich – verschiedene Meinungen über den zukünftigen Weg im Raum stehen.

Christen ist der Plan Gottes mit den Menschen nun durch Christus offengelegt. Die christlich-ideologische Brille, das ist der Heilige Geist, der uns die christliche Wahrheit sehen und hoffentlich auch erkennen lässt.

Und wenn wir uns die Geschichte der Christenheit ansehen, dann haben wir diese Brille oft abgenommen und sind weiterhin täglich in der Versuchung, es wieder zu tun.

Wir beuten die Ressourcen dieses Planeten heute aus und überlassen die daraus entstehenden Probleme „dem technischen Fortschritt“ – also den Menschen, die nach uns leben, die aber in diesem Kontext die oben genannten „Nächsten“ sind.

Wir lassen die Armen, die Hilfsbedürftigen in unserem Land und in der Welt zurück, weil sie scheinbar dem Wirtschaftswachstum im Wege stehen.

Wir führen Kriege um Land, das nicht uns, sondern Gott gehört.

Wir führen überhaupt Kriege. Hier ist die christlich-ideologische Brille unmissverständlich. Krieg ist aus christlicher Sicht immer falsch. In der Ukraine führt keine Seite einen vor Gott gerechten Krieg! Doch ganz so einfach ist es hier dann doch nicht, denn das zehnte Gebot sagt: „Du sollst nicht begehren deines Nächsten Hab und Gut“. Die christlich-ideologische Brille zeigt: Russland muss umkehren, Russland muss sich aus der Ukraine zurückziehen, Russland muss den angerichteten Schaden wiedergutmachen. Dann sind die Menschen in der Ukraine dran: Spätestens dann müssen sie umkehren, indem sie den Menschen in Russland vergeben. Und das wird die wesentlich schwerere Aufgabe sein. Material und Geld lässt sich leicht bewegen, wenn der Wille da ist – das Herz tut sich damit immer schwerer. Ganz ähnlich ist die Situation zwischen Israel und den Palästinensern (oder anderen verfeindeten Gruppen, die Gewalt gegeneinander anwenden).

Machen wir uns also bewusst:

Eine Objektivität ist dem Menschen vorenthalten, er ist dazu verdammt, immer alles aus seiner persönlichen Sicht zu sehen; wir tragen immer eine ideologische Brille. Christus hat uns aber eine neue angeboten, eine Brille, die uns eine Sicht auf die Dinge erlaubt, die wir allein, aus eigener Kraft nicht erreichen können, denn die Regeln, die uns das Gesehene erklären, sind nicht von uns aufgestellt und damit nicht änderbar. Mit unserem Bekenntnis zu Christus haben wir Seine Brille aufgesetzt. Lasst uns Gott beständig um den Mut bitten, sie auch aufzubehalten!

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