Judas

Wieder so eine Nacht. Der Körper ist hundemüde aber im Kopf herrscht Unruhe. Nach kurzen Schlafphasen wälze ich mich im Bett umher. Also fangen schließlich sämtliche Gliedmaßen an sich zu beschweren, dass ich sie mir schließlich am liebsten ausreißen würde, damit sie endlich Ruhe geben. Wie wird sich Jesus in dieser Nacht vor seiner Verhaftung gefühlt haben? Er wird wenig Schlaf bekommen haben.

Aber es soll hier um Judas gehen.

Judas war enttäuscht von diesem Messias. „Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist!“ – Geht’s noch? Hier ist das Volk Gottes, über Jahrhunderte von Kriegen und Elend gepeinigt, jetzt aktuell von der römischen Besatzungsmacht beherrscht und unterdrückt. Dieses arme Land Israel finanziert mit seinen vom Mund abgesparten Steuern den nächsten Feldzug eines fernen Kaisers und den dekadenten Lebensstil der Römer. Und da kommt dieser Jesus, der offensichtlich große Macht hat und dies alles beenden und Israel den alten Glanz zurück geben könnte und redet von Feindesliebe, davon den Krempel des römischen Soldaten einfach aus Freundlichkeit die doppelte Strecke wie gefordert zu tragen, den eigenen Besitz (äh, welchen Besitz denn?) aufzugeben und ihm nachzulaufen (wohin denn?). Er ist gar nicht interessiert an der Wiedererrichtung des Gottesstaates durch Menschenhand. Er redet von einem Reich Gottes tief in uns drin. Hunger, Armut, Katastrophen, Krankheiten, Kriege auf der einen, Aufrüstung, Abschottung, Wohlstand, Luxus, Dekadenz auf der anderen Seite. Wo ist denn diese Allmacht Gottes? Wo ist denn die viel gepriesene Gerechtigkeit Gottes? Warum lässt er all dieses Elend bei seinen Kindern zu?

Reden wir hier überhaupt noch von Judas?

Was hat Gott uns in Jesus gegeben? Warum schaut er zu?

Ein Sprichwort sagt: „Gib Kindern einen Stapel Bretter und sie bauen eine Hütte, gib ihnen eine Hütte und sie machen Brennholz daraus.“

Wir sind diese Kinder und Gott hat uns im Anfang eine Hütte gegeben, aus der wir in unserer Abkehr von ihm Brennholz gemacht haben. Ja, die Welt brennt bis heute. Die Nachrichten sind voll von dem Brand. Wir haben Anlass Tag und Nacht über das Feuer zu weinen, das wir fahrlässig – ja böswillig – an die ganze Welt gelegt haben, aber wir heulen in tagelangen Sondersendungen über eine brennende Kirche in Frankreich.

Jesus will uns mit seiner Botschaft die Augen für die Wahrheit öffnen. Er hat uns das Licht gegeben um zu erkennen und er hat uns mit seiner Aufforderung zur Nächsten- und Feindesliebe die Bretter an die Hand gegeben, damit wir eine Hütte bauen können. Wenn wir genauer hinsehen, stellen wir fest: Wir sind diese Bretter, denn nur wir können lieben. Und Gott versichert uns: Ich liebe euch und bin bei euch – immer und bei allem, was ihr in meinem Namen tut. Wenn ihr endlich anfangt zu bauen, dann baue ich mit euch mein Reich.

Jesus hat uns deutlich gesagt und gezeigt was er meint, was er will. Hören wir auf zu fordern, hören wir auf Judas zu sein, hören wir zu und folgen.