Markus 8, 1 – 13 (30. Januar)

Ein weiteres Brotwunder und die Verwehrung eines Wunders für die Pharisäer stehen im Blickpunkt der heutigen Abschnitte.

Jesus befindet sich immer noch im Gebiet der Dekapolis, also der zehn Städte, die mehr durch die griechische, denn durch die jüdische Kultur geprägt waren. Wieder ist eine große Menge Menschen anwesend, die Jesu Lehren seit Tagen aufmerksam und geduldig zuhören. Als Jesu merkt, dass die Anwesenden hungrig sind, lässt er wieder eine kleine Menge Brot und Fische verteilen, nachdem er das Essen gesegnet hat. Wieder bleibt mehr übrig, als zu Beginn zur Verfügung stand, dieses Mal ist von sieben Körben Brot die Rede.

Auch wenn es offensichtliche Parallelen zum ersten Brotwunder gibt, so sind doch wesentliche Unterschiede zu erkennen. Beim ersten Brotwunder hatte Jesus vor Juden gepredigt, also den eigenen Leuten die Erfüllung der Weissagungen der Bibel verkündet. Dieses Mal predigte er vor Menschen, die keine oder nur wenige Berührungspunkte mit dem jüdischen Glauben mitbrachten. Während also im ersten Fall die Menschen zu einem mutmaßlichen Propheten kamen, war hier „der Prophet zum Berg“ gekommen. Doch die Menschen hier in der Diaspora hörten ihm sogar über mehrere Tage aufmerksam und geduldig zu, zeigten also mehr Eifer und Interesse, als die eigenen Leute. Es deutet sich hier bereits an, dass die Botschaft Jesu vor allem außerhalb des jüdischen Glaubens auf fruchtbaren Boden fallen wird.

Dies wird von Jesus durch das zweite Brotwunder noch befördert und bekräftigt. Durch die Verteilung der Brote und der Fische erreicht er, dass Juden und Heiden gemeinsam essen, ein absolutes No-Go in jenen Tagen! Jesus hebt damit ganz offiziell die im Alten Bund eingeführte strikte Trennung zwischen Juden und Heiden auf, die zukünftige Kirche Gottes wird keine trennenden Religionen mehr benötigen oder zulassen. Der Glaube ans Wort wird das alle Gläubigen einende Element sein.

Was hat es mit der Zahl Sieben auf sich? Wir hatten es ja schon von der Zahl 12. Zwölf steht für die zwölf Stämme Israels, aber durch die zwölf Apostel auch für die neue Kirche unter Christus. Sieben steht für die ganze Schöpfung, die, so die biblische Überlieferung, in sieben Tagen erschaffen wurde. Während also das erste Brotwunder nach innen gerichtet ist, also den Gläubigen zeigt, wie sie den Menschen innerhalb ihrer Kirche (seien es nun Gläubige oder Gäste) begegnen sollen, so macht das zweite Brotwunder deutlich, dass dieselben Regeln auch nach außen gelten, also wenn die Kirche Christi auf die Welt zugeht. Die Kirche unseres Herrn ist offen, egal wo sie wirkt. Gott wirkt durch uns seine Wunder nicht nur „auf heiligem Grund“, die ganze Welt ist ab sofort dieser heilige Grund. Auch jede Form von moderner Entwicklungshilfe ist demnach christlicher Auftrag. Gott sagt uns zu, dass er auch hier durch uns wirken wird, wenn wir ihm vertrauen.

Umgekehrt verwehrt Jesus den Pharisäern ein himmlisches Zeichen, als diese von ihm eins fordern. Wie immer stehen die Pharisäer für Menschen, die sich selbst als gläubig und treu bezeichnen, es aber bei genauerer Betrachtung nicht sind. Die Pharisäer fordern hier ein Zeichen vom Himmel, d.h., einen wissenschaftlichen Beweis, der einen Glauben an Jesu Botschaft rechtfertigen würde. Sie erkennen nicht, dass Jesus selbst das Zeichen ist, das ihnen verheißen und nun gesandt wurde. Gott ruft uns zum Glauben, um uns zu retten. Sein Werk ist wahr und richtig, wie die Erfüllung der alten Prophezeiungen zeigt, er rechtfertigt sich nicht dafür. Gott sagt: „Ich bin hier – kommt!“ Wer dem Ruf folgt, wird Zeichen erleben (weil ihm seine Sinne dafür geöffnet werden), wer aber auf Zeichen wartet, ehe er sich in Bewegung setzt, wird vergeblich warten. „Sehen heißt glauben“ ist kein Prinzip christlichen Glaubens, das lautet nämlich „glaube und du wirst sehen“.

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