Matthäus 6 (13. – 15. Januar)

„Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit ganzem Herzen, mit ganzer Seele und mit deinem ganzen Denken. Das ist das wichtigste und erste Gebot. Ebenso wichtig ist das zweite: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.“ (Mt 22, 37-39)

Erklärte Jesus uns im letzten Kapitel, wie unsere innere Haltung dem Nächsten gegenüber sein soll, so erläutert er hier unsere Haltung Gott gegenüber.

Im Alltag macht dieser Gott nicht viele Worte, er klopft uns nicht auf die Schulter und lobt uns, wenn wir nach seinem Willen vorbildlich gehandelt haben. Daher ist die Versuchung oft gegeben, das Gute so auffällig zu tun, dass wir Lob und Bewunderung von anderer Seite erfahren.

Dies offenbart eine falsche Haltung Gott gegenüber, denn offensichtlich vertrauen wir nicht darauf, dass er uns und unsere Vorbildfunktion in der Gesellschaft wahrnimmt und richtig würdigt. Damit versagen wir uns aber selbst die Freundschaft zu diesem Gott, denn der Freund ist auch dann in unserem Herzen, wenn wir ihn nicht sehen und hören. Das gilt für Freunde unter unseren Mitmenschen, das gilt um so mehr für Gott, der überall und in allem ist. Wenn ich eine vertrauensvolle, freundschaftliche Haltung gegenüber meinem Gott habe, bin ich auf öffentliche Anerkennung nicht angewiesen. Ich weiß, dass er in jedem Moment bei mir ist, weil ich seine Anwesenheit fühlen kann.

In dieser Haltung kann der Spruch „Dein Wille geschehe“ im Vater-unser dann sogar eine Bedeutungsverschiebung erfahren. Die Bedeutung verschiebt sich von „Du bist der Boss und entscheidest, was passiert“ zu „Ich habe verstanden, was du von mir erwartest und tue es.“

Mit diesem Verständnis sind die nachfolgenden Bitten eben nicht nur Bitten, sondern die Bestätigung: Ich erkenne, dass ich das all das von dir, meinem Gott, bekomme und ich handle, dieser Gewissheit folgend, genauso auch an meinen Nächsten.

Das heißt, ich erkenne an dem was ich von Gott erfahre und erhalte, was ich selbst weitergebe.

Das ist eine grundlegend andere Haltung zu Gott. Er ist nicht (mehr) der fordernde, allmächtige und verdammende Boss über mir, er ist der Freund an meiner Seite, der mir durch seine Gaben die Freiheit gibt, nach dem Wesen zu leben, das er in mich gelegt hat. Mein Gott befreit mich zu dem Menschen, der ich im tiefsten Inneren bin.

Mein Gott ist in jeder Hinsicht mein Versorger. Das ist der Unterschied zwischen einem Menschen der Gott in seinem Leben hat zu den anderen. Ich weiß (im Sinne von „ich vertraue darauf, dass du mir das zugesichert hast und zu deinem Wort stehst“), dass es hinter dem vor mir liegenden, finsteren Tal wieder aufwärts geht und heller wird. Gott tröstet mich, wo mir die Welt nur Trostlosigkeit gibt und wo in dieser Welt Hoffnungslosigkeit herrscht, ist Gott selbst meine Hoffnung. In Trost und Hoffnung liegt die Kraft, den jeweils nächsten Schritt zu tun.

Menschen, die mit Christus gehen, sind niemals allein!

Und so ist dann auch klar, dass die Verse 25 bis 34 nicht zum Leichtsinn aufrufen. Wenn ich in mir die Gewissheit trage, dass Gott an meiner Seite ist, wenn ich also in Gott ein allmächtiges, liebendes Wesen erkenne, das an mir interessiert ist und mich durch diese Welt und dieses Leben führt, dann werde ich Welt und Leben anders wahrnehmen. Wenn ich darauf vertraue, dass die Lasten dieses Lebens von einem liebenden, allmächtigen Gott mitgetragen werden, werde ich sie leichter schultern, einfach, weil meine Haltung dazu eine andere ist. Und so spiegelt meine Art, auf das Leben zuzugehen, meine Haltung meinem Gott gegenüber 1:1 wider.

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