Blinde Führer – Römer 1,18 – 2,29 (23. – 26. März)

„Denn der Zorn Gottes wird vom Himmel herab offenbart wider alle Gottlosigkeit und Ungerechtigkeit der Menschen, die die Wahrheit durch Ungerechtigkeit niederhalten.” (Röm 1,18)

Paulus kündigt den gottlosen Menschen das harte Gericht Gottes an. Mehr noch: Gott kennt die ihm Untreuen genauso gut wie seine Freunde und er hat Macht über die Angehörigen beider Gruppen. Erstere hat er ihrem eigenen Verderben ausgeliefert – Gott achtet nicht die Person, wertet nicht nach Äußerlichkeiten, aber er sieht in das Herz jedes einzelnen Menschen. Ist dort Finsternis, so werden diese Menschen in Finsternis wandeln und ihrer Handlungen bringen Finsternis und Gericht über sie und jenen, die ihrem Vorbild folgen.

Dabei hebt Paulus die tradierte Einteilung der Juden auf!

Juden sehen sich selbst allein aufgrund des alten über Mose mit Gott geschlossenen Bundes auf der Freundesseite und die „Griechen und Barbaren” auf der Seite der Feinde. Diese Einteilung, die sich nur auf Äußerlichkeiten gründet, ist falsch; Paulus benutzt hier das Bild der Beschneidung des Fleisches (Äußerlichkeit) und der Beschneidung des Herzens (wahre Freundschaft) um den Unterschied zu verdeutlichen.

Jene sind Freunde Gottes, die nach seiner Weisheit leben, nicht jene, die sie auswendig aufsagen können!

Die Tatsache, dass Juden die Weisheit Gottes durch ihre heiligen Schriften und die Propheten kennen und doch gegen diese ewigen Werte handeln, macht es sogar doppelt schlimm.

Christen machen es heute aber nicht besser. „Höre auf das was Christen sagen, aber tu nicht, was sie tun” ist ein verbreitetes Sprichwort bei Nicht-Christen. Wir mögen ja das Evangelium gehört haben, manche, insbesondere Kleriker, haben sogar große Fertigkeit darin, Stellen daraus zur rezitieren und professionell zu deuten. Doch oft sucht man vergeblich nach Haltungen und Handlungen, die der scheinbaren Erkenntnis entsprächen.

Und wenn wir ganz genau hinsehen, dann finden wir auch heute Menschen, die nicht-christlichen Religionsgemeinschaften oder sogar gar keiner Religion angehören und die trotzdem mehr nach den Werten der Bergpredigt leben, als es so mancher Bischof tut.

Paulus würde uns heute vor der falschen Sicherheit der Zugehörigkeit zu einer (natürlich der „richtigen”) Religionsgemeinschaft warnen und nichts darauf zu geben, von einem – natürlich geweihten – Amtsträger getauft worden zu sein, denn nur wer von Gott mit Heiligem Geist getauft ist, ist aus dem Geist geboren und ein Freund, ein Kind Gottes. Wir tragen den Geist Gottes im Herzen, nicht auf dem Kopf und nicht am übrigen Körper.

Über den Grad der Gotteserkenntnis des Einzelnen entscheidet allein Gott, keine Beschneidung, keine Taufe und auch keine Weihe. Er bereitet uns vor, er ruft uns und er begleitet uns, wenn wir dem Ruf folgen.

„Denn Jude ist nicht, wer es nach außen hin ist, und Beschneidung ist nicht, was sichtbar am Fleisch geschieht, sondern Jude ist, wer es im Verborgenen ist, und Beschneidung ist, was am Herzen durch den Geist, nicht durch den Buchstaben geschieht. Der Ruhm eines solchen Juden kommt nicht von Menschen, sondern von Gott.” (Röm 2, 28-29)

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