1. Samuel 13+14 (20. + 25. August)

Saul regiert und bereitet seinen Sohn schon einmal auf die spätere Amtsübernahme vor, indem er ihm Soldaten und Verantwortung über das Gebiet Gibea-Benjamin gibt. In jugendlichem Übermut überfällt und vertreibt der dabei einen Grenzposten der Philister. Wie jeder gute König schmückt sich natürlich der Vater mit dieser fremden Feder und ruft gleichzeitig zur Mobilmachung, denn es ist sicher, dass die Philister das nicht auf sich sitzen lassen werden.

In der Tat rückt bald darauf ein riesiges Heer der Philister gegen Israel vor. Die Hebräer, wie König Saul die Israeliten nun nennt, haben die Hosen gestrichen voll. Nun wäre ein Segen des anerkannten, großen Propheten Samuel sehr willkommen, doch als der sich verspätet, führt Saul die Opferzeremonien selbst durch. Kaum steigt der Rauch zum Himmel, taucht auch Samuel auf und erklärt dem König, dass er durch sein törichtes Handeln bei Gott nun durchgefallen sei. Sein Königreich werde an einen treueren Diener übergehen. Damit ist auch geklärt, wer den sonst so zuverlässigen Samuel aufgehalten hatte … außer seinem fortgeschrittenen Alter.

Offensichtlich war auch die Opferzeremonie ziemlich stümperhaft durchgeführt worden und daher wenig überzeugend, denn bei der nächsten Zählung konnte Saul noch ein stehendes Heer von gerade mal 600 Mann vorweisen – gegen fast 40.000 Philister. So ist das halt, wenn sich der ganze Glaube nur noch an Äußerlichkeiten und Traditionen festmacht: Wenn diese Art Glaube auf die Probe gestellt wird, fällt er zusammen wie ein Kartenhaus.

Die Philister rücken nun Stück um Stück ins Land Sauls vor, der König und sein Herr müssen dabei wehrlos zusehen.

Wieder ist es der jugendliche Leichtsinn Jonathans, dieses Mal gemischt mit einer gehörigen Portion Gottvertrauen, der es ihm und seinem Waffenträger ermöglicht in Guerilla-Taktik zwanzig Mann eines Vorpostens der Philister zu erschlagen. Erst bei dem dadurch entstehenden Getümmel fällt im Lager des Königs auf, dass Jonathan fehlt.

Der König befiehlt nun dem Priester die Bundeslade holen zu lassen. Priester? In der Tat, mit Saul auf dem Feld steht Achija, ein Bruder Ikabods und damit ein Enkel Elis des letzten offiziellen Priesters der Israeliten. Aber hatte Gott nicht die Leviten auf ewig aus dem Priesteramt vertrieben? Hier fehlt mir die nötige Bibelkenntnis, darum muss ich mutmaßen: Vermutlich hatte Eli das Urteil Gottes über seine Familie nicht am Schwarzen Brett ausgehängt und als die Enkel Elis alt genug waren, hat der älteste traditionsgemäß das Priesteramt übernommen. Die Aufbewahrung der zurückgekehrten Bundeslade an einem anderen Ort zeigt aber, dass dieses Amt zu jener Zeit ohnehin kaum Beachtung erhielt. Es ist daher anzunehmen, dass König Saul sich des Priesters erinnerte und ihn reaktivierte als Samuel sich aus Altersgründen zurückzog. Und so ein Priester an der Front macht doch immer ein gutes Bild…

Zurück zum Geschehen:

Doch es bleibt keine Zeit für die Bundeslade. Saul pfeift den Priester zurück und bläst zum Angriff. Der Erfolg Jonathans hat aber auch eine ermutigende Wirkung auf das übrige Volk, das sich verkrochen oder bereits den Philistern unterworfen hatte. In einem riesigen Aufstand vertreiben die Hebräer die Philister aus ihrem Land.

Wer erinnert sich noch an die Prophezeiung Jakobs über den Stamm Benjamin?

„Benjamin ist ein reißender Wolf; am Morgen verzehrt er Raub, und bis zum Abend verteilt er Beute.“ (1. Mose 49,27)

Genau das erfüllt sich nun mehr oder weniger, denn Saul verflucht jeden seiner Männer, der etwas vor dem Abend ist, ehe er mit den Philistern abgerechnet hat. Das rächt sich, denn nun muss das Volk mit leerem Magen kämpfen und das ist nicht gut für die Moral.

Als erstes verstößt Jonathan gegen den Bann und bedient sich am Honig. Im Text können wir lesen, er habe den Fluch seines Vaters nicht gehört, hätte sich also schuldig gemacht ohne es zu wissen, doch die Vorwürfe gegen seinen Vater ein paar Zeilen später zeigen, dass er das Verbot des Alten bewusst übertreten hat, wie Söhne halt nun mal so sind und Jonathan ist offensichtlich ein Hitzkopf und Draufgänger, das hat er bis hierhin schon mehr als einmal gezeigt.

Später dann ist auch das Volk nicht mehr in der Lage klar zu denken. Als es dann Abend ist, schlachten sie die erbeuteten Tiere und werfen sie, vom Hunger übermannt, direkt auf den Grill unter Missachtung der jüdischen Speiseregeln, die den Verzehr von Blut verbieten.

Als Saul das sieht, baut er vor Ort einen Altar und fordert die Leute auf, die Tiere hier nach der Vorschrift zu schlachten und zu essen. Saul erfindet also eine neue Zeremonie (denn nicht Gott hatte hier einen Altar gefordert und den hat Saul ja auch nicht gefragt), angelehnt an ein von Gott gegebenes Speisegesetz um die äußere Form einzuhalten. Hier wurde noch ein Altar für den Gott Abrahams gebaut. Bald schon aber werden die Israeliten an vielen Orten Altäre für viele Götzen errichten, der erste weltliche König Israels hat hier etwas losgetreten, was nicht mehr zu stoppen sein wird.

Es ist wenig verwunderlich, dass Gott bei einer derart gestörten Kommunikation dann auch nicht antwortet, als Saul ihn fragt, wie er mit den Philistern weiter verfahren soll. Doch der König sieht nicht in seinem selbstherrlichen Verhalten die Ursache für das Schweigen Gottes, er vermutet, dass jemand im Volk sich schuldig gemacht habe und schwört, den Sünder – wer es auch sei – hier auf der Stelle zu töten. Unter Mitwirkung Gottes kommt nun heraus, dass der Sohn Sauls sich versündigt hatte – die Sache mit dem Honig. Das Volk weigert sich aber, ihren Kriegshelden zu opfern.

In dieser verfahrenen Situation lässt der König die Philister ziehen. Die Bibel berichtet, dass es zwischen Israel und den Philistern keinen Frieden gab, solange Saul lebte.

Zwei, zusammen sehr lange, Kapitel ohne klare Aussage. Der König hat seine Bescheidenheit aufgegeben und regiert wie ein König. Gott tritt in seinen Entscheidungen nur noch als Alibi in Erscheinung, entsprechend spielt dieser dann irgendwann auch nicht mehr mit.

Außerdem erfahren wir, dass es im weltlichen Reich Israel, dem Königreich der Hebräer auch weiterhin einen Priester aus dem Haus Aarons gab. Der scheint aber nicht mehr als ein besserer Ratgeber, ein Dienstbote des Königs zu sein.

Die Waffen, mit denen in diesem Kapitel gekämpft wurde, mögen alt sein, die Motive der Akteure – sich mit Gott schmücken und ihn als Ausrede benutzen – sind jedoch zeitlos.

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