Noch eine Schöpfungsgeschichte? – 1. Mose 2, 4-25 (23. + 24. Juli)

„Da bildete Gott der HERR den Menschen, Staub von der Erde, und blies den Odem des Lebens in seine Nase, und so wurde der Mensch eine lebendige Seele.“ (1.Mo 2, 7)

Also wurde der Mensch doch von Gott aus Staub geschaffen? Liest man weiter, so liest man jedoch auch:

„Gott, der HERR, formte aus dem Erdboden alle Tiere des Feldes und alle Vögel des Himmels und führte sie dem Menschen zu, um zu sehen, wie er sie benennen würde.“ (1.Mo 2, 19)

Zum einen haben wir hier also eine andere Reihenfolge: Zuerst der Mensch, dann der Garten Eden mit den Pflanzen einschließlich dem Baum des Lebens und dem Baum der Erkenntnis, dann der ganze Viechkram, zum andern legt Gott tatsächlich an alles was existiert selbst Hand an. Es steht damit fest: Für diesen Abschnitt der Schöpfungsgeschichte wurde definitiv eine andere Schöpfungslegende herangezogen – denn es sollte ein anderer Sachverhalt erläutert werden, für den diese Geschichte geeigneter war. Es bleibt also dabei: In der Bibel wird zu Beginn mit Hilfe geeigneter, in jener Zeit wohl bekannter Geschichten, das Beziehungsgeflecht zwischen Mensch und Gott und zwischen Mensch und Welt aus der höheren Sicht Gottes erklärt.

Wir erfahren, dass der Garten Eden von vier Flüssen eingerahmt ist. Das heißt, auch außerhalb des Garten Eden ist vermutlich Leben, das aus dem Willen Gottes heraus entstand (wahlweise von der Erde hervorgebracht oder von Gott selbst erschaffen, das ist an dieser Stelle ohne Bedeutung).

Wir erfahren, dass diese Tiere ursprünglich nicht als Nahrung, sondern als Gefährten oder Gehilfen für den Menschen gedacht waren; das hat aber nicht geklappt, denn dem Menschen ebenbürtig kann eben nur ein Mensch sein. Und so erschafft Gott aus einer Rippe des Menschen die Frau.

Dass männlich und weiblich bis auf einige Ausnahmen das generelle Muster alles Lebendigen auf diesem Planeten ist und jede Seite gleichermaßen von der anderen abhängig ist, dürfte den Menschen jener Zeit, die von Ackerbau und Viehzucht lebten, bereits bekannt gewesen sein. Bei dieser Erzählung kann es daher nicht darum gehen, die Frau als dem Mann unterstellt, da nach ihm geschaffen, zu definieren.

Also muss dieser Vorgang wieder von einer geistlichen Ebene her betrachtet werden.

Der Mensch hat bereits angefangen allen Tieren und Pflanzen Namen zu geben, d.h., er handelt bereits im Auftrag des Schöpfers. „Männin“ (Schlachter-Übersetzung) ist dabei eine denkbar schlechte Übersetzung, „Frau“ (Einheitsübersetzung) gar keine, sondern bereits eine Interpretation. Das in der Ursprache verwendete Wort bedeutet übersetzt „vom Menschen“; Adam ist ja nur ein anderes hebräisches Wort für Isch (Mensch), Ischa – so benennt Adam die Frau – bedeutet daher „vom Menschen“. Die Frau ist also Mensch vom Menschen oder schlicht: ein Mensch … im Gegensatz zu den von Gott herangeschleppten Tieren.

Moment mal! Hat der allmächtige, allwissende Gott hier gerade wild herumexperimentiert? So nach dem Motto: Jetzt schauen wir mal, ob irgendwas, das ich mit meiner eigenen Hände Arbeit geschaffen habe, dem Menschen als Gefährten taugen kann? Weit gefehlt! Auch hier muss natürlich der geistliche Aspekt erkannt werden und der lautet: Der Mensch ist offensichtlich dem Tier sehr ähnlich, aber es gibt einen entscheidenden Unterschied. Lange vor Entdeckung der Evolution ist diese hier bereits verankert. Ganz offensichtlich ist der Mensch auch in der Bibel vom biologischen, also vom irdischen Blickwinkel aus betrachtet, dem Tier ähnlich, fachlich ausgedrückt: Der biologische Mensch ist ein Säugetier, seine Entwicklung verlief analog zu jener, aller anderen Tiere. Doch der Mensch ist anders, geistlich, das heißt in den Augen Gottes, ist er eben kein gewöhnliches Tier, er ist mehr. Indem Gott hier dem Menschen Tiere zuführt, die allesamt nicht zum Gefährten taugen, zeigt er beides: Die große Ähnlichkeit und den Unterschied!

Denn das geistliche Wesen des Menschen ist – als Mann und Frau – nach dem Bild Gottes geschaffen. Und von Gott wissen wir, dass er eine Dreieinheit ist: Schöpfer/Vater, Sohn und Geist, wobei Sohn und Geist beide aus dem Vater kommen. In diesem göttlichen Bild sind damit Mann und Frau, genau wie Sohn und Geist, vom Vater/vom Schöpfer kommend. Mit Vers 7 des zweiten Kapitels wird so aus dem Odem des Lebens (der uns mit Gott verbindet), dem Mann und der Frau wieder eine Dreieinheit. Diese Gesamtheit repräsentiert das Bild Gottes!

Damit ist auch nicht mehr die Seele das Alleinstellungsmerkmal für den Menschen. Vers 30 des Kapitel 1 erkennt denn auch Tieren eine lebendige Seele zu (Schlachterübersetzung). Der Odem Gottes, das ist der Heilige Geist. Der Heilige Geist ist die Komponente, die das biologische Lebewesen Mensch zu einem geistlichen Wesen, verbunden mit Gott, macht, und zwar von Anfang an.

Nach dem Willen Gottes soll allein dieser Geist Antrieb für unsere Entscheidungen und Handlungen sein. So erklärt sich auch das Verbot, vom Baum der Erkenntnis über Gut und Böse zu essen. Diese Erkenntnis ist nur notwendig, wenn man sich nicht vom Geist Gottes führen lassen möchte. Die eigene Erkenntnis über Gut und Böse schneidet uns von dieser Führung ab, denn mit dieser Erkenntnis spricht ein anderer Geist zu uns. Wir nennen ihn Gewissen. Dass das Gewissen recht nützlich ist, aber nicht immer sehr zuverlässig funktioniert, ist uns inzwischen hinlänglich bekannt. Das Gewissen speist sich aus Erfahrungen und Ängsten, es ist ein rein weltliches Werkzeug und somit dem göttlichen Geist, der uns ja von der weltlichen Angst befreit, in jeder Hinsicht unterlegen.

Dass mit Odem (Atem oder Hauch) des Lebens der Geist Gottes im Menschen bezeichnet wird ist von Bedeutung. Gott machte den Menschen damit nämlich nicht lebendig im biologischen Sinne, das biologische Leben bringt nach dem in Kapitel 1 geäußerten Willen Gottes die Erde selbst hervor. Wenn der Mensch, als biologisches Wesen, bereits Leben hatte, so erhielt er durch diesen Odem des Lebens ein anderes Leben, nämlich das Leben mit Gott. Indem Gott seinen Geist in den Menschen legt, entsteht eine ewige Verbindung zwischen Gott und dem Menschen. Warum ewig? Der Odem des Lebens kommt direkt von Gott ist nicht geschaffen, er hat keinen Anfang und damit auch kein Ende. Im Empfang des Geistes Gottes empfängt der Mensch das ewige Leben.

1. Mose 2, 4-25>>