Kain und Abel – 1. Mose 4, 1-16 (27. Juli)

Wir erfahren von den ersten Kindern des Menschen, den Brüdern Kain und Abel.

Die Situation ist verfahren. Die Verbindung zu Gott ist zerbrochen, an die Stelle einer liebevollen Beziehung zwischen Schöpfer und Geschöpf tritt eine Religion. Kain und Abel opfern dem unbekannten Gott, von dem ihnen ihre Eltern erzählt haben. Zunächst opfert Kain, ein Ackerbauer, von seinen Feldfrüchten, dann Abel, ein Hirte, Erstlinge (also die ersten Neugeborenen eines Jahres) von seinen Schafen.

„Der HERR schaute auf Abel und seine Gabe, aber auf Kain und seine Gabe schaute er nicht. Da überlief es Kain ganz heiß und sein Blick senkte sich.“ (1.Mo 4, 4-5)

In der später entstehenden von Gott gestifteten Religion der Juden ist das Tieropfer als Sühneopfer genannt, Feldfrüchte haben als Opfer eine andere Bedeutung. Doch wir befinden uns hier noch nicht im Alten Bund, warum stellt sich Gott hier also so an?

Ich denke, Gott stellt sich hier gar nicht an! Gott sieht alles, weiß alles, kennt das Herz eines jeden. Dass Kain Gott von seinem Ertrag opfert, erscheint logisch. Sicher, er könnte ein Tier jagen, fangen und dieses opfern, aber wäre es dann wirklich ein Opfer von ihm?

Ja, der Zweifel ist der Feind des Glaubens. Wie oft mühen wir uns ab, wie wir sagen „zur Ehre Gottes“, und am Ende scheint es, dass er unsere Mühe nicht beachtet, denn das Ergebnis löst sich sang- und klanglos in Rauch auf, wie das reife und daher vermutlich trockene Getreide, das Kain hier verbrennt. Ein anderer hat vielleicht mehr Glück und seine Anstrengung findet Beifall und Bewunderung.

Und wieder passiert es. Kain verschließt sich vor Gott, wir lesen, es überläuft ihn heiß und sein Blick senkt sich. Das heißt übersetzt: Er versucht seine Eifersucht vor Gott zu verbergen. Der Rat, den Gott hier dem Kain gibt, geht uns alle an. Sobald wir uns verschließen, sei es vor Gott oder vor den Menschen, um etwas zu verbergen, haben wir die Gewissheit, dass gerade etwas schiefläuft. Dann heißt es aufpassen – in dieser Stimmung herrschen Zweifel und damit die Sünde über uns. Auch wenn das dann ganz besonders schwerfällt, ist zuerst der Zweifel zu besiegen.

Kain hätte hier die Möglichkeit gehabt, sich Gott zu öffnen, ihm offen zu sagen, was ihm missfällt – man nennt diesen Vorgang Gebet. Stattdessen sucht er die Konfrontation mit seinem Bruder und erschlägt diesen im Streit. Aus Zweifel wird Schuld.

Und Kain reagiert genau wie Adam. Von Gott darauf angesprochen, wehrt er ab statt zu bekennen. Wir erkennen wieder die zwei Phasen der Sünde: Die Entscheidung, den Bruder zu einem Zeitpunkt zu stellen, an dem man sich selbst nicht unter Kontrolle hat und die Ablehnung, Verantwortung für die (falsche) Entscheidung und die daraus resultierende Tat zu übernehmen.

Kain empfindet die Strafe als ungerecht. Er beklagt sich über die Vertreibung von seinem Grund und Boden und vom Angesicht Gottes und er fürchtet, als Geächteter, von anderen getötet zu werden. Wo „die anderen“ herkommen, werden wir im nächsten Abschnitt noch näher beleuchten, wichtig ist zu erkennen: Gott hat Kain nicht von seinem Angesicht vertrieben, das ist ganz allein die Interpretation Kains. Und es ist auch unsere Interpretation der Sünde. Nach unserem Verständnis wendet sich Gott vom Sünder ab. Doch richtig ist: Gott wendet sich niemals ab. In der Sünde wendet sich der Mensch von Gott ab.

Dass sich Gott nicht abwendet, sehen wir in seiner Reaktion auf die Befürchtungen Kains, denn Gott stellt ihn unter seinen persönlichen Schutz und droht jedem, der Hand an ihn legt, siebenfache Rache an. Lange vor der Zeit der Richter hat Gott hier die Selbstjustiz mit einem Fluch belegt.

Wenn also im letzten Satz dieses Abschnittes erzählt wird, dass Kain vom Angesicht Gottes wegzog, so bedeutet das, dass es keine Buse und auch keine Versöhnung gab. Kain brach den Kontakt zu seinem Gott ab.

1. Mose 4, 1-16 >>