Jeremia 1 (27. Mai)

Mit den Klageliedern des Jeremia begann meine Reise durch die Bibel im August 2018. Nun, sechs Jahres später, wird die Reise auch mit dem Propheten Jeremia enden. Danach ist das gesamte Wort Gottes hier mindestens einmal vertreten und betrachtet worden.

Ich habe bereits an anderer Stelle geschrieben, dass ich ursprünglich plante, dann ab August einfach wieder von vorne zu beginnen, dass aber Gott mir einen anderen Weg vorschlug. So wird diese Seite im August in eine kurze Pause gehen, um dann ab Januar 2025 einen neuen Weg zu gehen, wieder mit Gott und seinem Wort als feste Begleiter, aber nicht mehr nach einem von anderen vorgegebenen Leseplan. Gott selbst wird mich zukünftig zu den Bibelstellen führen, die dann dran sind.

Aber jetzt ist erst einmal Jeremia dran!

Jeremia war Prophet unter den vier letzten Königen des Südreiches und erlebte die Wegführung der Führungsleute des Landes nach Babylon mit. Er wurde von Gott berufen, das Volk ein letztes Mal zur Umkehr zu ihrem Gott zu rufen und weil dies ohne Erfolg blieb, kündigte er das Ende Israels an, aber auch, dass Gott sich seinem Volk zu gegebener Zeit wieder zuwenden werde.

Kapitel 1 widmet sich ganz der Berufung des Propheten.

Gott erklärt Jeremia, dass er ihn schon im Mutterleib für diese Aufgabe ausgewählt habe. Als Zeichen gibt er ihm zwei Visionen: In der ersten sieht Jermia einen blühenden Zweig eines Wächterbaumes (von den Israeliten wurde der Mandelbaum so genannt, weil er im Jahr als erstes blühte, also gewissermaßen über den Anfang des Frühlings und damit des Jahres wachte), in der zweiten sah er einen siedenden Topf, der von Norden kommt.

Gott erklärt ihm diese Visionen: Die erste betrifft ihn selbst. Er fühlt sich der Aufgabe, als Prophet dem Volk das Wort Gottes zu verkünden nicht gewachsen. Gott erklärt ihm, dass er selbst über ihn und das, was er sagen werde, wachen wird. Die zweite Vision betrifft das Volk Israel (Nord- und Südreich). Gott wird es als Folge deren Untreue zu ihm in die Hand der aufstrebenden Mächte im Norden der beiden israelitischen Reiche geben. Diese werden es besetzen und die Israeliten aus ihrem Land vertreiben.

Genau das werde er als Prophet zu verkünden haben, was ihm natürlich unter den Mächtigen keine Freunde machen wird. Er solle sich aber nicht fürchten, denn er, Gott selbst, wache über ihn und schütze ihn.

Diese Art der Berufung hat so viel mit der Art meiner Berufung und der Berufung vieler, die heute eine grundsätzliche und generelle Umkehr ihrer Kirchenorganisation (in meinem Falle der katholischen) fordern zu tun, dass es fast schon unheimlich ist.

Nicht die „Völker im Norden“, sondern die Welt und ihr Treiben und Streben nach Macht, ließen unsere Kirche unserem Gott untreu werden. Gewiss, es geht unserer Kirche immer noch darum das Gute, das Richtige zu tun und den Menschen zu dienen, aber diesen Anspruch hatten die religiösen Führer des alten Israel auch! Die werden nicht verkündet haben, dass sie das Volk fremden Göttern unterwerfen wollen – es hat sich einfach so über die Jahrhunderte hinweg entwickelt. Man war nicht wachsam, ging in den entscheidenden Momenten bequeme Kompromisse ein und war natürlich davon überzeugt, dass das Überleben und Wachsen dieser Glaubensgemeinschaft, die in jener Zeit natürlich der ganze Staat Israel war (also inzwischen die beiden Reiche Israel und Juda) in den eigenen Händen liegen müsse, man also selbst die unverzichtbare und nicht austauschbare Hand (und Stimme) Gottes war. Und weil das so war (in der eigenen Überzeugung), war man ja gewissermaßen verpflichtet, sich auf die Spiele dieser Welt einzulassen, sich Verbündete zu suchen, die – so glaubte man – die eigene Macht stützten. Alles zur Ehre Gottes, versteht sich …

Genau das ist der Punkt, an dem unsere Kirche angekommen ist. Die Anführer unserer Glaubensgemeinschaft haben den Knall nicht hören wollen, der schon im letzten Jahrhundert weithin zu hören war und jetzt fallen „die Mächte des Nordens“ über diese Kirche(n) her und führen das Volk weg. Die „Reiche des Nordens“ sind heute andere spirituelle und sonstige Angebote an das körperliche und seelische Wohlbefinden. Die Götzen sind dieses Mal keine Stelen irgendwo auf den Höhen, es sind spiritistische Vereinigungen (die sogar teilweise vorgeben, denselben Gott zu verkünden), Meditations- und Fitness-Gurus, die das Heil in der Fokussierung auf das Ich verkünden, und jegliche Formen des Konsums, Investment- und Finanzberater, die ganz offen den Mammon zu ihrem Gott erklärt haben und ständig neue Jünger zwecks Anbetung desselben rekrutieren.

Rein äußerlich mag das nicht vergleichbar sein mit dem Einmarsch in ein Land, aber bei genauerer Betrachtung ist es genau dasselbe! Unser Reich ist nicht Israel, unser Reich ist das Reich Gottes, dessen Bürger wir bereits heute uneingeschränkt sind. Und wir verlassen dieses Reich um Bürger dieser neuartigen, weltlichen Reiche der Verführung zu werden. Niemand zwingt uns, das zu tun, aber unsere Anführer im Glauben unterscheiden sich inzwischen teilweise so wenig von den Verführern, dass es leichtfällt, die unvereinbaren Botschaften für gleichwertig zu erachten.

Gott meint es aber auch ernst!

Er schickt dieses Mal nicht nur einen Propheten los. Die vielen Diskussionen und Kämpfe um den weiteren Weg unserer Kirche(n) macht deutlich: Gott hat dieses Mal eine Armee von Botschaftern seines Wortes aufgestellt, denn das Volk seiner Kinder lebt heute weit verstreut, überall auf diesem Planeten und die Vielfalt ihrer Gotteserfahrungen macht es notwendig, jedem, der bereit ist zu hören, die für ihn passende Botschaft zu überbringen. Dabei wird bei der Art der heute gewählten Götzen klar, auch heute ruft Gott hauptsächlich die Gläubigen (oder die sich für Gläubige halten) auf umzukehren, ihre Götzen zu verstoßen und wieder heimzukommen zu ihrem Vater. Er übernimmt mal wieder diese Arbeit, weil der Zustand der Organisationen die Hirten im Moment für viele unglaubwürdig macht und sie daher für diese Aufgabe nur sehr eingeschränkt taugen.

Und er wird all jene, die er losschickt, sein Rufen zu verkünden, auch Zeichen mit auf den Weg geben! Bei mir waren das, wie in anderen Artikeln beschrieben, zwei Zeichen: eine liebevolle Umarmung, die mich überwältigte und das Stehen unter dem Kreuz mit dem Gefühl untragbarer Schuld, einen Verrat begangen zu haben und trotzdem vom Verratenen unendlich geliebt zu werden. Das zweite Zeichen wiederholte sich innerhalb weniger Wochen noch zweimal. Mir ging es danach genau wie Jeremia. Ich musste einen Weg finden, mit dieser Erfahrung umzugehen. Einen Teil dieser Wegfindung findet ihr hier, den anderen in meiner Gemeinde. Ich bin sicher, jede und jeder, die heute aufstehen und für Gott zu den Menschen und den Kirchenführern rufen, haben zuvor Zeichen von Gott empfangen, die sie auf diesen Weg führten. Manchen sind die Zeichen vielleicht nicht einmal bewusst, aber sie verfehlten ihre Wirkung nicht.

Jeremia 1 >>

Related Articles