König Hiskija – Jesaja 36 – 39 (5. Mai – 9. Mai)

Lag der Fokus bei den ersten zwölf Kapitel auf dem Volk Gottes, so weitete sich der Blick in den Kapiteln 13 bis 35 auf die ganze Welt, einschließlich Israel als Nation. In den Kapitel 36 bis 39 erzählt uns nun Jesaja etwas von König Hiskija. Ein historischer Abriss scheint in einem prophetischen Buch – ab Kapitel 40, dem zweiten Teil des Buches Jesaja, folgen dann die Prophezeiungen zur Rettung des Volkes Israel – etwas deplatziert und regt gerade deshalb zu einer etwas genaueren Betrachtung an.

Kapitel 36 und 37 erzählen von der Belagerung Jerusalems durch die Assyrer und einem heftigen Dialog zwischen König Hiskija und den Boten des assyrischen Königs, der im Auftrag seines Herrn Hiskija, aber durch geschickte Propaganda auch dessen Volk zu verunsichern und zu demoralisieren sucht, indem er von den Eroberungen Assurs – einschließlich ganz Israel mit Ausnahme Jerusalems – schwärmt und nicht müde wird zu erwähnen, dass der Gott der Israeliten bisher nichts dagegen hätte unternehmen können, also offensichtlich zu schwach sei für die gewaltigen Götter Assurs.

Die Propaganda wirkt. Hiskija stürzt sich ins Büßergewand, betet zu seinem Gott und lässt den Propheten Jesaja als Ratgeber rufen. Jesaja lässt dem assyrischen König ausrichten, sein Gott habe entschieden, die Assyrer für diesen Frevel bezahlen zu lassen. Sie werden Jerusalem nicht erobern können, weil Gott es nicht zulässt. Am nächsten Morgen ist das gesamte Belagerungsheer tot. Dem König bleibt nichts weiter übrig, als unverrichteter Dinge den Rückzug anzutreten. Diese Niederlage schadet dem König so sehr, dass er in Assur von den eigenen Leuten erschlagen wird.

Kurz darauf erkrankt Hiskija schwer und Jesaja sagt ihm, Gott habe den Tod des Königs beschlossen. Der König, der noch keinen Nachkommen hat, bittet in inständigem Beten und Flehen um Gnade und Gott gewährt sie ihm. Er soll noch einmal 15 Jahre leben, um alles ordnen zu können. Als Zeichen dafür, dass dieses Zeichen von Gott kommt, also ein Wunder ist, werde die Sonnenuhr rückwärtslaufen. Und sie tut es! Hiskija wird wieder gesund.

Der König von Babel lässt Hiskija Briefe und Geschenke zur Genesung bringen und dieser zeigt in seiner Freude den Boten den ganzen Palast einschließlich der reich gefüllten Schatzkammer. Jesaja klärt ihn über diesen Fehler auf. Er habe mit seiner Prahlerei Begehrlichkeiten beim König von Babel geweckt. Dieser werde ihm eines Tages alles wegnehmen und einige seiner – noch nicht geborenen Söhne – nach Babel verschleppen. Hiskija nimmt das mit einem Schulterzucken zur Kenntnis, denn er hört aus dieser Prophezeiung heraus, dass dies nicht zu seinen Lebzeiten geschehen werde.

Die zwei Seiten Hiskijas. Ist er, wie bei der Belagerung oder der schweren Erkrankung am eigenen Leib betroffen, fleht und bittet er Gott um Rettung, sobald aber abzusehen ist, dass ihn drohendes Unheil nicht mehr selbst betreffen wird, ist er bereit dies hinzunehmen. Eine allzu menschliche Charakterschwäche.

Doch warum steht das hier, am Ende von Teil 1 der Prophezeiungen des Jesaja? Was will uns der Geist Gottes an dieser Stelle damit zeigen?

Gehen wir noch einmal Teil 1 durch. Die Kapitel 9 – 12 berichten vom Gericht  über dem Volk Gottes, also den Gläubigen (oder die sich dafür halten), Kapitel 13 – 35 handelt vom Gericht über die ungläubige Welt und zeigt uns, dass sich auch dieser Teil der Welt Gott zu unterwerfen hat. Alles was existiert ist Gottes Eigentum. Welche Rolle nimmt hier Hiskija ein? Die Könige von Israel waren – wie später alle Könige der christlichen Welt – Könige von Gottes Gnaden, d.h., sie repräsentierten die Macht Gottes in dieser Welt. Die Priester in Israel waren Mittler zwischen Gott und den Gläubigen, die christlichen Priester, Bischöfe bis hinauf zum Papst sind Verkünder und Missionare. Sie sind Diener Gottes ohne weltliche Macht. Die Tiara des Papstes war somit zu allen Zeiten ein Zeichen der Überschätzung und Überheblichkeit der katholischen Amtskirche. Aber damit sind wir bereits ein Stück näher am Grund für diesen historischen Einschub.

Hiskija ist in der Tat ein Bild für die Amtskirche, die als Organ genauso handelt, wie die Menschen, die sie leiten: Wenn die eigene Macht von außen angegriffen wird, wenn aufgeladene Schuld nicht mehr verleugnet werden kann, dann zieht man das Büßergewand an und spricht inbrünstige Gebete. Ja, man ist sogar bereit, Reformen einzuleiten. Doch wenn Gott nachgibt und die unmittelbare Gefahr zumindest für die eigene Amtszeit abgewendet werden kann, fällt man in die alten Gewohnheiten der Überheblichkeit und des Stolzes zurück.

Und eine weitere Sache fällt in diesem historischen Abriss auf: Er ist nicht eingerahmt von Prophezeiungen über den Messias. Und das ist verständlich: Die Amtskirche des alten Israel fand durch das Kreuz von Golgatha ihr offizielles Ende. Sie hatte ihren Zweck erfüllt – sie hatte demonstriert, dass ein Priesterstand geführt von Menschen ungeeignet ist als Bindeglied zwischen Gott und Volk. Darum gibt es für sie auch keine Prophezeiung der Rettung. Dasselbe gilt für die christlichen Amtskirchen. Sobald mit dem Anbruch des Gerichts die Zeit der Verkündigung beendet ist, verlieren auch die christlichen Amtskirchen ihren Zweck. Die Menschen, die sie führten, werden, wie alle anderen Menschen vor ihren Schöpfer treten und für ihr Leben Rechenschaft ablegen. Es gibt keinen Amtsbonus!

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