Ist Gott politisch?

Auch wenn diese Frage sehr strittig ist, die Bibel gibt uns hier ein klares Ja. Bereits die allerersten Herrscher des Königreichs Israel wurden von Gott eingesetzt – und, wenn er so entschied, auch wieder abgesetzt. Die Könige hatten den Auftrag, das Volk nach Gottes Wort und Willen zu regieren und hatten zu diesem Zweck Propheten zur Seite, deren Aufgabe eben nicht wie in anderen Nationen war, die Zukunft aus den Sternen und anderen okkulten Dingen zu lesen, sondern für Gott zum König zu reden. Gott hat sich also vielleicht nicht in die Alltagsgeschäfte eingemischt, aber er gab die große Richtung vor, in die sich das Reich und die Menschen darin entwickeln sollten.

Erst durch die Weisung „Dann gebt dem Kaiser, was dem Kaiser gehört und gebt Gott, was Gott gehört!“ (Mt 22,21) hat Jesus sowas wie die Trennung von Kirche und Staat eingeführt. Auf der anderen Seite hat er sich aber insbesondere für die Menschen am Rand der Gesellschaft, die Armen, Schwachen, Kranken eingesetzt. Ihnen galt seine ganze Barmherzigkeit und damit die Barmherzigkeit Gottes. Den übrigen Sündern – wir alle sind Sünder – galt und gilt die Gnade Gottes. Wir alle sind aufgefordert ihm nachzufolgen, das heißt, Barmherzigkeit und Gerechtigkeit gegen jene zu üben, die das nicht selbst können, jeder nach seinen Gaben und Möglichkeiten.

Jesus und damit Gott schaut nicht auf die Zugehörigkeit eines Menschen zu einer bestimmten Gruppe, einem bestimmten sozialen Stand oder anderen äußeren Voraussetzungen, sein Gnadenangebot gilt allen. Alle sind dazu berufen, seine Kinder zu sein. Alle sind dazu berufen, unsere – meine und deine – Brüder und Schwestern zu sein. Zumindest müssen wir das bei unserer Haltung gegenüber unseren Mitmenschen annehmen, denn nur Gott weiß, wer nicht zu seinen Kindern gehört, nur er ist der Richter. Und selbst er lässt, wie die Bibel schreibt, die Sonne in dieser Welt über Gerechte und Ungerechte scheinen, selbst er macht also in dieser Welt noch keine Unterschiede!

Doch genau um diese Aufgabe, wie das Zusammenleben vieler Menschen zu regeln ist, geht es in der Politik. Wenn wir also Christus nachfolgen wollen, so ist unser Denken, Reden und Handeln immer politisch!

Die Könige des Altertums und des Mittelalters gefielen sich in dem Gedanken von Gott berufen zu sein und herrschten oft entsprechend selbstgefällig, eitel und eigennützig. Sie hatten den Ruf jedoch falsch verstanden und viele der heute Regierenden verstehen es immer noch nicht: Über jeder politischen Handlung liegt das Maß Gottes!

„Du sollst keine anderen Götter neben mir haben!“ (Ex 20,3) So ist es der ganzen Welt verkündet. Noch heute nutzen manche Herrschenden dieses oder in ihrem Glauben ähnliche Gesetze, um Menschen eine bestimmte Religion aufzuzwängen und andere Religionen zu unterdrücken, deren Angehörige zu verfolgen. Glaube ist eine Herzensentscheidung; den kannst du niemandem aufzwängen. Bei einer Religion geht das!

Sie hatten und haben dieses Gebot, dieses unumstößliche Gesetz nicht verstanden!

Christus lehrt uns eine ganz bestimmte (Herzens-)Haltung gegenüber unseren Mitmenschen einzunehmen, eine Haltung der Barmherzigkeit und des Mitgefühls. Ich kenne nicht alle Religionen dieser Welt, bin aber sicher, dass diese Haltung der Kernforderung der allermeisten (vermutlich aller) heute noch gebräuchlichen Religionen entspricht – oder die jeweiligen Gruppen folgen keiner Religion, sondern einer Ideologie, die freilich auch äußerlich einer Religion sehr ähnlich sein kann und von deren Anführern den „Gläubigen“ auch nur zu gerne als „die einzige, wahre“ Religion verkauft wird.

Vielleicht hat Jesus keine neue Religion ins Leben gerufen, weil er schon eine hatte, die jüdische. Vielleicht hat er aber auch keine neue Religion ins Leben gerufen, weil der Glaube für ihn eine Herzenshaltung gegenüber den Mitmenschen (und ausschließlich damit auch gegenüber Gott) ist. Wer sich zu Christus als Lehrer bekennt, der bekennt sich damit nicht zu einer Religion, er bekennt sich zu einer Herzenshaltung, die ihn in seinen Entscheidungen und Handlungen antreiben soll. Der Glaube bewirkt dann für den Gläubigen, dass er sich auf diesem Weg niemals allein fühlt, denn Christus (Gott) sagt ihm zu, dass er immer bei ihm sein wird. Der Glaube lässt ihn den Sinn und das Ziel dieses Lebensweges erkennen. Der Glaube ist eine innere Erfahrung, ein sicherer Halt, nach außen äußert sie sich bei den Schülerinnen und Schülern Christi ausschließlich in ihren Handlungen, Handlungen, die niemals gegen das Gebot der Barmherzigkeit und des Mitgefühls verstoßen.

Dennoch ist es für Christen jeglicher Religionsgemeinschaft und Konfession wichtig zu verstehen: Jegliche christliche Religion mit ihren Regeln und Gesetzen ist der Lehre Christi untergeordnet – nicht umgekehrt! Jegliche christliche Religion besteht oder verliert ihre Legitimation durch die Beantwortung der Frage: Ist alles Entscheiden und Handeln ausschließlich durch das Gebot der Barmherzigkeit und des Mitgefühls gegenüber aller Mitmenschen (nicht nur der eigenen Gemeinschaft!), insbesondere der Ausgestoßenen, Schwachen, Kranken – eben der Hilfe Bedürftigen – geleitet oder nicht? Barmherzigkeit und Mitgefühl ist das Tagesgeschäft und die Politik jeglicher christlichen Religionsgemeinschaft – oder die Gemeinschaft folgt ihrem Herrn und Lehrer nicht nach!

Und wieder: Meine Entscheidungen und Handlungen entscheiden, welchem Gott ich folge. Das gilt für mich, das gilt aber auch für Regierungen, die stellvertretend für das ganze Volk entscheiden.

Es ist nur dieser eine Gott, dem wir folgen sollen! Aber:

Wenn ich Wirtschaftsleistung über Erhalt der lebenserhaltenden Schöpfung stelle, folge ich dann dem Gott der Schöpfung oder dem Gott des Geldes (die Bibel nennt es „Mammon“)?

Wenn ich das Recht des Individuums auf soziale Teilhabe (in der Verfassung ganz oben im Begriff „Menschenwürde“ verankert und in der Bibel ebenso in der Schöpfungsgeschichte: Gott schuf den Menschen nach seinem Bild (Gen 1,27).) von der Wirtschaftsleistung abhängig mache, folge ich dann dem Gott der Barmherzigkeit oder dem Gott des Geldes?

Wenn ich auf Gewalt einzelner mit Grenzschließungen und Stigmatisierung bestimmter Gruppen reagiere, folge ich dann dem Gott der Liebe oder dem Gott des Hasses?

Wenn ich auf die zu allen Zeiten stattgefundene Migration mit Angst vor Überfremdung reagiere, folge ich dann dem Gott, der uns alle zu einem Volk macht oder dem Gott der Angst?

Wenn ich Menschen ablehne, diskriminiere, angreife, weil sie anders sind als ich, folge ich dann dem Gott, der uns in unserer Verschiedenheit alle nach seinem Bild geschaffen hat oder dem Gott des Misstrauens und der Gewalt?

Diese Liste ließe sich noch fortsetzen. Zusammenfassend:

Wenn ich all die Missstände sehe und dieser Verirrung weiterhin folge, „weil es doch alle anderen Völker genauso tun“ folge ich dann meinem Gott oder dem Fürsten der Welt?

Gott hat uns nie versprochen, dass es einfach ist, seiner Weisheit zu folgen, denn er ist ehrlich zu uns! Der Fürst der Welt und seine Anhänger versprechen uns einfache Lösungen, denn sie lügen. Gott hat uns allen einen Geist gegeben, der dies zu unterscheiden vermag und der uns rät, wenn wir ihm zuhören.

Der Bundeskanzler hat bei Amtsantritt an seinen Eid freiwillig die Formel „so wahr mir Gott helfe“ angehängt. Viele seiner Ministerinen und Minister und wahrscheinlich auch viele Abgeordnete taten das auch.

So sage ich nun: Gott, bitte hilf ihnen! Und den anderen auch. Und uns auch.

(Das Bild wurde von Copilot auf Basis dieses Textes erstellt.)

 

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