Matthäus 3, 13 – 17 (6. Januar)

Jesus tritt in die Mitte. Er kommt an den Jordan, um sich auch von Johannes taufen zu lassen und Johannes glaubt ihn als den von ihm angekündigten Messias zu erkennen und hält sich für unwürdig seinen Meister zu taufen. Doch Jesus erklärt ihm, dass es genauso zu laufen hat. Gleich darauf steigt der Heilige Geist wie eine Taube vom Himmel auf ihn herab und eine Stimme spricht:

„Dies ist mein geliebter Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe!“ (Mt 3, 17)

Vor den Augen der Anwesenden geschieht der Wille Gottes und beide Hauptakteure erfüllen hier nur diesen Willen.

Ein kurzer Abschnitt, in dem aber viel geschieht. Mit dem Auftritt Jesu ist der Auftrag des Johannes im Grunde erfüllt. Indem sich Jesus von ihm taufen lässt, bestätigt er, dass Johannes der in der Bibel genannte Bote ist, denn die Taufe verbindet hier Täufer und Täufling. Durch diese Wassertaufe verbindet sich Jesus auch mit allen anderen Getauften.

Zum ersten Mal in seinem irdischen Leben gibt Jesus selbst ein Statement zu sich ab. „Ich bin einer von euch.“ Das ist so ziemlich das Letzte, was einer der heidnischen Götter und ihrer „Söhne“, also den gottgleichen Königen über deren Volk von sich behauptet hätten. Einmal zum König, Pharao, Hohepriester – oder wie immer man sich nennen wollte – aufgestiegen, sonderte sich der weltliche oder spirituelle Führer von seinem Volk ab, schwebte gleichsam immer ein gutes Stück über den Niederungen des Menschseins. Ja, selbst der Gott der Juden lebte ja bisher abgeschieden weit oben ihm Himmel mit einer im Vergleich zu einem Reich bescheidenen Residenz in Jerusalem, die vom Hohepriester und dem übrigen Bodenpersonal verwaltet wurde, wodurch auch diese – oben auf dem Tempelberg – über den Niederungen schwebten.

Und jetzt sagt dieser Gott: „Schluss damit! Ich weiß wer ich bin und ihr wisst es auch. Lasst uns mit diesem Popanz aufhören. Ja, ich bin allmächtig und ich habe entschieden, ich bin einer von euch! Ich kann das und ich will das so. Lasst uns von nun an gemeinsam gehen.“

Die Lieder zu Weihnachten singen von Gott, der auf die Erde herabsteigt, der sich aus Liebe erniedrigt. Soweit damit der Opfercharakter dieser Tat betont werden soll, ist das falsch! Gott ist Liebe. Liebe ist niemals ein Opfer, Liebe erniedrigt niemanden und wer liebt fühlt sich dadurch niemals erniedrigt, auch nicht Gott, gerade Gott nicht. Gott tut, was die Menschen nicht können, er verbindet sich mit ihnen. Liebe verbindet. Liebe erhöht. Nicht Gott erniedrigt sich durch diesen Akt, er erhebt damit seine Kinder. Darum lässt Jesus sich von Johannes taufen. Natürlich braucht er keine Buße, aber in diesem symbolischen Akt steckt die neue Verbindung zwischen Gott und den Menschen, eine Verbindung, in der sich Gott mit seinen Kindern gemein macht, eine Verbindung in der er mitten unter ihnen, einer von ihnen ist.

Wie hoch hat Gott uns bereits durch diese Geste erhoben. Und Gott hat gerade erst damit angefangen!

Jesus wird es den Juden die nächsten ca. drei Jahre zu erklären versuchen. Danach übernehmen die Apostel, danach deren Nachfolger. Manche werden bis zum Ende der Zeit nicht kapieren, dass Gott hier einmal alles auf links gedreht, die ganze Schöpfung und die ganze weitere Beziehung zwischen ihm und uns komplett neu gemacht hat. Der Glaube an die neue Schöpfung löst nicht nur die jüdische Religion ab, er beendet alle Religionen und alle Religionssysteme, in denen ein Gott oder ein gottgleicher Anführer unberührbar und unantastbar über der Welt und über den Menschen schwebt. Gott ist einer und Gott ist einer von uns, immer mitten unter uns. Gott muss nicht aus irgendeinem Himmel herabgerufen werden, er ist da. Wir brauchen ihm nur die Tür zu öffnen. Wir müssen ihn nur in unser Herz lassen.

Bis zu jenem Tag am Jordan völlig unvorstellbar und bis heute vielen unbegreiflich.

Und was ist mit dieser Taube und der Stimme vom Himmel, warum spricht Gott hier? Johannes war der Sachverhalt absolut klar und Jesus auch. Es ist auch nicht anzunehmen, dass sich der Geist Gottes erst zu diesem Zeitpunkt auf Jesus herabsenkte, denn Vater, Geist und Sohn, das ist alles ein und derselbe Gott. An dieser Stelle erscheint der eine Gott erstmals in drei Formen gleichzeitig und wir begreifen: Gott, das ist die alles überwindende Liebe des Vaters, das ist der Geist, der uns Erkenntnis gibt und das ist der Sohn der für uns kam um mit uns zu gehen. Gott ist alles in allem. Kein Bild und auch keine Vorstellung kann diesem Gott gerecht werden.

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