Der alte Abraham will noch zu Lebezeiten seinen Sohn Isaak verheiraten und schickt seinen Knecht mit reicher Mitgift los, aus der alten Heimat und Verwandtschaft, von der man vor vielen Jahren ausgewandert ist, eine Frau für seinen Sohn hierher in das von Gott versprochene Land zu holen.
Es kommt nur eine Frau des eigenen Stammes infrage und sie muss bereit sein hierher zu kommen. Der Grund ist klar: Gott hat den Nachkommen Abrahams den Landstrich Kanaan versprochen. Auch wenn es 400 Jahre dauern wird, bis das Land tatsächlich in zum Eigentum der Nachkommen werden wird, so müssen diese doch das Land kennen, das ihnen versprochen wurde. Sie müssen daher, wie Gott es nannte, Fremdlinge in diesem Land sein. Abraham leistet seinen Beitrag zur Verheißung Gottes.
Um nicht ewig auf der Suche zu sein, trifft der Knecht eine andere Absprache mit Gott: In der alten Heimat Abrahams angekommen nähert er sich einem Brunnen. Er weiß, dass gemäß alter Sitte Frauen an diesem Brunnen Wasser für die Familie und das Vieh schöpfen werden und diese ihm auch Wasser anbieten werden, wenn er sie darum bittet. Die zukünftige Frau Isaaks soll aber nicht nur ihm, sondern auch unaufgefordert seinen Kamelen Wasser anbieten. Wir wissen heute nicht, ob das so üblich war, offensichtlich war es aber nicht selbstverständlich.
Der Knecht spricht die Schönste an und diese bietet ihm auch gleich Wasser für die Kamele an. Es ist Rebekka, die Tochter Nahors, des Bruders von Abraham. Nachdem der Knecht der Familie den Zweck seiner Reise erläutert und sich die Familie ein paar Tage des Abschieds von der Tochter erbeten hat, verteilt der Knecht die Geschenke an Rebekka und deren Familie und zieht mit ihr zurück nach Kanaan.
Rebekka lernt ihren zukünftigen Mann kennen, als dieser gerade bei der Feldarbeit ist. Als Isaak vom Knecht Abrahams alles erklärt bekommen hat, nimmt er Rebekka als Frau zu sich. Erst danach – so berichtet die Bibel – gewinnt er seine Frau auch lieb.
So lief der Hochzeitsmarkt im Orient und in manchen Ländern dieser Region, insbesondere in ländlichen, abgelegenen Gebieten läuft er bis heute so. Ehen werden zwischen den Eltern geschmiedet. Das kann aber nicht die Lehre sein, die Gott uns hier mit dieser bilderreich und ausführlich erzählten Geschichte auf den Weg geben möchte, zumindest nicht die einzige.
Natürlich ist es wichtig, die Sitten und Gebräuche des Kulturraums der Geschichte zu kennen, denn diese werden auch bei allen weiteren Erzählungen eine Rolle spielen. Im gesamten Buch Genesis vermischen sich ständig kulturelle Eigenheiten der Region mit dem Willen Gottes und erhalten so eine für die Region typische Färbung.
Gott will uns mit dieser Geschichte vermutlich zunächst einmal genau das bewusst machen: Sein Wille ist immer eingebunden in Wille und Gewohnheiten der beteiligten Menschen. In der Welt wird sein Wille meist mit den Methoden der Menschen erfüllt, denn andere Methoden haben sie nicht.
Wenn du also Gottes Wille – soweit er über die beschriebene Handlung, Ort und Zeit hinausreicht – erkennen willst, wirst du zuerst den „menschlichen Faktor“ identifizieren und isolieren müssen.
In dieser ersten Geschichte ist das noch relativ einfach. Abraham versucht mit seinen Mitteln den Willen Gottes, sich im versprochenen Land anzusiedeln, um es viel später einmal in Besitz zu nehmen umzusetzen. Schon sein Urenkel Jakob wird dieses Land aber infolge einer Hungersnot wieder verlassen und nach Ägypten auswandern. Es ist somit nicht eindeutig, ob es Gott von Abraham wirklich genau so gefordert hätte und hat. Und das wird auch so nirgends behauptet. Wir werden immer nur nach bestem Wissen und Gewissen nach dem Willen Gottes handeln, im Vertrauen darauf, dass Gott es zu richten weiß, falls wir uns irren.
Dann ist da die (unbewusste) Zwiesprache des Knechtes mit Gott. Es ist eine frühe Form der Losentscheidung, einer im Alten Bund (den es zum Zeitpunkt der Geschichte ja noch gar nicht gibt) verbreiteten Form des Gottesurteils. Der Knecht gehört zum Haus Abrahams, ist daher nach der Weisung Gottes beschnitten und somit Teil des Bundes Gottes mit Abraham. Wir sehen hier, der Knecht ist kein Bundesmitglied zweiter Klasse. Gott lässt sich auf den Deal – die Losentscheidung – ein und führt ihn direkt zu Rebekka. Die Lehre ist daher, dass alle Menschen, die im Bund mit Gott sind vor Gott den gleichen Wert und die gleiche Stellung haben. Jesus nennt uns Brüder, Schwestern und Freunde; er lässt (uns) keinen Raum für Abstufungen und Rangordnungen. Der Ursprung dessen liegt hier, in der Art und Weise wie Gott den Knecht Abrahams – ohne Fürbitte seines Herrn – erhört.
Gott hört dich! Du brauchst für dein Anliegen vor ihm keinen Heiligen oder per Amt und Weihe herausgehobenen Menschen als Fürsprecher.
1. Mose 24 >>